Wo New Yorks Juden früher Urlaub machten

In der neuen, zweiten Staffel der Amazon-Serie "The Marvelous Mrs. Maisel" kommt er prominent vor: der "Borscht Belt". Diesen Spitznamen, manchmal auch "Jüdische Alpen", trugen die Ferienresorts in den Catskill Mountains nur wenige Autostunden nördlich von New York City. Dort verbrachten viele New Yorker Juden in den 1960ern ihren Sommerurlaub - so auch die Serien-Hauptfigur Midge Maisel, die hier zwei Monate mit ihrer Familie lebt.

Prominent vorgekommen sind die Feriensiedlungen, in denen es eine frühe Form des Club-Urlaubs gab, auch in "Dirty Dancing". Die Konfession der Hauptfiguren ist nie Thema im Film, aber Frances "Baby" Houseman und ihre Familie residieren im Ferienresort "Kellerman's", ebenfalls im Borscht Belt in den Catskill Mountains.

In den Sommerfrische-Residenzen gab es allerlei Unterhaltung für die Gäste: Musik und Tanz, Spiele und Sport. Ab Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Catskills zum beliebten Sommerfrische-Ort. Der Komiker Jerry Lewis (hier mit seiner Mutter, die Sonnenbrillen trägt) verbrachte hier nicht nur seinen Sommerferien, die Catskills waren auch für seine Karriere wichtig. Denn hier absolvierte er schon als Fünfjähriger an der Seite seinen Eltern erste Auftritte. Damals noch unter seinem bürgerlichen Namen Joseph Levitch.

Auch schon vor "Dirty Dancing" war der "Borscht Belt" Schauplatz im Film: Hier spielt etwa die Musical-Romanze "Einmal eine Dame sein" (Two Weeks with Love; 1950) mit Jane Powell, Ricardo Montalban und Debbie Reynolds. Auch in diesem verbringt eine Familie aus New York ihren Sommer in den Catskills, und die beiden Teenagertöchter verlieben sich.

Rund eine Million Gäste sollen in den 1950er Jahren jedes Jahr in den "Borscht Belt" gereist sein, viele davon waren Immigranten aus (Ost-)Europa. Doch diese Blütezeiten sind längst vorbei. Seit das Fliegen billig ist, reisen die Menschen lieber nach Hawaii oder in die Karibik - zumal sie das kaum teurer kommt als die Catskills. Seit den 1980er Jahren verfallen die Ferienresorts dort zunehmend.

Reuters-Fotograf Carlo Allegri stattete der Gegend vor ein paar Jahren einen Besuch ab und dokumentierte den Verfall.

Einige der Hotels waren ursprünglich Farmen immigrierter Juden vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie wurden in Pensionen umgewandelt. Erst in einfache, "Urlaub am Bauernhof" quasi, später kamen immer größere Resorts und immer mehr Unterhaltung hinzu.

Juden eröffneten in den Catskills ihre eigenen Ferienresorts, weil sie woanders oft abgewiesen wurden: "No Jews!" oder "No Hebrews Wanted" stand auf Schildern von Hotels in den USA.

Familien, die es sich leisten konnten, blieben nicht nur zwei Wochen in den Catskills, sondern den ganzen Sommer - vor allem die Frauen und Kinder.

Die arbeitenden Männer kamen am Wochenende nach. Erst mit dem Zug, später mit dem Auto. Kaum zwei Stunden dauerte die Fahrt in die Ferien.

Der Urlaub hier war leistbar für die unterschiedlichen Einkommensschichten. Denn man konnte einfache Bungalows mieten und in diesen selber kochen oder - wie die Maisels in "The Marvelous Mrs Maisel" - ein Cottage mit Rundum-Service.

Viele Comedians traten hier auf. Neben Jerry Lewis etwa Woody Allen, Mel Brooks oder Jerry Seinfeld sowie Billy Crystal oder Joan Rivers.

Die berühmtesten Hotels im "Borscht Belt" waren das Concord und Grossinger's. Beide existieren nicht mehr.
Im Bild: Ein Plakat warnt davor, ein verlassenes Gebäude zu betreten

Das Grossinger's Catskill Resort Hotel wurde 1986 geschlossen, 2018 wurden die Gebäude abgerissen. Dessen Hauptkonkurrent, das Concord Resort Hotel schloss 1998 seine Pforten. Der Großteil der Gebäude steht nicht mehr.

Auch die Verbreitung der Klimaanlage trug zum Niedergang der Ferienregion bei. Denn dank dieser musste man in New York und an anderen Orten nicht mehr so schwitzen - und im Sommer in die Berge flüchten.

Bis Mitte der 1990er Jahre haben fast 300 Hotels und Motels in den Catskills das Geschäft aufgegeben.

Immer wieder gibt es Pläne, die Region wieder zu beleben.

Etwa in Zusammenarbeit mit amerikanischen Ureinwohnern: man will die Casinos in die Catskills bringen - und mit ihnen wieder mehr Sommergäste.

Auch heute gibt es in den Catskills noch Feriencamps, etwa von Jugendlichen. Und orthodoxe Juden machen auch heute noch in eigenen Siedlungen Urlaub dort. Andere Resorts wurden in Ferienwohnungen, Yoga- und Kongresszentren umgewandelt.

Eine Besonderheit war die Four Seasons Lodge. Ab 1979 trafen sich in dieser Bungalow-Kolonie hier Holocaust-Überlebende, um gemeinsam ihren Sommer zu verbringen. 2008 kam ein Film über sie heraus. Zwei Jahre später wurden die Bungalows verkauft.