Parteispenden-Vorwürfe gegen FPK-Chef Uwe Scheuch schlagen derzeit hohe Wellen. Ähnliche Affären haben in Österreich schon öfter für Ausfehen gesorgt."Jedes Schriftl ein Giftl" - unter diesem Motto läuft hierzulande die Parteienfinanzierung durch Großspender ab. Öffentlich dokumentiert ist wenig, wenn etwas bekannt wird, sind die Betroffenen mit Dementis schnell zur Hand. Wirklich aufgeklärt wird das wenigste. Eine Chronologie bisheriger Fälle.
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1979 erscheint der Vorarlberger Bela Rabelbauer (bild) im Parlament und übergibt dem damals oppositionellen ÖVP-Chef Alois Mock und seinem Mitarbeiter Kurt Bergmann zehn Mio. Schilling (727.000 Euro) in einer roten Aktentasche. Im darauffolgenden Wahlkampf fliegt die Sache auf, die ÖVP muss das Geld zurückzahlen. Rabelbauer bringt es als "Mann mit dem Koffer" zu zweifelhafter Berühmtheit. Der Zweck der Transaktion bleibt unklar.
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Der damalige FP-Verteidigungsminister Helmut Krünes (Bild) erhält 1986 von der Voest-Tochter Noricum eine Wahlkampf- Spende in der Höhe von insgesamt 100.000 Schilling - Noricum liefert zu dieser Zeit Waffen an den Iran. 1989 muss Krünes - mittlerweile für die oppositionelle FPÖ im Nationalrat - zurücktreten und ist damit das erste politische Opfer der Noricum-Affäre: Wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs im Zusammenhang mit den Waffenlieferungen sind mehrere hochrangige Politiker in die Causa involviert. Der damalige SP-Innenminister Karl Blecha tritt ebenfalls noch 1989 zurück und wird später zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt.
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1996 soll der mittlerweile verstorbene Großindustrielle Herbert Turnauer (Bild) der FPÖ fünf Mio. Schilling (363.000 Euro) übergeben haben. Die Spende wurde von der FPÖ stets bestritten. Unstrittig ist freilich, dass der damalige FP-Klubdirektor Josef Moser einen Brief Turnauers beim damaligen Parteianwalt Dieter Böhmdorfer deponiert hatte. Moser gab später an, nicht gewusst zu haben, was sich in dem Kuvert befunden habe. Von den Medien zitierte Zeugen berichteten, dass sich im Brief Bündel mit 5.000 Schilling-Scheinen befunden haben sollen.
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1994 bestellt das Bundesheer 22 Radarsysteme der französischen Firma Thomson um 1,3 Mrd. Schilling (94,5 Mio. Euro). Was der Auftragsvorgabe voranging, ist seither Gegenstand wilder Spekulationen. Der damalige Wirtschaftsminister und spätere VP-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hatte dem französischen Anbieter ermöglicht, sein Offert nachträglich zu verbessern und damit - obwohl ursprünglich von einer Kommission nur zweitgereiht - den Zuschlag zu erhalten.
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In den Unterlagen des Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber fand die deutsche Justiz später Schüssels Namen und Büronummer. Deutsche Medien spekulierten daraufhin über mögliche Geldflüsse von Schreiber über den bayerischen Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (Bild) an Schüssel. Alle Beteiligten dementierten. Schüssel gab an, Schreiber nicht einmal zu kennen. Übrigens: Der Lobbyist steht ab kommender Woche in Deutschland wegen Steuerhinterziehung, Bestechung, Beihilfe zur Untreue und zum Betrug vor Gericht. Es gilt die Unschuldsvermutung.
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1995 veröffentlicht "News" ein Tonbandprotokoll, in dem VP-Wehrsprecher Hermann Kraft (Bild) dem SP-Bundesgeschäftsführer Peter Marizzi haarklein erläutert, wie sich die Regierungsparteien im Zusammenhang mit einem Rüstungsdeal schmieren lassen könnten. Für den Kauf eines Regierungsflugzeuges und mehrerer Kampfhubschrauber im Wert von insgesamt 4,2 Mrd. Schilling (305 Mio. Euro) würde ein englischer Bieter demnach 70 Mio. Schilling "Provision" springen lassen. Als Vermittler fungiert laut Kraft der Lobbyist Alfred Mensdorff-Pouilly. Kraft tritt zurück und wird später wegen verbotener Intervention zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt, Mensdorff freigesprochen. Marizzi muss als SP-Bundesgeschäftsführer gehen.
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Quasi nebenbei wird damals auch bekannt, dass die ÖVP im Zusammenhang für einen umstrittenen Munitionskauf unter VP-Verteidigungsminister Robert Lichal (Bild) Geld bekommen hatte. Unklar ist allerdings, wie viel: Marizzi spricht in dem Tonbandprotokoll von drei bis fünf Mio. Schilling für den ÖVP-Arbeitnehmerbund ÖAAB. Kraft versichert, es habe lediglich "ein paar Inserate" im Gegenwert von 30.000 Schilling gegeben, mehr nicht: "Ich schwör dir's."
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Was in Wien bereits die Spatzen von den Dächern pfeifen, bestätigt der Generalsekretär der Industriellenvereinigung Lorenz Fritz (Bild) im Jahr 2000: Er gibt zu, dass die IV ihren finanzstarken Mitgliedern hilft, Geldspenden vor allem an die ÖVP zu "anonymisieren". Laut "profil" erhält die ÖVP von der IV damals jährlich zwischen vier und sechs Mio. Schilling (436.000 Euro). Erklärung des IV-Generalsekretär für die von Kritikern als "Spendenwäsche" bezeichnete Vorgehensweise der Industriellen: "Sie tun das, weil sie einen Politiker nicht in eine Situation wie jene von Ex-Kanzler Helmut Kohl in Deutschland bringen wollen: nämlich Namen zu nennen."
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2003 lässt sich auch Finanzminister Karl-Heinz Grasser von der Industriellenvereinigung finanziell unterstützen - konkret finanziert die Industrie-Lobby dem von der ÖVP nominierten Minister eine Homepage um 175.000 Euro. Schenkungssteuer wird dafür nicht bezahlt. Die Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlungen letztendlich im Jahr 2005 ein.
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2009 holt Grasser, mittlerweile aus der Politik ausgeschieden, die BUWOG-Privatisierung aus dem Jahr 2004 wieder ein: Seine Freunde und späteren Geschäftspartner Walter Meischberger und Peter Hochegger hatten den Sieger der umstrittenen Ausschreibung beraten und dafür Millionen-Provisionen erhalten. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen noch. Es gilt die Unschuldsvermutung.
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Der Ausbau des Klagenfurter Stadions für die Fußball-EM 2008 sorgt gleich mehrmals für Wirbel: Nach einer Telefonüberwachung vermuten die Behörden Bietermanipulationen im Auftrag des damaligen Landeshauptmanns Jörg Haider. Dessen FPÖ und das wenig später gegründete BZÖ schießen daraufhin aus allen Rohren auf das Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) im Innenministerium, das die Ermittlungen führt.
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Im Jänner 2005 meldet sich ein Mitglied der unabhängigen Vergabekommission zu Wort: Der Architekt behauptet, Vertreter des Baukonzerns Strabag hätten ihm gegenüber Anspruch auf das Projekt erhoben und das mit Parteispenden an die Kärntner FPÖ begründet. Strabag weist die Vorwürfe ebenso wie Haider zurück. Nach einer millionenschweren Klagsdrohung von Strabag-Chef Haselsteiner (Bild) nimmt auch der Architekt seine Vorwürfe zurück. Die Anzeige des BIA wegen Korruptionsverdacht wird von der Staatsanwaltschaft als "zu wenig substratreich" zurückgelegt. Justizministerin ist damals die Kärntner FP-Politikerin Karin Miklautsch (später Gastinger).
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Im Zuge der Eurofighter-Debatte wird 2006 bekannt, dass die PR-Agentur des Ehepaares Erika und Gernot Rumpold, früherer FPÖ- und BZÖ-Werber, Millionenaufträge von der Rüstungsfirma EADS erhalten haben. Insgesamt sollen sie von EADS über 6,6 Mio. Euro für Eurofighter-PR bekommen, aber nur rund zwei Mio. davon für Werbung ausgegeben haben. Die von Kritikern vermutete Parteienfinanzierung zugunsten des BZÖ kann im parlamentarischen U-Ausschuss jedoch nicht nachgewiesen werden.
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Im Nationalratswahlkampf 2006 sorgt BAWAG-Spekulant Wolfgang Flöttl für Aufsehen: Er berichtet, 1999 im Auftrag der Gewerkschafts-Bank gut 70.000 Euro an SP-Altkanzler Franz Vranitzky gezahlt zu haben, ohne dafür eine Gegenleistung erhalten zu haben. Vranitzky spricht hingegen von einem Entgelt für Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Euro-Einführung - was er auch als Zeuge im BAWAG-Prozess 2007 beteuert.
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Parteienfinanzierung im Abtausch für Staatsaufträge in Ungarn - diesen Vorwurf erhebt der EU-Abgeordnete Hans Peter Martin im Nationalrats-Wahlkampf 2006 gegen den Baukonzern Strabag. Demnach soll Strabag im Jahr 2004 an die Lobbying-Firma euro:contact 15,4 Mio. Euro gezahlt haben, die teilweise an die ungarischen Sozialisten geflossen sein sollen.
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Innenpolitisch brisant sind die Vorwürfe deshalb, weil der damalige Chef des Liberalen Forums, Alexander Zach (Bild), auch Geschäftsführer von euro:contact war. Das Dementi der Strabag fällt schal aus: Tatsächlich habe man dem Berater euro:contact für das ungarische Autobahnprojekt M5 zwei Prozent des Auftragsvolumens an Honorar bezahlt. Und weiter: "Auf speziellen Wunsch" von Konzernchef Hans-Peter Haselsteiner sei euro:contact bereit gewesen, "einen Teil ihres Honorars zur Unterstützung der politischen Demokratie in Ungarn an parteinahe Vereine und Akademien zu spenden." Fünf Tage vor der Nationalratswahl 2008 tritt Zach wegen Vorwürfen zurück, auch für den Eurofighter-Hersteller EADS Lobby-Arbeit betrieben zu haben.
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Anfang Jänner 2010 tauchen Berichte auf, wonach das Kärntner BZÖ (heute FPK) und die ÖVP im Zuge des Verkaufes der (mittlerweile verstaatlichten) Kärntner Hypo Group Alpe Adria an die BayernLB 2007 Gelder in Millionenhöhe erhalten haben sollen. Das Kärntner BZÖ soll damals 27 Mio. Euro lukriert haben, die ÖVP 13 Mio. Die Parteien weisen diese Vorwürfe zurück und bieten an, die Parteifinanzen offenzulegen. Aufklärungswürdig scheint außerdem die Rolle des Villacher Wirtschafts- Treuhänders Dietrich Birnbacher: Er hatte zum Bankenverkauf ein mündliches Gutachten für Landeshauptmann Jörg Haider und VP-Chef Josef Martinz erstellt und dafür sechs Mio. Euro Provision erhalten. Ursprünglich hätten es sogar zwölf Mio. Euro sein sollen - nach öffentlichen Protesten gewährte Birnbacher aber "Patriotenrabatt".
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Parteispenden-Affären
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