Börsesieger Forschung & Entwicklung

Marinomed: „Das Baby ist groß geworden“

(C) Marinomed
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Das biopharmazeutische Unternehmen Marinomed Biotech AG entwickelt in Wien innovative Produkte im Bereich Atemwegs- und Augenerkrankungen.

Das junge Biopharma-Unternehmen Marinomed Biotech AG steht vor seinem nächsten Wachstumsschub, denn „das Baby ist groß geworden“, sagt Gründer und Marinomed-CEO Andreas Grassauer. Weil dem auf dem Campus der Wiener Veterinärmedizinischen Universität beheimateten Unternehmen der Platz zu klein geworden ist, wechselt man dieses Jahr nach Korneuburg, wo Marinomed ein Grundstück gefunden hat: Das darauf befindliche Gebäude wird adaptiert, und zusätzlich wird ein Labor gebaut.

Denn Marinomed ist ein extrem forschungsintensives Unternehmen. Der Biopharma-Spezialist ging beim ALC-Award unter den analysierten heimischen börsenotierten Unternehmen als bestes in der Kategorie Forschung & Entwicklung hervor – wobei die F&E-Quoten unter Berücksichtigung der Unternehmensergebnisse analysiert wurden.

Die spannende Marinomed-Story begann vor 14 Jahren im Kleinen, aber schon damals mit großen Visionen: Der Virologe Andreas Grassauer und seine Frau, die Immunologin Eva Prieschl-Grassauer, gründeten 2006 mit einem Meeresbiologen und einem Tierarzt Marinomed. Es war ein Spin-off der Vetmed-Uni, die heute noch zu einem kleinen Teil am Unternehmen beteiligt ist.

Ziel des Start-ups war es, aus der Natur zu lernen und Ableitungen zu finden, um auf Basis von Technologieplattformen biopharmazeutische Produkte zu entwickeln: „Pflanzen sind keine guten Läufer, aber super Kämpfer“, betont Grassauer. „Pflanzen sind lokal, daher verteidigen sie sich mit der Produktion verschiedenster Wirkstoffe – und wir lassen uns davon inspirieren.“ Schon in den ersten Wochen hatte die „Entdeckung“ der Rotalge eine enorme Wirkung für Marinomed beim Thema Schnupfenviren.

So entstand die erste Plattform Carragelose, die sich mit der Entwicklung von rezeptfreien Produkten für Atemwegserkrankungen beschäftigte. Dieses Segment des pharmazeutischen Markts – Husten, Erkältungen und Allergien – ist die zweitgrößte Kategorie der rezeptfreien Medikamente und wächst beständig.

Marinomed entwickelte auf seiner Carragelose-Plattform drei Nasensprays, Lutschpastillen und einen Rachenspray gegen virale Infekte, die nach der Marktzulassung mit Partnern und über Lizenzen produziert und vertrieben werden. „Als wir 2010 unseren ersten größeren Deal mit einem Pharmaunternehmen gemacht hatten, wussten wir, es funktioniert“, sagt Grassauer.

Der Erfolg war im entgegengesetzten Denken begründet: Denn Marinomed habe das Dogma der Pharmabranche verletzt, dass ein Medikament sehr spezifisch sein müsse, um enorme Wirkung zu haben. „Wir dagegen entwickeln ein Mittel, das enorm breit wirkt, um die verschiedensten Viren auch erreichen zu können“, erklärt Grassauer. Marinomeds OTC-Arzneimittel (OTC=over the counter, also nicht rezeptpflichtig) werden nun schon in mehr als 40 Ländern verkauft.

Vor Marktstart

2015 wurde von Marinomed die zweite Technologieplattform gegründet: Marinosolv. Grassauer: „Damit sind wir in der Lage, die Wirksamkeit schwer löslicher Stoffe zu verbessern und schnell, wirksam und nebenwirkungsfrei zu den empfindlichen Stellen des Körpers zu bringen.“ Bei der Entwicklung handelt es sich um ein Allergiemittel, das nasal eingenommen wird. „Im Gegensatz zu vielen Mitteln auf dem Markt dauert es nicht Tage, sondern nur Stunden, bis es wirkt“, sagt Grassauer – und das Mittel wirke gegen alle allergischen Nasenentzündungen, zum Beispiel aufgrund von Pollen und Gräsern.

In nur fünf Jahren hat Marinomed das Allergiepräparat namens Budesolv entwickelt. Jetzt steht es vor der Zulassung. Und Marinomed muss auch einen Partner finden, der es in Lizenz produziert und vertreibt. Grassauer hofft, Mitte des Jahres schon ein Ergebnis zu haben.

Sein Unternehmen mit 40 Mitarbeitern, die großteils im F&E-Bereich tätig sind, steht ja genau seit einem Jahr stärker in der Auslage. Denn seit Februar 2019 notiert Marinomed an der Börse Wien. Das IPO erlöste 22,4 Millionen Euro. Außerdem wurde auch die Wandelanleihe konvertiert. „Dadurch sind rund sieben Millionen Euro an Verbindlichkeiten ins Eigenkapital gewandert“, sagt Grassauer. Die kostenintensive Forschung war der Grund dafür, dass Marinomed an die Börse gegangen ist. Denn die F&E-Ausgaben sind auf knapp drei Millionen Euro jährlich angewachsen. Bei einem Jahresumsatz von zuletzt knapp fünf Millionen Euro. Die Anleger dürfen sich aber nicht beschweren: Die Marinomed-Aktie ist seit dem Ausgabekurs von 75 Euro auf jetzt rund 100 Euro gestiegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2020)


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