''Avatar''
James Camerons blaues Märchen von den ''edlen Wilden''

Regisseur James Cameron schmückt sich gerne mit Superlativen: Mit "Titanic" hat er den erfolgreichsten Film aller Zeiten abgeliefert. Sein neuestes Spektakel "Avatar - Aufbruch nach Pandora", der am 17. Dezember in Österreich und einen Tag später in den USA angelaufen ist, dürfte der teuerste sein: Bis zu 500 Millionen Dollar soll die Produktion des Science-Fiction-Films gekostet haben. Vollständig in 3D gedreht könnte "Avatar" zukunftsweisend für die Filmbranche sein - sie will verstärkt auf die Technik setzen, um illegale Verbreitung einzudämmen und Menschen in die Kinos locken. Mit Technik allein ist es aber nicht getan, natürlich braucht es eine Geschichte. Text: Heide Rampetzreiter (DiePresse.com)
(c) Centfox

Im Internetzeitalter bezeichnet Avatar die virtuelle Manifestation eines menschlichen Körpers, im Film ist dieser Körper - filmtechnisch zwar animiert - real. Es ist der Körper eines der Ureinwohner des Planeten Pandora - drei Meter groß mit blauer Haut, Katzenaugen und einem magischen langen Zopf. In ihn schlüpft der im Rollstuhl sitzende Marine Jake Sully (Sam Worthington).
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Die für den Film erschaffene Zivilistation zeigt sich ur-amerikanisch: Kaum verschleiert durch die Blaufärbung der nackten Häute sind die Na'vi genannten Ureinwohner als Indianer erkennbar - samt Federschmuck, männlichem Langhaar, Pfeil und Bogen, Reittieren auf der Erde und in der Luft sowie einer mystischen Verbindung zur Natur.
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Die Handlung des 161 Minuten langen Mammutwerks folgt dieser Logik: Eine (arrogante) Zivilisation kämpft gegen eine vermeintlich primitive.
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Sully, der seinen verstorbenen Zwillingsbruder, einen Forscher, ersetzt, findet sich bald im Spannungsfeld zwischen den Gesellschaftsformen: Während die Wissenschschaftler (unter anderen Sigourney Weaver) das indigene Volk und den Planeten erforschen wollen, ...
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.. sucht ein Geschäftmacher (Giovanni Ribisi) mithilfe des Militärs, Bodenschätze zu erbeuten. Diese befinden sich, so will es das Drehbuch, genau unter der Siedlung der "blauen Affen".
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Sully, zu Beginn der Verlockung, vom Militär "seine Beine" zurückzubekommen, erlegen, entwickelt ein Naheverhältnis zu den "edlen Wilden". Er wird vom Stamm aufgenommen, nimmt Anteil an den Gebräuchen und am Leben. Seine Lehrerin: Eine schöne, starke Kriegerin (Zoe Saldana), die ihn durch den Zauberwald führt. Die Lovestory versteht sich von selbst.
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Gerade in den Natur-Szenen zeigt sich der volle 3D-Effekt: Schwebende Berge bewegen sich im Raum und Samen des "Heiligen Baumes" regnen zwischen den Kinogängern herab. Diesen visuellen Vorteil nutzen kann Cameron auch in den Kampfszenen, von denen es reichlich gibt.
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In beeindruckenden, wenn auch kitschigen Bildern zeichnet Cameron ein Hippie-Märchen mit technoiden Anklängen: So lässt sich der Haarzopf gleich einem USB-Stecker mit Tieren und Natur verbinden. Die nächtliche Waldwelt leuchtet in allen Farben des Neon-Regenbogens, LED-Leuchten hängen von den Bäumen, selbst das Moos leuchtet unter Schritten auf.
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Der "Aliens"- und "Terminator"-Regisseur belässt es natürlich nicht bei idyllischen Naturbildern: Blaue Umweltschützer treten auf fliegenden Drachen gegen Kampfroboter an. Im Showdown zeigt sich der wahre Vorteil der Menschen - das Gefühl.
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Die Mimik der Avatare und der Ureinwohner scheint ein wenig gelähmt, erfrischend emotional im Vergleich sind da Sigourney Weaver und selbst Bösewichte wie der vernarbte Militärhaudegen Colonel Quaritch (Stephen Lang). Die Bindung zu den "Guten" bleibt daher flach, wie auch die Charaktere.
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Die Antwort auf die Frage, ob sich die Kinogänger trotz des Fehlens großer Gefühle in den Bann des Multimilliondollar-Spektakels schlagen lassen, wird die in 3D erträumte Zukunft der Filmindustrie prägen. "Avatar" ist in den Kinos jedenfalls so erfolgreich, dass Camerons bereits Teil zwei und drei plant.
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