Culture Clash

Alois de Bergerac

Hommage an einen, der auch als Politiker ein grader Mann geblieben ist – und dem seine Widersacher das entscheidende Gut nicht nehmen konnten.

Über Alois Mock ist viel Ehrendes zu schreiben. Besonders ausgezeichnet hat ihn, dass er zu seiner Lieblingsliteratur das romantische Drama „Cyrano de Bergerac“ von Edmond Rostand erkoren hat. Das sagt viel aus.

In diesem Stück von 1897 geht es um den dichtenden Musketier Cyrano im 17. Jh., der sich und dem, was er für wahr, gut und edel erkannt hat, treu bleibt und lieber hundert Duelle ausficht, als sich verbiegen zu lassen: „Soll ich, wie so viele, ein Loblied singen auf gefüllte Taschen, soll eines Hofmanns Lächeln mir erhaschen, indem ich seinen Narren spiele? Niemals.“

Und weiter: „Vor jedem Literatenklatsch erblassen und eifrig forschen: Werd‘ ich anerkannt? Hat der und jener lobend mich genannt? Niemals! Stets rechnen, stets Besorgnis zeigen . . . Nein, niemals, niemals, niemals! Doch im Lichte der Freiheit schwärmen, durch die Wälder laufen, mit fester Stimme, klarem Falkenblick, den Schlapphut übermütig im Genick. . . . Nur singen, wenn Gesang im Herzen wohnt? Wenn dann vielleicht bescheidner Sieg dir glückt, dann musst du nicht ihn teilen mit den Vettern; dann darfst du König sein in deinem Reiche, statt zu schmarotzen. Und dein Schicksal sei: Wenn du der Buche nachstehst und der Eiche, nicht hoch zu wachsen, aber schlank und frei.“

Ganz am Ende, nach einer wunderbaren Liebesgeschichte – die wie alle großen Liebesgeschichten von Opfer und Verzicht erzählt –, trotzt der sterbende Cyrano noch einmal seinen Feinden, der Lüge, Feigheit und Vorurteil, der Dummheit: „Ich weiß, ihr triumphiert und bleibt im Rechte. Was liegt daran? Ich fechte, fechte, fechte! Entreißt mir nur den Lorbeer und die Rosen! Mir bleibt ein Gut, trotz aller Stürme Tosen, das niemals ward befleckt im Kampfgefild' und das ich heut, am Ende meiner Tage, getrost zur blauen Himmelsschwelle trage. Dies Gut, es ist?“ „Es ist . . .“ „. . . mein Wappenschild.“

Im französischen Original steht statt Wappenschild „panache“, eine Helmzier, die im übertragenen Sinn für Schneid und Elan steht, für Draufgängertum, für eine Persönlichkeit, die Ehre hat und Stil und Unbeugsamkeit. Ich verneige mich vor Alois Mock schon deshalb, weil ihm „panache“ etwas bedeutet hat.

Das ist fast so etwas wie der Gegenentwurf zu einem Politikertypus, wie er heute in allen Parteien Aufwind hat. Er betreibt Anbiederung an die aktuelle Mehrheitsmeinung als Notwendigkeit, verkauft das auch noch als demokratische Tugend und nimmt in Kauf: „In der Verbrüderung der Dummen gefeiert werden als ihr Bannerträger.“ Alois Mock repräsentierte den anderen Typus. Merci und à dieu!

Der Autor war stv. Chefredakteur der „Presse“ und ist nun Kommunikationschef der Erzdiözese Wien.

meinung@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2017)

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