Wer hat Rechnungshof-Erfahrung? Wer welche politische Vergangenheit? Und welche Qualifikationen bringen die Bewerber sonst noch mit? Eine erste Bewertung vor dem heutigen Hearing.
30.12.2016 um 13:42
Heute findet das Hearing der Kandidaten für das Amt des Rechnungshof-Präsidenten im Parlament statt. Tags darauf wird gewählt. Favoritin bisher war Helga Berger, sie könnte mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und Team Stronach zur neuen Rechnungshof-Präsidentin gewählt werden – mit einer Mehrheit von 15:13. SPÖ-Klubchef Andreas Schieder sprach zuletzt von einem „miesen Spiel“ von ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka, der diesen Deal angeblich bereits fixiert hat. Um Berger zu verhindern, könnte die SPÖ der zweiten ÖVP-Kandidatin, Margit Kraker, zustimmen. Doch hofft die SPÖ noch, ihren Kandidaten, Gerhard Steger, durchzubringen. Ein Kompromiss wäre die von Neos und Grünen nominierte Viktoria Kickinger. Die SPÖ könnte diese in einem zweiten Wahlgang unterstützen, doch brauchte man für eine Mehrheit dann noch das Team Stronach. „Die Presse“ hat sich die fachliche Eignung der Bewerber angesehen. (kor/oli)
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Von der ÖVP nominiert Rechnungshof: Josef Moser holte seine Vertraute aus gemeinsamen FPÖ-Tagen 2006 in das Kontrollorgan: Zuerst als Sprecherin, dann als Kabinettschefin, am Ende leitete sie die Sektion I – bevor sie zum Jahreswechsel als Budgetsektionschefin ins Finanzministerium wechselte. Politik: Ihre Karriere hatte die Kärntnerin ohne Parteibuch als Mitarbeiterin des freiheitlichen EU-Abgeordneten Gerhard Hager in Brüssel begonnen, dann war sie stellvertretende Büroleiterin von Landeshauptmann Jörg Haider in Klagenfurt, danach Kabinettschefin von FPÖ-Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer in Wien. Weitere Qualifikation: Nach Knittelfeld machte die Juristin die Richterausbildung und war einige Jahre als Strafrichterin tätig.
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Von der SPÖ nominiert Rechnungshof: Groß war die Aufregung im April 2014, als Gerhard Steger in den Rechnungshof wechselte – als Leiter der Sektion Finanzen/Beteiligungen. Allen war klar: Der Mann wollte Präsident werden, er musste nur mehr Erfahrungen im Rechnungshof sammeln. Politik: Da hat Steger einen reichen Erfahrungsschatz von 33 Jahren, die er im Finanzministerium tätig war. Lange Zeit war er für das Agrarbudget zuständig. In dieser Zeit war er so etwas wie ein Gottseibeiuns für schwarze Bauernfunktionäre. 1997 wurde Steger Budget-Sektionschef – der mächtigste Beamtenjob im Ministerium. Weitere Qualifikationen: Steger hatte Lehrtätigkeiten an diversen Unis und ist Autor zahlreicher Fachwerke.
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Von Neos und Grünen nominiert Rechnungshof: Erfahrung mit der Kontrollbehörde hat sie keine, dafür aber als Kontrollorin in diversen Aufsichtsräten (Burgtheater, Staatsoper). Und sie gründete die Plattform Inara, die sich mit Kontrolle in Konzernen befasst. Politik: Berührungspunkte mit der Politik hatte sie in den Jahren, als sie leitende Funktionen in den Staatsunternehmen ÖBB, der Post und der Staatsholding ÖIAG hatte. Weitere Qualifikation: Kickinger studierte Publizistik und Ethnologie. Seit 2013 ist sie Vorsitzende des Universitätsrates des Mozarteum Salzburg.
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Von der ÖVP nominiert Rechnungshof: Sie führt seit 2013 den steirischen Landesrechnungshof. Und ist stellvertretendes Mitglied im Präsidium der Regionalrechnungskontrollbehörden Europas. Politik: Von 2000 bis 2013 leitete sie das Büro von ÖVP-Landeshauptmannstellvertreter Hermann Schützenhöfer und war federführend in das Prestigeprojekt Verwaltungsreform eingebunden. Zudem war sie Vize-Landesamtsdirektorin. Weitere Qualifikation: Assistentin am Institut für Öffentliches Recht der Uni Graz, Juristin im Parlament in Wien und beim steirischen Verfassungsdienst.
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Von der SPÖ nominiert Rechnungshof: Erfahrungen mit dem obersten Kontrollorgan des Landes hat Elfriede Baumann keine vorzuweisen. Aber als Wirtschaftsprüferin bei Ernst & Young liegt ihr Fokus auf dem öffentlichen Sektor – jenem Bereich also, den der Rechnungshof unter die Lupe nimmt. Politik: Auch hier – keine Erfahrung. Bis auf die Tatsache, dass Baumann etwa die staatlichen Bundesforste prüfte und Gutachten zur Ökostromförderung erstellte. Beides durchaus politische Themen. Weitere Qualifikation: Baumann studierte Wirtschaftspädagogik, 1989 wurde sie Wirtschaftsprüferin.
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Von der FPÖ nominiert Rechnungshof: Bisher keine Berührungspunkte. Die staatskritische Tirolerin würde das Kontrollorgan aber sicher noch stärker zum Reformorgan machen. Politik: Kolm saß für die FPÖ von 1994 bis 2000 sowie von 2003 bis 2006 im Innsbrucker Gemeinderat. Und sie vertritt die FPÖ immer wieder bei den Budget-Hearings im Parlament. Überhaupt ist Kolm, die Leiterin des Friedrich-August-von-Hayek-Instituts, so etwas wie das wirtschaftsliberale Feigenblatt der FPÖ. Weitere Qualifikation: Sie ist Wirtschaftswissenschaftlerin und leitet zudem das Austrian Economics Center.
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Von den Neos nominiert Rechnungshof: Bisher hatte er mit diesem nichts Näheres zu tun. Dieses Manko dreht er allerdings um und präsentiert sich als „Anwalt der Steuerzahler“. Politik: Proksch war Mitbegründer der Neos und ist Chef des Neos-Schiedsgerichts. Weitere Qualifikation: Der Wiener Rechtsanwalt hat den Datenschutzaktivisten Max Schrems in dessen Auseinandersetzung mit Facebook vertreten und das Safe-Harbor-Abkommen gekippt. Er ist Lehrbeauftragter an der Donau-Uni Krems und der TU Wien. Und spricht perfekt Spanisch. Kein Rechnungshofkriterium – aber immerhin.
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Vom Team Stronach nominiert Rechnungshof: Walter Laki kennt den Rechnungshof – er war dort von 1983 bis 2011 Prüfer. Politik: Anfang der Siebzigerjahre war er Vizepräsident der Jungarbeiterbewegung. Im April 2013 wurde Laki als Abgeordneter des Teams Stronach im NÖ. Landtag angelobt. Nur zwei Monate später wurde er als Klubobmann nach internen Grabenkämpfen abgelöst. Sein politischer Slogan lautet „Macht braucht Kontrolle“. Weitere Qualifikation: Laki hat sein Wirtschaftsstudium mit dem Doktorat abgeschlossen. Er ist Träger des Großen Ehrenzeichens des Burgenlandes.
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Das Match um den Rechnungshof
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