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Wir stehen mitten im Transformationsprozess

Für Logistiker bedeutete die Coronakrise viele große Herausforderungen.
Für Logistiker bedeutete die Coronakrise viele große Herausforderungen.(c) Pixabay
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Impulsreferat. „Die Quadratur des Kreises“, nannte Professor Sebastian Kummer seinen Vortrag über KEP-Dienste im Spannungsfeld von Verkehrspolitik, Versendern und Endkunden.

Das Institut für Transportwirtschaft und Logistik der Wirtschaftsuniversität Wien arbeitet sehr praxisorientiert und kooperiert mit vielen Unternehmen der heimischen Wirtschaft. Das Thema „Paket“ beschäftigt Institutsvorstand Sebastian Kummer seit vielen Jahren. Er prophezeite in seinem Vortrag, dass die KEP-Dienstleister auch 2022 mit einer Steigerung von rund zehn Prozent rechnen dürfen.

Krise macht stärker

Für Logistiker bedeutete die Coronakrise viele große Herausforderungen. Kummer unterteilte sie in drei Phasen.

Phase 1 stand ganz am Beginn der Pandemie. „Das System am Laufen zu halten stand im Mittelpunkt. Sowohl in der Logistikbranche als auch bei KEP-Dienstleistern herrschte große Unsicherheit. Hinzu kam, dass viele Mitarbeiter an Covid-19 erkrankten“, sagte der Universitätsprofessor. Gleichzeitig begeisterten ihn jedoch die Bilder des Österreichischen Bundesheeres, das die Post tatkräftig im Logistikzentrum unterstützte. „Eine Sternstunde der Logistik, weil es demonstrierte, mit welcher Willenskraft die gesamte Branche die Krise bewältigen wollte.“ Paketdienstleister reagierten sehr rasch mit Innovationen, beispielsweise der kontaktlosen Zustellung.

Phase 2 ist für Professor Kummer der Wachstum, der mit seiner immensen Geschwindigkeit alle überraschte. „Nur weil die Branche schon vor der Pandemie intensiv in Innovationen investierte, konnte man in der Krise dann tatsächlich so schnell reagieren“, meinte Kummer. Die Corona-Pandemie habe die Umsetzung vieler Projekte nochmals beschleunigt.

Phase 3 ist aktuell noch in Gange. Es geht darum, die Nachhaltigkeit zu verbessern. „Auch hier starteten viele Pilotprojekte längst vor der Pandemie, etwa CO2-freie Zustellung, Sub-Hubs, Bikes für die letzte Meile, E-Fahrzeuge usw.“ Neue „grüne“ Logistikstandorte werden nach modernsten Standards umgesetzt. Neben der ökologischen Nachhaltigkeit ist vor allem die soziale Nachhaltigkeit wichtig - Stichwort „faire Arbeitsbedingungen“, „faire Löhne“.

Die falschen Sündenböcke

Kaum ein anderer Bereich ist so stark von Vorurteilen betroffen wie die KEP-Dienstleistungsbranche. Das hat die falschen Auswirkungen auf die Verkehrspolitik. Kummer fordert daher faktenbasierte Entscheidungen statt Ideologien.

Sein Institut führte 2019 eine Studie zur Situation der Verkehrspolitik durch. Ergebnis: KEP-Dienstleister müssen als Sündenbock herhalten. Die Studie zeigt zwar, dass der Straßengüterverkehr kontinuierlich steigt und auch KEP-Dienstleister mit immer mehr Fahrzeugen unterwegs sind, gleichzeitig demonstrieren die Zahlen, dass der Anteil der Paketdienstleister im Gesamtverkehr 2019 gerade einmal bei 0,8 Prozent lag - 2020 und 2021 dann jeweils um ein Prozent.

Anteile am Gesamtverkehr

Für das Jahr 2019:
PKW 85,6 %
Handwerker/Techniker 0,6 %
Busse 1,8 %
Baustellenfahrzeuge 1,7 %
KEP 0,8 %
Einsatzfahrzeuge 0,7 %
Lebensmittelhandel 0,3 %
Entsorgungsfahrzeuge 0,2 %

Paketlogistikanteil am Gesamtverkehr 2021 „nur“ 1,12 Prozent, trotz 40 Prozent Mengensteigerung

„Es gibt viele Branchen, die deutlich mehr Anteile am Gesamtverkehr ausmachen, trotzdem muss der KEP-Bereich als Sündenbock herhalten.“ Hier wünscht sich der Professor eine Imagekorrektur. Eine Möglichkeit wäre, mehr in Kooperationen zu investieren, durchaus auch mit Mitbewerbern. „Kooperationen sollten vor allem im ländlichen Bereich stattfinden, denn in der Stadt besteht bereits eine sehr effiziente Nutzung.“

Die Zahlen der Studie des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik zeigen auch noch etwas anderes: Der Anteil der eingesetzten E-Fahrzeuge und alternativen Antriebstechnologien ist bei Paketdienstleistern besonders hoch. Demnach müsste die Verkehrspolitik KEP-Dienstleister bei der Dekarbonisierung des Verkehrs eigentlich als Vorbilder hervorheben.

Kostenwahrheit schaffen

Die Versender locken Kunden teilweise mit den falschen Signalen. Eine „Geiz-ist-Geil-Mentalität“ ist kontraproduktiv zu den immer höheren Kosten, mit denen Paketdienstleister aufgrund des gesteigerten Volumens, der Nachhaltigkeit und Investitionen in Logistik und Personal konfrontiert sind. Einen Ausweg sieht Kummer in Aufklärungsarbeit und einer öffentlichkeitswirksamen Kostenwahrheit. Zu überlegen seien in jedem Fall auch differenzierte Preissysteme.

Rahmenbedingungen müssen analysiert werden. Teilweise behindern sie gegenwärtig die optimale Erfüllung der Kundenerwartungen. Etwa beim Datenschutz. „Klar ist Datenschutz ein hohes Gut, aber wenn man alles verbietet, darf man sich auf der anderen Seite kein bequemes Kundenservice erwarten“, sagte Kummer.

Dynamik in der Branche

Die Entwicklungen der Zeit verlangen, dass sich KEP-Dienstleister kontinuierlich anpassen und verändern. „Insbesondere die ökologische und soziale Nachhaltigkeit spielen bei Unternehmenstransformationen eine sehr große Rolle“, meinte der Professor. Nicht zu vergessen die digitale und gesellschaftliche Transformation. In allen Bereichen seien laut Sebastian Kummer KEP-Dienstleister bereits sehr aktiv und im Vergleich zu vielen anderen Branchen auch schon sehr weit fortgeschritten. Die Blockaden bei der Umsetzung vieler Maßnahmen liege teilweise am falschen Image und der Passivität der Politik.

TRANSFORMATIONS-KREISLAUF

Unternehmenstransformation:

  • Wettbewerbsdruck durch neue Player (z. B. Amazon, Plattformen)
  • Optimierung der Last Mile (z. B. Alternative Zustellung, Paketboxen, Haustürablage/Nachbarschafts-zustellung, Pickpoints bzw. Shops)
  • CO2 freie Zustellung (z. B. Fahrrad- zustellung, Alternative Antriebe)

Mitarbeitertransformation:

  • Mitarbeiter gewinnen
  • Mitarbeiter halten und fördern (z. B. Mitarbeiterresilienz, Mitarbeitermotivation und -führung)
  • Faire Entlohnung, faire Arbeits-bedingungen
  • Fahrermangel bekämpfen

Digitale Transformation:

  • Künstliche Intelligenz
  • Big Data
  • Automatisierung des Umschlags/Be- und Entladung
  • Autonomes Fahren
  • Autonome Roboter/Drohnen für die letzte Meile

Gesellschaftliche Transformation:

  • Urbane Herausforderungen (z. B. Staus, Platzmangel)
  • Umweltschutz
  • Alternde Gesellschaft

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