Interview

„Die Betriebe brauchen finanzielle Spielräume“

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WK-Salzburg-Präsident Manfred Rosenstatter pocht auf Steuerentlastung: „Ich gehe davon aus, dass eine neue Regierung in der fundamentalen Frage der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts nicht scheitern wird.“


Herr Präsident, die Wirtschaft wartet gespannt auf eine neue Bundesregierung, die den eingeleiteten Reformkurs fortsetzt und endlich die Wirtschaft entlastet. Würde das mit Türkis-Grün zu schaffen sein?

Manfred Rosenstatter: Welche Regierungskoalition auch immer, aus Sicht der Wirtschaft muss es eine weitere Entlastung geben. Österreichs Wirtschaft ist kein Selbstläufer-Programm, nur weil es jetzt einige Jahre konjunkturell störungsfrei gelaufen ist. Klimapolitik ist wichtig, aber ebenso die Leistungsfähigkeit der Unternehmen. Wir müssen eine neue Dynamik auslösen – das hilft auch bei Investitionen für den Klimaschutz. Und das dürfte auch den Grünen wichtig sein.

Zeigen die Grünen in Salzburg als Regierungspartei für die Anliegen und Bedürfnisse der Wirtschaft Verständnis?

Es gibt ein gutes Arbeitsklima in der Salzburger Koalition – das umfasst auch die Anliegen der Salzburger Wirtschaft. Das grundlegende Verständnis für die Wirtschaft ist bei den handelnden Personen sicher da.

Wie geht es der Salzburger Wirtschaft und ihren Betrieben derzeit – vor dem Hintergrund einer möglichen Rezession?

Ich wäre vorsichtig mit dem Begriff Rezession – und ich sehe diese in Salzburg auch nicht. In wesentlichen Teilen der Wirtschaft läuft es noch gut, im Tourismus etwa, auch in Gewerbe und Handwerk. Natürlich zeigen sich in der Industrie Abschwächungstendenzen. Aber es wird sich wohl auch diesmal positiv auswirken, dass Salzburg gesamtwirtschaftlich auf mehreren starken Beinen steht.

Ihr Präsidenten-Kollege Wirtschaftskammer-Österreich-Chef Harald Mahrer drängt die künftige Regierung zur schon einmal geplanten Senkung der Lohn- und Einkommensteuer und der Körperschaftssteuer. Fünf Milliarden Euro soll die Steuerentlastung betragen. Sie gehen mit Mahrer wahrscheinlich d'accord. Rechnen Sie damit?

Ich gehe mit Mahrer d'accord und rechne damit, dass das, was vor den Wahlen richtig war, also die Wirtschaft zu entlasten und den Steuerdruck zu verringern, auch jetzt richtig ist. Ich gehe davon aus, dass eine neue Regierung in der fundamentalen Frage der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts nicht scheitern wird.

Wenn die Steuerentlastung wieder nach hinten verschoben wird: Was heißt das für Ihre Betriebe und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Österreich?

Der Standort verliert an Attraktivität, die Betriebe haben weiterhin eine hohe Steuern- und Abgabenlast zu schultern, und das bei nachlassenden Aufträgen. Wir dürfen nicht vergessen: Für die Bewältigung der gleichzeitig stattfindenden Dynamiken wie Klimaschutz, Digitalisierung und Innovation brauchen die Betriebe finanzielle Spielräume. Dazu braucht es Rückenwind von der kommenden Regierung.

Ein anderes wichtiges Thema neben der Entlastung der Betriebe ist, nicht genügend Lehrlinge vorzufinden. Besonders der Tourismus und die Industrie leiden in Salzburg. Wie schafft man endlich Abhilfe und Strukturen, damit mehr Jugendliche sich für eine Lehre begeistern?

Ich möchte dem „endlich“ in dieser Frage klar widersprechen. Die Wirtschaftskammer tut enorm viel dafür, dass sich Jugendliche für die Lehre begeistern. 46 Prozent aller Jugendlichen machen in Salzburg eine Lehre, sie ist damit eine der führenden Bildungsschienen. Man soll nicht immer so tun, als wäre das nichts. Wir haben Österreichs führenden Talente-Check etabliert, der über 90 Prozent aller Jugendlichen eines Jahrgangs erreicht. Wir haben die Duale Akademie gestartet, bei der Maturanten eine Berufsausbildung machen können. Wir beraten ab nächstem Jahr mit einem eigenen Karriere-Check Maturanten – auch im Hinblick auf eine Berufsausbildung. Ich könnte noch zahlreiche Maßnahmen aufzählen – aber eines können wir nicht ändern: die Demografie. Für alle Bildungsformen wird es enger, alle verlieren Schüler.

Beim Fachkräftemangel ist es nicht anders. Da stöhnt jeder, nicht genügend qualifiziertes Personal zu finden. Wie kann man das Problem lösen? Oder gibt man langsam auf?

Für uns in der WKS gilt das Gegenteil: Gerade haben wir den zweiten Jahrgang einer reinen Informatik-HTL im Pongau gestartet. Wir bauen die technische Ausbildung in unserer FH Salzburg sukzessive aus. Der Tourismus spricht mit einer Diplom-Akademie junge Erwachsene für eine Ausbildung im Tourismus an – mit Erfolg. Wir investieren nächstes Jahr gemeinsam mit Bund und Land 30 Millionen Euro in eine neue Tourismusschule in Klessheim. Aufgeben sieht eindeutig anders aus.

ZUR PERSON

Manfred Rosenstatter ist Präsident der Wirtschaftskammer Salzburg und Unternehmer aus Seeham (Alumero).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2019)


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