FPÖ-Feier: "Rendezvous mit der Geschichte"

Der freiheitliche Wahlsieger Norbert Hofer kommt erst spät auf die Wahlfeier seiner Partei, um seinen Erfolg auszukosten. Um 21.00 erscheint er dafür mit - für ihn - unüblichem Pathos: "Wir haben heute ein Rendezvous mit der Geschichte gehabt", sagt er. Und: "Wir wissen, dass ein altes System sich verabschiedet". Frenetischer Applaus.
Von Rosa Schmidt-Vierthaler

Zuvor geht es im Medienzentrum der FPÖ in der Lichtenfelsgasse ruhig zu. Die Hochrechnungen werden bekannt, Norbert Hofer liegt klar auf Platz eins. Dabei wird natürlich gejubelt, doch dominiert am Nachmittag der nachdenkliche Blick zum Bildschirm.
Dieser Tag sei "eben nur ein Zwischenschritt", sagt ein Wiener Lokalpolitiker.

Irmgard Griss und Alexander Van der Bellen haben gemeinsam 40 Prozent, das wären ein- und derselbe Wählerpool, meinen manche. Die spannende Frage in diesem Moment für alle: Wer wird Hofers Gegner in der Stichwahl sein? Man hofft auf Van der Bellen.

Funktionäre sind aus vielen Bundesländern angereist. Diese beiden Oberösterreicher hinterfragen die Umfragen: Wie kann es sein, dass nach der Wien-Wahl nun abermals eine solche Kluft zwischen Umfrage und Wahlergebnis liegt?

Ein großes Aufatmen: Dass Hofers Gegner Alexander van der Bellen heißen wird, erfreut die FPÖler. Das sei dann eine echte Richtungsentscheidung bei der Wahl, so der Tenor. Dann werde man wirklich sehen, was die Österreicher wollen. Und ein Bundespräsident Hofer würde im Amt sicher nicht alles erdulden, was von der Regierung kommt.

Die obligatorischen rot-weiß-roten Fahnen werden verteilt, man isst, trinkt und vor allem raucht allerorts: Die Stimmung steigt. Mehr als 36 Prozent der Stimmen hat der freiheitliche Kandidat bei der Bundespräsidentschaftswahl erreicht. Damit schaffte Norbert Hofer das beste FPÖ-Ergebnis außerhalb Kärntens.
Hofer, auch wenn er als das "freundliche Gesicht" der FPÖ gilt, war im Wahlkampf selten angriffig. Doch er ist voll auf FPÖ-Linie, er formte diese auch mit - als führender Ideologe hinter dem Parteiprogramm.

Der Nationalratsabgeordnete Wendelin Mölzer (Andreas Mölzers Sohn) ist selbstredend "äußert erfreut" über das Ergebnis. Und: "Wenn die Regierung ehrlich wäre, müsste sie heute schon in Neuwahlen gehen", sagt er. Die Wahl zeige, welchen Drang zur Veränderung es gebe.
"Hofer wird ein Bundespräsident sein, der sich nicht im Sinn der politischen Zeitgeists äußert", sagt Mölzer.

Langsam kommt die freiheitliche Politprominenz zur Feier - und tatsächlich Jubel auf. Der burgenländische Landeshauptmann-Stellvertreter Johann Tschürtz freut sich auf das "Duell" Hofer gegen Van der Bellen: "Hofer ist für die Heimat. Van der Bellen ist für den Ausverkauf der Heimat." Er sagt einen klaren Sieg für Hofer voraus.

Die Wände sind im FPÖ-Medienzentrum sind mit Bildern des Parteichefs geschmückt. Der wirkt an diesem Abend angespannt, ist bei seiner Rede im Kampfmodus.

In der FPÖ glaubt man, dass sich durch Hofer als Präsident einiges ändern würde. Der Ausdruck "Korrektiv" fällt mehrmals - Hofer würde aufpassen, dass der Regierung nicht alles "durchgeht", meinen die Funktionäre.

Das mediale Interesse ist sehr groß. "Durch seinen Sieg hat der Mann mit der freundlichen Ausstrahlung die FPÖ endgültig salonfähig gemacht", schreibt die Süddeutsche Zeitung später.

Immer mehr blaue Prominenz zeigt sich bei der Feier - und damit hört man auch immer mehr Siegesparolen. Der Wiener Vizebürgermeister Johann Gudenus ist überzeugt, dass Hofer die Stichwahl gewinnen wird: "Wir hoffen auf einen Wahlkampf der Sachlichkeit. Hart aber fair. Die nächsten vier Wochen werden wirklich sehr interessant."

Eine halbe Stunde, bevor Parteichef Heinz-Christian Strache kommt, wird Stimmung gemacht: Die Musik wird bis zum Anschlag aufgedreht, die freiheitlichen Hymne "Immer wieder Österreich" erklingt. Und noch mehr Fahnen werden verteilt.

Generalsekretär Herbert Kickl wird angesichts des äußerst erfolgrechen Wahlkampfs hochgelobt - und ist blendender Laune. Viele sehen ihn als Gehirn der FPÖ.

Parteichef Heinz-Christian Strache fungiert als Einheizer für Hofer: Doch in seiner Rede hört man mehr harsche Kritik an der aktuellen Politik, der Regierung und den Gegnern (Van der Bellen als "grünem Diktator") als Lob für den siegreichen Kandidaten. Dann aber doch: "Er zeigt, das ist die neue Mitte", betonte er. Die anderen Parteien würden nun am Rand stehen.

Als Hofer wenig später kommt, stellt er gleich zu Beginn klar: Er wird im Wahlkampf genau so weitermachen, seinen Stil nicht ändern. Was unter den FPÖ-Politikern vor Ort ohnehin niemand angenommen hatte. Denn Hofer sei genau so, wie er sich gebe.

"Ich werde meinen Weg nicht ändern." Keine neue Strategie, "um vielleicht Wähler von dort oder da zu bekommen": "Ich werde das einfach noch mal doppelt unterstreichen, was ich bisher gesagt habe."
Hofers Ansprache ist kurz, er dankt allen Beteiligten. Nun werde gefeiert, sagt er. Kickl sieht das genauso: Interviews gebe es erst am Dienstag wieder.

Ursula Stenzel allerdings beantwortet auch gerne das mediale Interesse, das sie als ehemalige ÖVP-Chefin der Inneren Stadt gewöhnt war. Da sie beinahe FPÖ-Kandidatin für das Präsidentschaftsamt gewesen wäre, muss sie sich nun häufig die Frage gefallen lassen, ob sie gern an Hofers Stelle wäre. Was sie - natürlich - verneint.

Bei Norbert Hofer stellen sich die Gratulanten in Hochzeitsmanier an. Ein großer Erfolg, obwohl Hofer zuerst eigentlich gar nicht zur Wahl antreten wollte. Zu jung fühlte er sich für das Amt. Und er hatte Bedenken wegen seiner Gehbehinderung nach einem schweren Paragleiterunfall 2003.
Dass er erst 45 Jahre alt ist, half ihm aber: In einer Wahltagsbefragung gaben 30 Prozent an, Hofer gewählt zu haben, weil er jünger als die Konkurrenz und dynamisch sei.

Nach 21.00 und der kurzen Sieger-Ansprache von Norbert Hofer sind nun wirklich alle in Feierlaune. Bald wird man sich für die Hofburg-Stichwahl am 22. Mai rüsten müssen, doch heute will man den Erfolg genießen.

Für genügend Getränke ist jedenfalls gesorgt.