Hitler, Hunde, Horrorszenario: So schmutzig ist der Wahlkampf
Fotomontagen, Falschmeldungen und beschmierte Plakate: Die Anhänger der Präsidentschaftskandidaten überbieten sich im Dirty Campaigning.
30.12.2016 um 14:05
Den „schmutzigsten Wahlkampf der letzten Jahrzehnte“ sieht der Wahlkampf-Manager von Alexander Van der Bellen, Lothar Lockl, im laufenden Rennen um die Hofburg. Ganz so schlimm ist er laut Politologen zwar nicht, „schmutzig" gehe es aber jedenfalls zu – vor allem in zweiter und dritter Reihe. Eine unvollständige Sammlung der Anschüttungen der vergangenen Wochen und Monate.
APA/HELMUT FOHRINGER
Die FPÖ Kapfenberg hat auf dem Kurznachrichtendienst Twitter ein Wahlplakat von Van der Bellen gepostet, auf dem der Kandidat hemdsärmelig im Kaunertal mit seinem Hund zu sehen ist. Daneben wurde ein Bild gestellt, das Adolf Hitler zeigt, ebenfalls vor einer Bergkulisse und mit seinem Schäferhund. Dazu gab es folgenden Satz: „Im Gegensatz zum politischen Mitbewerb wollen wir hier ganz bewusst – nichts – unterstellen!“ Das Posting wurde mittlerweile gelöscht, die Kollage kursiert aber weiterhin in den sozialen Netzwerken und wurde zuletzt etwa von Martin Glier, dem Pressesprecher von Norbert Hofer, auf Twitter geteilt. Dazu schrieb er: „Autsch“ und tränenlachende Smileys.
(c) Screenshot: Twitter - Martin Glier
Ein ähnliches Bild hatte vor Monaten die grüne Wiener Bezirksrätin Sabine Beck gepostet. Beck, die auch Mitglied des Komitees für Van der Bellen ist, betitelte ihren Facebook-Eintrag mit „Hunde der Zeitgeschichte“. Darunter zu sehen war einerseits ein Bild von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache mit einem Hund sowie daneben ein Foto von Hitler mit seiner Schäferhündin.
(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
Im Herbst teilte die Facebookgruppe „Ich wähle Alexander Van der Bellen“ eine Montage, an der sich insbesondere FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl störte. „Ende September veröffentlichte eine Facebookgruppe namens ‚Ich wähle Alexander Van der Bellen‘ ein Hofer-Nazi-Posting, in dem das Gesicht des freiheitlichen Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer in ein Foto Hitlers in NS-Uniform montiert wurde“, kritisierte er. Besonders pikant daran sei außerdem, dass „Van der Bellens Wahlkampfleiter Lothar Lockl Mitglied genau dieser Facebookgruppe ist“.
(c) Screenshot: Facebook
Der Industrielle Hans Peter Haselsteiner ließ im Zuge seiner Initiative „Nein zum Öxit. Nein zu Hofer“ ein bedrohlich anmutendes Video produzieren. Darin wird vor dem „Gespenst des Nationalismus“ gewarnt, das in Europa umgehe. Zu sehen sind Bombeneinschläge gepaart mit der Warnung: „Die Nationalisten aller Länder haben dieses Ziel (Europa, Anm.) ins Visier genommen.“ Eingeblendet werden Nigel Paul Farage von der UK Independence Party, Marine Le Pen, Vorsitzende des Front National, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache – und Norbert Hofer. Die FPÖ, so erzählt eine Stimme, „zündelt“ seit Jahren am Thema EU-Austritt: „Darum ist es absolut unglaubwürdig und pure Wahltaktik, wenn die Hofer- und Strache-FPÖ nun behauptet, nicht für einen Öxit zu sein.“ In den letzten Sekunden des eineinhalbminütigen Videos wird auf Hofer im Speziellen eingegangen. Er sei der „Chefideologe“ der FPÖ und stecke damit hinter dem Anti-EU-Kurs der Partei.
(c) Screenshot: NeinzumOexit.at
Im Anschluss an die Debatte von Hofer und Van der Bellen auf oe24.TV war unter anderem Ursula Stenzel als „Analystin“ geladen. Dabei unterstellte die FPÖ-Gemeinderätin den Eltern von Van der Bellen eine nationalsozialistische Vergangenheit. „Es gibt zumindest Vermutungen, dass seine Eltern zumindest geliebäugelt haben mit den Nazis“, sagte sie. Van der Bellen „stellt das so dar, als ob sie geflohen wären vom Leninismus und vorm Stalinismus – das kann man schon hinterfragen“, forderte die frühere Vorsteherin des ersten Wiener Bezirks (damals noch ÖVP) eine Klarstellung. Van der Bellen nahm den Ball im TV-Duell auf „Puls4“ auf und beschwerte sich bei Hofer über Stenzels Aussagen. Mit Blick auf seinen Vater sagte er: „Er ist vor 50 Jahren gestorben und kann sich nicht wehren.“ Hofer konterte: „Ganz viele ihrer Unterstützer bezeichnen mich jetzt als Nazi." Van der Bellen: „Sie leben, und sie können sich wehren.“
(c) Screenshot: Oe24.tv
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache veröffentlichte auf seiner Facebook-Seite ein Foto von Alexander Van der Bellen, auf dem die linke Hälfte des Oberlippenbarts des Präsidentschaftskandidaten kaum erkennbar ist. „Nachdenklich! Van der Bellen (gestern auf ö24-tv mit Norbert Hofer) vergisst offensichtlich bereits darauf, die andere Hälfte seines Oberlippenbarts zu rasieren. Siehe Foto. Was vergisst er noch?“, so Straches Kommentar dazu. Stunden später - und nach einiger Kritik an dem Posting - fügte der Freiheitliche hinzu: „Ps: Laut Ö24tv liegt es an deren schlechter Bildauflösung!“
(c) Screenshot: Facebook - HC Strache
Bei einer Podiumsdiskussion an der Genfer Universität für Internationale Studien (IHEID) haben sich der frühere EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und Hofer eine hitzige Debatte geliefert. Barroso sagte dabei, dass ihn der Vorschlag des Dritten Nationalratspräsidenten für Flüchtlingslager in Afrika an die Konzentrationslager im Zweiten Weltkrieg erinnere. Hofer ließ den Vorwurf nicht gelten: „Es ist immer das Gleiche“, sagte er und fragte: „Was ist mit Ihnen, haben Sie Flüchtlinge zu Hause? Sie sind ein reicher Mann. Haben Sie Flüchtlinge zu Hause?“
(c) Reuters
Zimperlich ging es auch im ersten Wahlkampf - also bevor sich herausstellte, dass Hofer und Van der Bellen in die Stichwahl einziehen - nicht zwischen dem Freiheitlichen und dem Grünen zu. So nannte Hofer seinen Kontrahenten einen „faschistischen grünen Diktator“. Seine Zuschreibung rechtfertigte er dann lapidar mit: „Ich sage die Dinge so, wie sie sind, weil die Menschen vom Politsprech wirklich die Nase voll haben.“ Und: „Den Kuschelfaktor habe ich nur zu Hause.“
APA/HERBERT NEUBAUER
Nachdem der Verfassungsgerichtshof die Stichwahl aufgehoben hat, mehrten sich im Netz Falschmeldungen über den Gesundheitszustand Van der Bellens. Die Gerüchte reichten dabei von der Unterstellung, der Hofburg-Kandidat sei krebskrank, habe nur noch einen Lungenflügel, bis hin zur Demenz. Ende August reagierte Van der Bellen, indem er seine Befunde offenlegte. „Der ist super beinand“, erklärte Krebsspezialist Christoph Zielinski, der den 72-jährigen Raucher untersucht hatte und von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden wurde. „Ich kann mit an 100 Prozent grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass der Herr Van der Bellen an irgendeiner Krebserkrankung laborieren würde“, betonte der Internist. Und fügte hinzu: „Er hat wirklich eine herrliche Lunge.“
APA/ROLAND SCHLAGER
Beschimpfungen finden sich auch auf zahlreichen Wahplakaten. Laut einer Untersuchung des Instituts für Graffiti-Forschung gab es bisher mehr Beschmierungen der freiheitlichen Plakate. Relativ neu sind dabei aufgestempelte Nanobotschaften und auch Runen auf den Plakaten Van der Bellens. Hakenkreuze und Hitlerbärte seien bei beiden Kandidaten zu finden.
APA/ROLAND SCHLAGER
Hitler, Hunde, Horrorszenario: So schmutzig ist der Wahlkampf
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