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Zwei Jahre Coronamaßnahmen – zahlen, bitte!

(v. l. n. r.) Helmut Fallmann, Gründer und Co-CEO von Fabasoft AG, Stefan Fink, Chief Economist KPMG Österreich, Matthias Unger, CEO und Miteigentümer Unger Stahlbau GmbH, und Michael Junghans, Sprecher der Geschäftsführung der WIG Wietersdorfer Holding GmbH
(v. l. n. r.) Helmut Fallmann, Gründer und Co-CEO von Fabasoft AG, Stefan Fink, Chief Economist KPMG Österreich, Matthias Unger, CEO und Miteigentümer Unger Stahlbau GmbH, und Michael Junghans, Sprecher der Geschäftsführung der WIG Wietersdorfer Holding GmbH(c) Roland Rudolph
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Round Table. Ökosoziale Kriterien statt Ratings, Change-Management mit Modellcharakter, neuartige Produkte, Schuldenberg. Über die Planbarkeit mit wirtschaftspolitisch größeren und kleineren Würfen.

Aktuell betragen Österreichs Staatsschulden rund 340 Milliarden Euro. Die Staatsverschuldung ist bei 87 Prozent angekommen, während sie vor Corona bei etwa 70 Prozent gelegen ist. Unter dem Eindruck der kürzlich präsentierten ökosozialen Steuerreform lud die „Presse“ zum Round-Table-Gespräch mit Helmut Fallmann, CEO des Softwareunternehmens Fabasoft, Michael Junghans, Sprecher der Geschäftsführung der WIG Wietersdorfer Holding, und Matthias Unger, CEO Unger Stahlbau, zum Thema: „Wer zahlt die Krise?“ „Presse“-Redakteur Hans Pleininger begrüßte drei Familienunternehmen, die sich zwar mit Corona nach wie vor beschäftigen müssen, mit ihrer Planung und Budgetierung schon weit darüber hinaus sind, gemeinsam mit Stefan Fink, Chief Economist von KPMG Österreich, um gleich einmal die Impulse der türkis-grünen Steuerreform diskutieren.

Mehr Planbarkeit

Dass in Österreich ein langersehnter Themenwechsel weg von Covid hin zu Ökonomie und Ökologie stattgefunden hat, sei sehr begrüßenswert. Matthias Unger sieht „viele kleine Würfe in die richtige Richtung“, der große Wurf aber fehle ein bisschen. Vor allem seien die Rahmenbedingungen für die ökosoziale Weichenstellung bis 2025 nicht weit genug in die Zukunft gesteckt, denn die Wirtschaft beschäftigt sich mit ihren Planungen und Szenarien schon mit 2030 und darüber hinaus. Michael Junghans: „Wie schaffe ich den Umbau Richtung CO2-neutrales Geschäftsmodell? Das ist ja in der Industrie schon in den vergangenen Jahren Thema gewesen.“ Deswegen wäre es etwa gerade maßgeblich, für Mitbewerber jetzt die gleichen Wettbewerbsregeln festzusetzen und die ehrgeizigen Ziele für die CO2-neutrale europäische Industrie nicht an den Grenzen der EU enden zu lassen. Und ebenso wichtig wäre es, sich rechtzeitig Gedanken darüber zu machen, wie die CO2-Steuereinnahmen EU-weit im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit einzusetzen seien. Und hierbei fallen in der Manager-Runde dann vor allem drei Themen: Infrastruktur, insbesondere die Bereitstellung von ausreichend grünem Strom, Digitalisierung und Ausbildung.

Was ist also diese CO2-Zahl wert? „CO2 kriegt jetzt einen Preis. Das ist ganz wichtig für die Kostenwahrheit“, so Softwarehersteller Fallmann. „Denn wenn man die Industrie dazu bringt, CO2-frei zu produzieren, so handelt es sich dabei um ein völlig neues Produkt. Insofern sollte es hierfür ein Zertifizierungsverfahren nach ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance, Anm.) geben.“ Und zwar europaweit. Was übrigens bereits heute von vielen Investoren für wichtiger erachtet wird als klassische Ratings.

Mitziehen statt vorauseilen

Mit den gesetzten Maßnahmen sei Österreich beim Umbau Richtung CO2-Neutralität mitgezogen, Vorreiter sei man im Vergleich zu Schweden, dem Baltikum oder der Schweiz eher nicht. Dazu fehle es vor allem an schlauem Marketing, weniger an technisch innovativen Ideen, um diesen – auch teuren – Wandel an den Konsumenten zu bringen und zugleich die Innovationsleistung der österreichischen Industrie zu kommunizieren. Dazu gehöre auch die Vernetzung des gesamten Bildungssystems, ortet KPMG-Ökonom Fink, ebenso wie ein Bekenntnis zu Interdisziplinarität und Internationalität, wünscht sich Fallmann. Denn schließlich habe die CO2-Steuer jetzt erst einmal die Bürger getroffen.

Zwar habe Corona die Globalisierung ein wenig zurückgedrängt und Bewusstsein für die lokale Reindustrialisierung geschaffen, was gut für die Ökologisierung sei, analysiert Fink. Nun gehe es aber darum, all die in Gang gesetzten Prozesse auszubauen, um den Schwung beizubehalten. Denn was Engpässe in Lieferung und Produktion betreffe, sei „der Leidensdruck inzwischen abnehmend, um Abhängigkeiten zu reduzieren, sich in den Rahmenbedingungen für die Reindustrialisierung robuster aufzustellen und die Resilienz der Wirtschaft zu fördern“, so Fink weiter. Trotz enormer Teuerungen in der Rohstoffbeschaffung und im Transport ist die heimische Industrie schon wieder ganz gut unterwegs, „aber die schweren Zeiten kommen noch auf uns zu“, meint Unger und verweist auf die Exportquote und damit verbundene hohe Frachtkosten.

Und auch Fabasoft-CEO Fallmann schlägt in dieselbe Kerbe: „In der Gesamtbetrachtung sehen wir den Aufschwung, aber er kommt nicht bei allen an. Und das ist wettbewerbsverzerrend.“ Auch sei es nun wichtig, branchengemäß genauer zu unterscheiden. Schließlich verdanken sich nicht alle Engpässe, Zahlungs-, Produktionsschwierigkeiten oder Preiserhöhungen ausschließlich Covid-19, sondern sind immer noch auch anderen erschwerenden Umständen wie Naturkatastrophen oder gar dem Inkrafttreten von Beschlüssen, die noch vor Ausbruch der Pandemie gesetzt wurden, zu verdanken. Durch die pandemiebedingte Disruption passe jedoch manches derzeit nicht mehr so recht zusammen.
Zeit für Change-Management

War es richtig, nach dem Gießkannenprinzip zu helfen? „Ja. In Europa haben wir generell einen guten Weg gewählt“, findet WIG Wietersdorfer-Sprecher Junghans. „Aber man hätte schon längst wieder damit beginnen können und müssen, neue Anreize fürs Arbeiten zu schaffen.“
Auch Stahlbauer Unger ist mit seinem Betrieb gut durch die Krise gekommen und kennt den Unterschied zu anderen Regionen: „Wir produzieren auch im Mittleren Osten, wo es keine Hilfen gab. Dort ist die Aufbauarbeit bedeutend schwieriger.“ Zwar befinden sich die anwesenden Unternehmer aus dem Bau- und IT-Sektor in einer anderen wirtschaftlichen Position als etwa Gastronomie und Tourismus, dennoch „heißt Corona bei uns: jedem seine Chance“, sagt Unger. „Wir haben neue Geschäftsmodelle entwickelt, neue Ansätze auf Baustellen probiert, es war eigentlich eine gute Zeit, um Change-Management zu betreiben.“ Das vermisse man auf anderen Gebieten.

Sind erhöhte Fracht- oder Energiekosten auf dem Produktionssektor weniger entscheidend als Rahmenbedingungen für die Planung? Die Wirtschaft läuft in Zyklen ab und auch dieser Zyklus werde zu Ende gehen, resümiert Junghans. „Aber wir müssen jetzt den Rahmen für die nächste Generation schaffen. Mit Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Automatisierung und Autonomisierung.“

Fabasoft AG

Helmut Fallmann gründete das oberösterreichische Softwareunternehmen 1988 gemeinsam mit Leopold Bauernfeind in Linz. 1999 ging es in Frankfurt an die Börse. Fabasoft zählt zu den führenden Cloud-Dienstleistern und Softwareherstellern im Dokumenten- und Prozessmanagement in allen Geschäftsbereichen. Die Konzernzentrale befindet sich in Linz, Tochtergesellschaften in Deutschland, Österreich, in der Schweiz und den USA.

WIG Wietersdorfer Holding

Das Familienunternehmen in Klagenfurt mit knapp 130-jähriger Bestandsgeschichte wurde 1893 gegründet. Das international im Bereich Bauinfrastruktur tätige Industrieunternehmen hat fünf Geschäftsfelder, darunter Rohrsysteme, Zement und Beton, Kalk und Industriemineralien. 49 Verkaufsbüros und Produktionsstätten in 22 Ländern werden mit rund 2800 Mitarbeitern betrieben. Umsatz im Jahr 2020: 720 Millionen Euro.

Unger Steel Group

Gegründet wurde die Unger Stahlbau GmbH 1952. Matthias Unger führt die Geschäfte in dritter Generation als CEO und Miteigentümer. Die Zentrale befindet sich in Oberwart, 2006 erfolgte die Gründung der Tochtergesellschaft in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das Unternehmen fungiert nicht nur als internationaler Stahlbauer sondern auch als Generalunternehmer und Projektentwickler und beschäftigt 1200 Mitarbeiter.

Information

Das Branchengespräch zum Thema Familienunternehmen fand auf Einladung der „Presse“ statt und wurde finanziell unterstützt von KPMG.


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