Verrückte Köpfe: Unmöglich ist nichts, nur unversucht

(c) AP (Lee Jin-man)
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Querdenken kann man lernen. Für Manager gibt es dazu aber noch wenig Möglichkeiten.

Immer kürzere Produktionszyklen und stetig anwachsende Konkurrenz kennzeichnen den Wirtschaftsmarkt des dritten Jahrtausends. Experten sprechen gerne vom „Hyperwettbewerb“. Eine Situation, die Führungskräfte verlangt, die mehr beherrschen als die klassischen Managementfunktionen wie Planung, Organisation, Kontrolle, Führung und Personal. „In den Führungsetagen sind Querdenker gefragt“, bringen es die Managementberater Anja Förster und Peter Kreuz auf den Punkt. Es gehe darum, alte Positionen aufzugeben und auf Entdeckungsreise zu gehen, um sich im Wissenszeitalter auf dem Markt durchzusetzen.

Ideen finden und verfolgen

Mehr verrückte Ansätze – das wünschen sich Förster und Kreuz in den Führungsetagen. Die Wirtschaftswissenschaftler und Leiter des „Labors für Business Querdenken“ rufen auf, vertraute Konzepte über Bord zu werfen und mehr Mut zu entwicklen, die gewohnten Bahnen zu verlassen. „Im Begriff Business-Querdenker steckt ein wichtiges Wort, nämlich ,denken‘“, betont Förster. Neue Ideen zu entwickeln, funktioniere nicht nach dem in Unternehmen üblichen Verfahren, andere für sich denken zu lassen. Im Normalfall wird der Denkprozess an externe Berater outgesourct. Auch Benchmarking helfe nicht weiter, so Förster. Vielmehr brauche es vier grundsätzliche Dinge: „Zunächst einen unvoreingenommenen Blick auf bestehende Märkte und Zielgruppen.“ Dazu den Mut, Branchendogmen konsequent infrage zu stellen. Das alles hilft jedoch nichts, wenn man nicht genügend Rückgrat besitzt, Neues mit Nachdruck umzusetzen. Oftmals gegen den Widerstand institutionalisierter Bedenkenträger und gegen vermeintlich unverrückbare ökonomische und gesellschaftliche Wahrheiten. In diesem Prozess kann wiederum eine Eigenschaft hilfreich sein, wie Förster meint: „Eine gehörige Portion Sturheit gehört dazu.“ Querdenker würden an ihre Idee glauben und sie auch durchsetzen. Ihr Credo laute: Das Unmögliche ist oft das Unversuchte.

Je mehr Gehirne, desto besser

Nicht böser Wille vereitelt in vielen Unternehmen Kreativität und Querdenken, sondern vielmehr Unvermögen. „Wenn kreative Prozesse scheitern, sind oft die Führungskräfte schuld, die nicht wissen, wie sie das Potenzial ihrer Mitarbeiter fördern sollen“, meint David Jeggle, Managercoach des Beratungsunternehmens Avenue. Hinzu komme, dass in vielen Firmen Mitarbeiter, die eigene Ideen einbringen, gar nicht erwünscht seien. „Wenn wir Stellenanzeigen anschauen, werden meistens kreative Mitarbeiter gesucht. Aber sobald diese mutig sind und anders denken, werden sie zurückgepfiffen oder durch Firmenstrukturen blockiert, die Kreativität verhindern“, so Jeggle. Wenn er als Berater gerufen wird, erinnert er seinen Auftraggeber zunächst an die Wichtigkeit, Ideen der Mitarbeiter und der Kunden in das Business einzubeziehen. Im Feinkonzept der Beratungsarbeit gehe es dann darum, wie man kreative Prozesse finanziert und konkret umsetzt.

Kreativität in der Führung etablieren

„Heute kommen Führungskräfte in vielen Bereichen mit den klassischen Managementansätzen nicht mehr weiter. Prozesse sind häufig zu langwierig angelegt und Unternehmen zu stark von einer Kultur der Sicherheit und des Expertentums geprägt“, kritisiert Torsten Wulf. Als akademischer Direktor der MBA-Programme an der Handelshochschule Leipzig (HHL) will er der mangelnden Kreativität den Kampf ansagen. Mit dem eben angelaufenen berufsbegleitenden MBA „Corporate Creativity“ hat sich die HHL laut Wulf das Ziel gesetzt, „kreatives Denken in deutschen Führungsetagen zu etablieren“.

In Österreich hat sich der Anspruch, Kreativität als Führungskompetenz zu interpretieren, noch nicht verbreitet. Wer sich für das Thema interessiert, findet am ehesten in einzelnen Modulen von Studiengängen aus dem Bereich Innovationsmanagement Anregungen. Wie etwa im Vertiefungsmodul „Creativity and Mindmanagement“ aus dem Programm des MBA-Lehrgangs „Entrepreneurship & Innovation Management“, der im Herbst 2010 an der Donau-Universität in Krems starten soll. „Dabei stellen wir die Frage, wie das Neue in die Welt kommt, und vermitteln dem Entrepreneur kreative Methoden der Problemlösung“, erläutert Programmleiter Anton Zeiner.

Entfaltung brachliegender Potenziale

Inputs zur Entwicklung von Kreativität können sich heimische Manager hauptsächlich bei vereinzelten Seminarveranstaltungen holen. Wie etwa am Institut für Marketing und Management, an dem Tageskurse und „Coachings on the job“ angeboten werden, die den ersten Anstoß zur Kreativitätsentfaltung liefern sollen.

„Bestehende Regeln kindlich zu hinterfragen ist meist der erste Ansatz, um Dinge zum Positiven zu verändern. Manche Kreativitätstechniken sind als Basics für einen modernen Manager zu verstehen“, erläutert Georg Angelides, der in seinen Seminaren die eigene Kreativität mit kabarettistischen Einlagen unter Beweis stellt. „Wenn der Zugang zu gewissen Themen über Lustempfinden erfolgt, werden in zwei Stunden mehr Inhalte in den Köpfen der Zuhörer verankert als in einem einwöchigen Seminar“, so Angelides.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2009)

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