Braunau: Ein ''nacktes'' Zelt für Flüchtlinge

An fünf Grenzübergängen zwischen Österreich und Deutschland werden Flüchtlinge von einem Land ans andere übergeben. Einer davon ist Braunau - Simbach. Nun wurde dort ein großes Zelt in Betrieb genommen.
Lokalaugenschein von Rosa Schmidt-Vierthaler.

Zuvor waren die Menschen in der Stadt untergebracht worden, bevor sie die Innbrücke passieren konnten. Nun warten sie etwas außerhalb, direkt neben dem zweiten Grenzübergang auf die Busse nach Deutschland, die stündlich 50 Personen in die bayerische Stadt Simbach bringen.

Das beheizbare Messezelt ist von Zäunen umgeben. Bei ihrer Ankunft bekommen die Flüchtlinge farbige Armbänder, auf denen die Nummer des Busses steht, mit dem sie weiter fahren.
Es sind an diesem Sonntag mehrere Hundert Menschen in und rund um das Zelt. Wie viele genau, wissen die Mitarbeiter des Roten Kreuzes nicht.

Die Stimmung an diesem Sonntag ist sehr ruhig. Fotos im Inneren des Zelts untersagt die Polizei, ein Hineingehen allerdings nicht: Es gibt keine Betten oder Bänke, die Menschen stehen oder sitzen am Boden. Versorgt werden sie vom Roten Kreuz, zu essen gibt es Backerbsen-Suppe und Toastbrot. Eine Hand voll Kinder spielt und tanzt miteinander.

Bis sie wieder eine ordentliche Mahlzeit bekommen, wird es wohl noch dauern. Auch in Simbach bleiben sie nur kurze Zeit, sie werden von dort weiter nach Passau zur Registrierung gebracht.

Innerhalb des Zeltes gibt es einen kleinen Bereich, der durch Gitter abgetrennt ist, er erinnert an einen Käfig. So soll dafür gesorgt werden, dass es keinen Streit darüber gibt, wer den nächsten Bus nehmen kann. In diesem Bereich warten etwa etwa drei Dutzend Menschen, sie sind als nächste für den Transport an der Reihe.
(Im Bild: Diese Frau kommt aus Syrien. Sie würde gerne über ihre Flucht erzählen, Englisch spricht sie aber kaum.)

Ohne freiwillige Helfer wäre das System nicht aufrecht zu erhalten, sagt der Einsatzleiter des Roten Kreuzes. Lediglich drei bezahlte Mitarbeiter gibt es hier, alle anderen arbeiten ehrenamtlich.
Österreichweit sind derzeit 12.000 Helfer für die Flüchtlingshilfe des Team Österreich registriert, pro Tag sind zwischen 100 und 300 von ihnen im Einsatz.
(Im Bild: Ein Dolmetscher und eine Helferin aus Braunau. Durch freiwillige Übersetzer aus dem Bezirk kann man den Flüchtlingen auf Arabisch, Persisch und Farsi informieren. Das "Team Österreich" ist eine von Ö3 und Rotem Kreuz gegründete Plattform für ehrenamtliche Hilfe.)

In einem der Container arbeitet ein Arzt für das Rote Kreuz, diese Menschen warten auf ihn. In manchen Fällen werden Flüchtlinge an das Krankenhaus weiter verwiesen.

Vor allem die Kinder sind gesundheitlich schon angegriffen. Auch ein gebrechlich aussehender Mann im Rollstuhl befindet sich unter den Flüchtlingen. Wie er die weite Reise schaffen konnte? Er müsse wohl teils von seiner Familie getragen worden sein, sagt ein Mitarbeiter des Roten Kreuzes.

Auch Präsenzdiener des Bundesheeres sind hier im Einsatz. Sie unterstützen das Rote Kreuz und helfen etwa bei der Essensausgabe oder der Verteilung der farbigen Bänder für den Bustransfer.

Das Zelt wäre für 1000 Personen ausgelegt, allerdings nur, wenn alle stehen, heißt es. Mehr als 800 Personen werden kaum ausreichend Platz finden, glauben Polizei und Rotes Kreuz.

Die "neue" Grenze in Braunau ist nur etwa zweihundert Meter vom Zelt entfernt. Wenn die Busse starten, steigt ein deutscher Polizist noch auf österreichischen Boden zu - das legitimiert die Fahrt.

Alle Menschen, die ankommen, sollen noch am selben Tag nach Deutschland gebracht werden. Die Busse fahren stündlich, auch in der Nacht. Man vertraut darauf, dass nicht mehr Leute gebracht werden, als dann auch weiterreisen können. Immerhin kann man im Zelt nicht schlafen.

Autos können die Grenze ungehindert passieren.

"Es ist ein Vorteil, dass wir aus dem innerstädtischen Bereich weg sind", sagt Markus Vorderderfler, stellvertretender Bezirkspolizeikommandant in Braunau. Man habe in der Stadt viel mehr Personal gebraucht, die Flüchtlinge waren in verschiedenen Unterkünften untergebracht. Den Gerüchten setzt er entgegen: "Sicherheitspolizeiliche Vorkommnisse gab es in Braunau nicht."

Die Menschen, die nach Braunau kommen, waren oftmals schon in anderen Übergangsquartieren untergebracht. Sie haben kaum etwas dabei und nutzen jede Chance, um ihre Kleidung zu säubern.

Diese beiden jungen Männer kommen aus Afghanistan. Sie sagen, sie seien beide 17 Jahre alt, ihre Familien seien in Kabul geblieben. Sie hoffen, dass sie nach Deutschland nachkommen können.