Netzwerktechnologie: Ein weltweiter Scanner für Google und CIA

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Netzwerktechnologie weltweiter Scanner fuer(c) REUTERS (BOBBY YIP)
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Der Geheimdienst und der Suchmaschinenanbieter kooperieren bei neuen Techniken der Datenaufbereitung. Beide eint das Interesse, so viele Informationen wie möglich zu erheben.

Wien (mar). Der Verhaftung von elf russischen Spionen im Juni in den USA war ein breites Interesse der Öffentlichkeit gewiss – bei Geheimdienstlern löste sie eher Verwunderung aus, erinnerten doch die museal anmutenden Arbeitsmethoden der Russen eher an den Kalten Krieg als an die Gegenwart. Heute ist die Überwachung feindlicher Aktivitäten, Agenten und Wirtschaftsspionage hoch technologisiert und geschieht zunehmend über Datennetze.

Eine zentrale Methode dabei heißt im militärischen Sprachgebrauch „Osint“ und steht für „Open Source Intelligence“, also die Auswertung praktisch aller öffentlich verfügbarer Daten – Nachrichtenportale, soziale Netzwerke, Blogs, Seiten von Regierungen und staatlichen Behörden, Finanzdienstleistern, Konferenzprotokolle und schließlich Buchhändler, Fotos und Landkarten.

Eine Reihe von Firmen hat sich darauf spezialisiert, diese Informationsflut zu einem geordneten, hochkomplexen Geflecht aufzubereiten. Unter den erfolgreichsten Pionieren ist die Firma „Recorded Future“ („registrierte Zukunft“) aus Massachusetts. Vor Tagen berichtete das US-Magazin „Wired“, dass der Service von „Recorded Future“ sowohl Google als auch der Investmentfirma In-Q-Tel attraktiv genug für eine millionenschwere Unternehmensbeteiligung erscheint. Hinter In-Q-Tel steht niemand anderer als der US-Geheimdienst CIA.

Nach der (offiziell) im Februar begonnenen Zusammenarbeit mit NSA kooperiert der Suchmaschinengigant mit dem enormen Datenhunger damit bereits zum zweiten Mal offen mit einem US-Geheimdienst. Das ist zunächst nicht weiter verwunderlich: Beide eint das Interesse, so viele Informationen wie möglich zu erheben. Doch für beide ist der Zugriff auf öffentlich verfügbare Daten nicht neu.

Interessant macht „Recorded Future“ zweierlei: zum einen die Schnelligkeit der Aufbereitung und ihre grafische Darstellung. „Wir können hier in Echtzeit Dossiers über beliebige Personen liefern“, zitiert „Wired“ den Firmenchef Christopher Ahlberg, was die Homepage am Beispiel des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu eindrucksvoll demonstriert. Zum anderen behauptet „Recorded Future“, anhand bisheriger Daten auch die Wahrscheinlichkeit künftiger Ereignisse vorhersagen zu können – und zwar von Personen, Parteien, Firmen und Staaten. Nahezu alle Ereignisse ließen sich als Ereigniskurven darstellen, so Ahlberg, und damit auch ihr weiterer zu erwartender Verlauf.

Als seine Kunden listet die Firma Geheimdienste erst an letzter Stelle auf. Der Service richte sich ebenso an Finanzdienstleister, Marketingtreibende und Strategieberater.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2010)


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