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Nachhaltigkeit als Qualitätsmerkmal

(c) Günther Peroutka
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Derzeit sind gerade einmal fünf Prozent der nachhaltigen Investments dem Impact Investing zuzuschreiben, aber die Experten sehen großes Potenzial, die Geldflüsse stärker in diese Richtung zu lenken.

Die Presse veranstaltete in Kooperation mit der Raiffeisen KAG einen Branchentalk zum Thema „Impact Investing, Messbarkeit der Wirkung“. Impact Investing, also wirkungsorientiertes Investieren, gehört zu den nachhaltigen Geldanlagen und bildet unter den nachhaltigen Investments einen Spezialbereich, bei dem der Fokus auf der Wirkung liegt. Man investiert in Unternehmen, Organisationen und Fonds mit der Absicht, eine doppelte Dividende zu erzielen, indem neben einer positiven finanziellen Rendite auch messbare positive Auswirkungen auf Umwelt oder Gesellschaft erreicht werden.
Eva Komarek, General Editor für Trend Topics (Styria), moderierte die Diskussionsrunde, bestehend aus Michaela Seelig, Abteilungsleiterin für Grüne Finanzen und nachhaltige Wirtschaft im Klimaschutzministerium (BMK), Alfred Strigl, Managing Partner und Gründer von Plenum, der Gesellschaft für ganzheitliche und nachhaltige Entwicklung sowie Wolfgang Pinner, Head of Corporate Responsibility in der Raiffeisen KAG.

Auf gutem Weg

In Österreich wurden laut dem letzten FNG Marktbericht (Forum Nachhaltige Geldanlagen) rund 30 Milliarden Euro in nachhaltige Investments gesteckt. „Von diesen 100 Prozent sind rund fünf Prozent dem speziellen nachhaltigen Investment-Stil zuzuordnen, der auf Wirkung fokussiert“, berichtete Wolfgang Pinner. „Das ist genau der EU-Durchschnitt, wie er im letzten Eurosif-Bericht aufscheint.“ (European Sustainable and Responsible Investment Forum).
Sieht man sich die Impact Investments in Österreich in den letzten Jahren an, handelt es sich dabei etwa um Mikrofinanzprodukte, grüne und soziale Anleihen. Der FNG Marktbericht gibt auch Aufschluss über die Anteilsverteilung der nachhaltigen Investments. Die institutionellen Investoren halten natürlich den Bärenanteil. „Aber mehr als ein Drittel im Bereich nachhaltige Fonds und nachhaltige Konten sind Privatinvestoren und das ist ein durchaus positiver Wert, der demonstriert, dass das extreme Wachstum der letzten Jahre von den Privaten mitgegangen wurde“, sagte Pinner.

Gute Messbarkeit

„Ein verzinster Rückfluss von Kapital ist beim Impact Investing unbedingt notwendig“, sagte Alfred Strigl. Wichtig ist daher die Messbarkeit der Wirkung. Nachhaltiges Investment wird einerseits an ESG-Anlagekriterien festgemacht (Environment, Social, Governance). Beim Impact geht man derzeit jedoch vorwiegend mit einer ökologischen Logik heran. „Im Klimaschutzministerium stehen bei Sustainable Finance jedenfalls „Umwelt und Klimaschutz“ im Zentrum, aber wir vergessen auch die anderen Komponenten nicht“, sagt Michaela Seelig vom BMK. Wichtiges Instrument zur Feststellung der Nachhaltigkeit ist die Taxonomie, ein einheitliches Zertifizierungssystem, das nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten festlegt. Derzeit noch eine „grüne“ Taxonomie, auf lange Sicht sollen soziale Kriterien hinzukommen. „Die wissenschaftsbasierte Taxonomie unterstützt auch bei der Vermeidung von Greenwashing“,betonte Seelig.

»„Wichtig ist das Festhalten an der Grundidee der doppelten Dividende. Dazu muss man Wirkungsseite und finanzielle Seite gut bemessen.“«

Wolfgang Pinner, Head of Corporate Responsibility in der Raiffeisen KAG

„Finanzprodukte können sich nicht mehr als „grüne“ Finanzprodukte tarnen, wenn sie die Kriterien nicht erfüllen.“ Nachholbedarf sah die Green Finance-Expertin bei den verfügbaren Daten zur Umweltqualität von Investments. Die neuen regulatorischen Rahmenbedingungen der EU werden diese Problematik in nächster Zeit aber lösen.
Strigl machte klar, dass nicht die Taxonomie das Ziel sein dürfe, sondern die Finanzströme in Richtung soziologische und ökologische Nachhaltigkeit zu lenken. „Sonst besteht die Gefahr, in einer Nische gefangen zu sein und nicht mehr als 15 Prozent der Finanzströme dafür zu bewegen.“ Neben Labeling müsse man stets das Gesamtziel im Auge behalten: die großen Investments an Land zu ziehen. Seelig sah darin keinen Widerspruch: „Die Taxonomie ist keine Kennzeichnung für grüne Finanzprodukte, sondern ein Klassifikationssystem mit konkreten technischen Kriterien und Schwellenwerten, die anzeigen, wann wirtschaftliche Tätigkeit nachhaltig ist.“ Auch die enge Nischenbildung sei nicht zu befürchten, da es im Rahmen der Taxonomie unterschiedliche Kategorien gäbe: Etwa für Aktivitäten, die bereits jetzt im Einklang mit den Umweltzielen sind (beispielsweise Strom aus Erneuerbaren Energieträgern) oder Enabling Activities, die dazu beitragen, dass eine andere Aktivität einen signifikanten Beitrag leistet, wie etwa ein Teil einer Windturbine, und dann gibt es Transition activities in Wirtschaftssektoren, die die Ziele noch nicht erfüllen aber bei besonders effizienten Anlagen einen wichtigen Beitrag leisten können.

Stark Umwelt-betont

Noch weiter als der ESG-Ansatz gehen die 17 Ziele der UNO für eine nachhaltige Entwicklung, die sogenannten SDGs (Sustainable Developement Goals). Wie beim ESG-Ansatz scheint auch hier der Punkt Klimaschutz in der Leaderrolle zu sein. „Es ist gut, vorzuzeigen, wie wir es in der ökologischen Nachhaltigkeit vollbringen, zum Beispiel den CO2-Ausstoß zu messen, zu managen und in den Griff zu bekommen“, sagte Strigl. „Das ist ein richtiger erster Schritt, aber man darf nicht vergessen, dass es nur eine Teildisziplin der Nachhaltigkeit ist und weitere Schritte folgen müssen.“ Sozialen Wohnraum zu schaffen fiele etwa auch unter Impact Investing. Strigl prophezeie, dass die Messbarkeit auch in den restlichen SDGs Dimensionen erzielt werden kann. „Wir tappen nicht im Dunkeln. Neben dem Zusammenführen von Messen und Managen wird es auch den politischen Willen benötigen, um ins Tun zu kommen“, sagte Strigl. Pinner wertete es positiv, dass sowohl ESGs als auch SDGs in Richtung Vielschichtigkeit marschieren. Eine Messbarkeit sah Pinner in der Formulierung von Kennzahlen und der Analyse der Tätigkeiten der Unternehmen. „Dazu gehört etwa, dass man die Produkte und Dienstleistungen der Unternehmen auf ihre positiven Wirkungen analysiert.“

Nachhaltigkeitsrisiko

Am 10. März trat die EU Offenlegungsverordnung „Sustainable Finance Disclosure Regulation“ (SFDR) in Kraft, im Rahmen des Aktionsplans für nachhaltige Finanzierung. „Das wird mehr Transparenz für den Markt schaffen “, sagte Seelig vom Klimaschutzministerium. „Es geht um Nachhaltigkeitsrisiken bei Investitionsentscheidungen, also inwieweit Auswirkungen des Klimawandels auf ein Finanzprodukt berücksichtigt werden.“ Für alle Finanzteilnehmer herrschen dadurch größere Transparenzanforderungen. Das hat auch Auswirkungen auf die Beratungsprozesse. „Nun müssen die Nachhaltigkeitspräferenzen bei der Beratung von Endkunden mitberücksichtigt werden. Das erleichtert es Investoren, Nachhaltigkeitsaspekte in Investitionsentscheidungen miteinzubeziehen“, sagte Seelig.
Ab 1. 1. 2022 treten wichtige europäische Rechtsgrundlagen in Kraft, wie etwa die SFDR, die klimarelevante Offenlegung zur Taxonomie oder Änderungen zu Treuhandpflichten. Dies bringt mehr Transparenz, ob und wie nachhaltig Finanzprodukte sind.
Die Diskutanten konnten sich durchaus vorstellen, dass dies zu mehr Nachhaltigkeitsbewusstsein führe. „Die Frage ist, wie diese Präferenz abgefragt wird, aber Nachhaltigkeit wird in Zukunft garantiert ein Qualitätsmerkmal und dadurch nimmt der Zuspruch zu“, war Pinner überzeugt. Bis es so weit ist, sieht Strigl hierfür Geldarbeit und Geldgespräche dringend notwendig. Insgesamt vertraut er auf den Bewusstseinswandel der Bevölkerung. „Das wird zu mehr nachhaltigen Investments beitragen als die EU-Taxonomie, weil viele Punkte der Nachhaltigkeit in der Taxonomie gar nicht erfasst werden.“ Strigl glaubt, dass sich Investoren immer stärker als Akteure in den Mittelpunkt stellen und gezielt Impact Investment Projekte unterstützen. „Zum Beispiel gezielt investieren in ein Waldschutzprojekt oder ein soziales Altersheimprojekt usw.“ Die Zahl der Projekte werde ansteigen.

Aktive Einflussnahme

Metastudien beweisen, dass nachhaltiges Investment herkömmlichen Investments in der Performance um nichts nachstehen. „Teilweise kann man bei Impact Investing in Bezug auf Rendite mehr abgreifen, aber auch mehr verlieren“, erläuterte Strigl. „Eine Zukunftsoption zu eröffnen braucht ein gewisses Risiko.“
Einen wichtigen Parameter für eine Impact Investmententscheidungen sieht Pinner in der aktiven Einflussnahme des Investors. „Er kann mit seinem Investment die Entwicklungen des Unternehmens bewusst beeinflussen. Letzlich profitiert davon das Unternehmen, weil es nachhaltiger wird, aber auch der Investor, weil das investment an Wert gewinnt.“
Um Impact Investing mehr Geldflüsse zu bringen, müssen die richtigen Knöpfe gedrückt werden. Auch der Staat sei am Zug, so Strigl. „Der Staat könnte bei Impact Investment vorbildlicher vorangehen, aber da spüre ich derzeit noch große Zurückhaltung.“

Information

Der Branchentalk „Impact Investing, Messbarkeit der Wirkung“ fand auf Einladung von „Die Presse“ statt und wurde finanziell unterstützt von der Raiffeisen KAG.


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