Was kommt: Mehr von allem – mit weniger Geld

Verkehr, der aufregt: Tausende Flüchtlinge stranden in den vergangenen Wochen auf dem Wiener Westbahnhof.
Verkehr, der aufregt: Tausende Flüchtlinge stranden in den vergangenen Wochen auf dem Wiener Westbahnhof.APA
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Für die nächste Wiener Stadtregierung kommen Probleme dazu, die durch die Flüchtlingskrise entstehen.

Wien ist nicht nur eine der am schnellsten wachsenden Städte Europas, sondern wird durch die anhaltende Flüchtlingskrise vor besondere Probleme gestellt werden, die die künftige Regierung in der nächsten Legislaturperiode beschäftigen wird.

Zunächst gilt es, bald, wenn der Winter kommt, für jene hunderten und tausenden Flüchtenden, die hier stranden, eine winterfeste Unterkunft zu finden. Denn zusätzlich zu den großen Strömen, die über Wien nach Deutschland weiterreisen wollen, steigt die Zahl jener, die hier um Asyl ansuchen. Ein Großteil aller Flüchtlinge mit positivem Asylbescheid zieht erfahrungsgemäß später in die Ballungsräume. Zwei Drittel aller Flüchtlinge, die arbeitslos gemeldet sind, sind beim Wiener AMS.

Die Lage auf dem Wohnungsmarkt – vor allem, wenn es um günstige Wohnungen geht – ist schon angespannt, die Flüchtlinge werden die Situation verschärfen. Aufgabe der nächsten Regierung wird sein, für noch mehr leistbaren Wohnraum zu sorgen. Dafür wird es neue Modelle brauchen – denn weder die geförderten Wohnungen, die von gemeinnützigen Bauträgern errichtet werden, noch die Gemeindewohnungen sind dafür geeignet. Für Erstere braucht es meist einen hohen Eigenmittelanteil, den sich ein Flüchtling wohl nicht leisten kann. Bei Zweiterem hat Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) schon klargestellt, dass es zumindest mit ihm keine Vorreihung von Flüchtlingen geben soll. Neben neuen Konzepten müssen auch Platz und Geld für den benötigten Wohnraum vorhanden sein.

Noch immer sind die Nachwehen der Krise 2008 zu spüren, die Wirtschaft erholt sich langsamer als erhofft, und der Arbeitsmarkt wächst nicht so schnell wie die Wiener Bevölkerung: Schon jetzt schrauben sich die Arbeitslosenzahlen monatlich nach oben – es gibt zu wenig Arbeitsplätze, dazu wird wird die Zahl der Minderqualifizierten steigen.

Die Strategie der Stadt basierte hier bisher auf zwei Säulen: einerseits die Wirtschaft durch Investitionen anzukurbeln. Andererseits präventiv Geld in die Bildung stecken – und Schlechtqualifizierten eine Ausbildung zu ermöglichen. Das alles ist teuer – schon jetzt wurden die Mittel des AMS gekürzt. Mehr wird es vorerst wohl auch nicht werden, die nächsten Jahre muss gespart werden – zumindest, wenn man den Stabilitätspakt einhalten und keine Neuverschuldung will.

Mehr Schulen, weniger Verkehr

Eine schlaue Budgetgestaltung wird überhaupt ausschlaggebend sein, um die Lebensqualität in Wien künftig halten und die nötigen Strukturen schaffen zu können. Dazu gehört einerseits der Neubau von Schulen und Kindergärten in neuen Stadtvierteln. Mehr Menschen bringen mehr Kinder mit sich – gute Ausbildung und Betreuung sind teuer. Und auch hier: Die Flüchtlinge werden in diesem Bereich besonderer Zuwendung bedürfen, damit sie sich gut in die Wiener Gesellschaft integrieren können und Chancen auf einen Arbeitsplatz haben.

Ob Wien weiterhin in etlichen Rankings der lebenswertesten Städte auf einem der vorderen Plätze liegt, wird auch davon abhängen, wie sich die Menschenmassen fortbewegen können, ob genug Geld vorhanden ist, um das enge Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln weiter auszubauen und für Autofahrer Lösungen zu finden.

>> Was war: Die rot-grüne Begegnungszone

("Die Presse", Print-Ausgabe, 3. Oktober 2015)

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