Miliz will Protesten "in revolutionärer Weise" begegnen

Teheran
Teheran(c) AP (Str)
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Die systemtreuen Revolutionsgarden drohen den oppositionellen Demonstranten offen mit Gewalt. Der Wächterrat räumt unterdessen Unregelmäßigkeiten bei der Wahl ein. Das heizt die Stimmung weiter an.

"In der gegenwärtig angespannten Lage werden die Garden Randalierern und Gesetzesbrechern entschlossen in revolutionärer Weise entgegentreten." Mit diesen Worten kündigten die systemtreuen Revolutionsgarden am Montag auf ihrer Webiste eine noch härtere Gangart gegenüber den oppositionellen Demonstranten an. Man werde nicht zögern, sich unerlaubten Demonstrationen von geschlagenen Präsidentschaftskandidaten entgegenzustellen.

Die Opposition solle "die Sabotage und die aufrührerischen Aktivitäten" einstellen. Der Widerstand sei eine "Verschwörung" gegen den Iran. Dessen ungeachtet gehen die Massenproteste in Teheran unvermindert weiter. Auch am Sonntagabend berichteten Augenzeugen wieder von Schüssen, die aus mehreren Teilen der iranischen Hauptstadt zu hören gewesen seien. In Sprechchören sollen Gegner des Präsidenten immer wieder "Allah ist groß" und Moussavis Namen gerufen haben, eine Protestform, die auf den Aufstand gegen den Schah 1979 zurückgeht. Auch "Tod dem Diktator" sei immer wieder zu hören gewesen.

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Gemeldet wurde zudem die vorübergehende Verhaftung der Tochter des früheren Präsidenten Hashemi Rafsanjani, Faezeh Hashemi. Rafsanjani ist nach wie vor einer der einflussreichsten Männer in der Führung der Islamischen Republik, gilt aber als Reformer und ist ein Gegner Ahmadinejads.

Oppositionskandidat Mir-Hossein Moussavi rief am Sonntagabend seine Anhänger zur Fortsetzung der Proteste auf. "Es ist euer Recht, gegen Lügen und Betrug zu protestieren", heißt es auf einer auf Mussawis Internetseite verbreiteten Erklärung. Dass es Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen am 12. Juni gegen hat, hat nun der Wächterrat festgestellt. Wie der iranische Fernsehsender Press TV am Sonntag auf seiner Internetseite berichtete, habe es in 50 Städten mehr Wähler als Wahlberechtigte gegeben.

Unregelmäßigkeiten bei drei Millionen Stimmen

Der Sprecher des Wächterrats sagte im Fernsehsender IRIB, die Unregelmäßigkeiten beträfen mehr als drei Millionen Stimmen. Es müsse jedoch noch geprüft werden, ob diese Stimmen für den umstrittenen Wahlausgang entscheidend gewesen seien, betonte der Sprecher. An dem Urnengang hatten sich 85 Prozent der rund 46 Millionen Wahlberechtigten beteiligt, Präsident Mahmoud Ahmadinejad erhielt fast 63 Prozent der Stimmen.

"Starke Unglaubwürdigkeiten" förderte auch eine britische Analyse der offiziellen Wahlergebnisse im Iran zutage. Die vom iranischen Innenministerium herausgegebenen Daten setzten einen radikalen Wandel in den Wählerstrukturen voraus, erklärte der britische Think Tank "Chatham House" am Sonntag. In den konservativen Provinzen Mazandaran und Yazd hätten laut offiziellen Wahlergebnissen gar mehr als 100 Prozent der Wähler ihre Stimme abgegeben.

Angst vor Kriegsrecht

Der als Reformer geltende Ex-Präsident Mohammed Khatami warnte am Sonntag, dass Sicherheitskräfte und Militär durch Verhängung des Kriegsrecht die Macht im Land übernehmen könnten. Er sprach dem Wächterrat ab, die Wahlvorwürfe unparteiisch prüfen zu können. "Ein faires, professionelles, unparteiisches und mutiges Team, dem auch die Demonstranten vertrauen, und deren Urteil akzeptiert werden kann, wird die Lösung der gegenwärtigen Unruhen sein", zitierte die staatliche Nachrichtenagentur IRNA den als gemäßigt geltenden früheren Präsidenten am Sonntag laut Press TV. 

(Ag.)


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