Benita Ferrero-Waldner, 61, ist EU-Kommissarin für Außen- und Nachbarschaftspolitik. Seit 2004 ist sie im Kabinett von José Manuel Barroso, sie will für weitere fünf Jahre bleiben.Wilhelm Molterer, 54, ist der Herausforderer (ebenfalls ÖVP). Von 2007 bis 2008 war der jetzige Nationalratsabgeordnete Vizekanzler und Finanzminister sowie Parteichef.
Benita Ferrero-Waldner: Ab 1984 war die Juristin im diplomatischen Dienst, sie war UNO-Protokollchen, Staatssekretärin im Außenamt sowie Außenministerin, 2004 kandidierte sie bei der Bundespräsidentenwahl, ehe sie nach Brüssel ging. Dort nützt sie ihr starkes Netz im Außenbereich.Wilhelm Molterer: Vor seiner Arbeit in der Regierung Gusenbauer 2007/08 war Molterer Bauernbund-Funktionär, Nationalrat, Sekretär im Agrarministerium, ÖVP-General und von 1994 bis 2003 Agrarminister, von 2003 bis 2006 dann ÖVP-Klubchef. Er gilt als hoch qualiziert im Agrarsektor.
Benita Ferrero-Waldner: Ferrero selbst will „nicht jedes“ Ressort übernehmen. Das Agrarressort schließt sie aus. Das Außendossier würde sie mit dem Lissabon-Vertrag an den „EUAußenminister“ verlieren, die Nachbarschaftspolitik könnte ihr bleiben. Auch Regionalpolitik käme infrage. Wilhelm Molterer: Der Ex-Finanzminister käme für „schwere“ Themen – wie Finanzen oder Binnenmarkt – ebenso infrage wie für die Agrarpolitik. Als Ex-Landwirtschafts- und -Umweltminister könnte er auch Umwelt betreuen. Mit ihm hätte Barroso einen vielseitigen Anwärter auf einen Posten.
Benita Ferrero-Waldner: Als Außenministerin von Schwarz-Blau kämpfte Ferrero gegen die „Sanktionen“ der EU-Partner 2000, seit 2004 will sie bessere EU-Kontakte in den Osten. Sie erreichte die Freilassung bulgarischer Krankenschwestern 2007. Barroso schätzt sie als loyal und kompetent. Wilhelm Molterer: Als Minister sammelte Molterer im EU-Rat Erfahrung – und stellte sich oft gegen die Kommission, etwa im Kampf für das Bankgeheimnis. Einen tollen Draht hatte er zu seinem früheren Chef im Ministerium, dem Agrarkommissar von 1995 bis 2004, Franz Fischler.
Benita Ferrero-Waldner:Kommt der EU-Vertrag, gibt es keinen Außenkommissar mehr. Nachbarschaftspolitik wäre möglich, Erweiterung nicht, weil Österreich voreingenommen gegen einen Türkei-Beitritt ist. Scheidet Ferrero aus, könnte sie in die zweite Reihe des Auswärtigen Dienstes wechseln. Wilhelm Molterer: Die neuen Tobjobs durch den Lissabon-Vertrag gefährden Molterers Aussichten nicht, „seine“ Ressorts von der Agrar- bis zur Umweltpolitik würden weiter schwer wiegen. Barroso plant ein starkes Ressort für den Kampf gegen die Krise – Molterer hätte Außenseiterchancen.
Benita Ferrero-Waldner: Die eigene Parteispitze macht es der Kommissarin schwer, weil sie sich in Brüssel von der ÖVP „emanzipiert“ haben soll. Für SPÖ-Kanzler Werner Faymann ein Grund für Ferrero. Wenn schon kein SPÖ-Kandidat, dann auch nicht der „Liebling“ der ÖVP-Führung – Molterer. Wilhelm Molterer: Er ist der Favorit des Parteichefs, trotz des Wirbels um die Bundesnanzierungsagentur zur Zeit von Finanzminister Molterer. Pröll will ihn fürs Agrarressort. Für die SPÖ ist er untragbar, weil er Rot-Schwarz 2008 aufgekündigt hat. Die ÖVP hat das Vorschlagsrecht in der Koalition.
Benita Ferrero-Waldner: Vielleicht ihr größter Vorteil: Als Frau könnte Ferrero die Quote in der nächsten Kommission „retten“. Die meisten Anwärter aus anderen Ländern sind Männer. Barroso will aber „möglichst viele“ Frauen – etwa 30 bis 50 Prozent sollten es für die folgenden fünf Jahre sein. Wilhelm Molterer: Vielleicht sein größter Nachteil: Barroso hätte von der SPÖ-geführten Regierung am liebsten einen Sozialdemokraten ins Team bekommen. Oder sonst wenigstens eine Frau. Am Ende könnte die Amtsinhaberin, Ferrero, in der Kommission verlängert werden – als „Kompromiss“.
Das Duell um den Kommissars-Job
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