Ausblick

Vom Regen in die Traufe

(c) Guenther Peroutka
  • Drucken

Wie Familienbetriebe durch die anhaltenden Krisen steuern und welche politischen Rahmenbedingungen es braucht.

Nach zwei Jahren Coronakrise haben Wirtschaft und Bevölkerung einen „normalen“ Sommer 2022 herbeigesehnt. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat jedoch sämtliche Hoffnungen auf eine Normalisierung des (Wirtschafts-)Lebens zunichtegemacht. Explodierende Energiepreise befeuern die ohnehin schon hohe Inflation und Chinas zunehmend ins Wanken geratende Zero-Covid-Politik führt erneut zu schweren Störungen der globalen Liefer- und Logistikketten.

Viele Familienunternehmen konnten im Jahr 2021 gute, teilweise sogar sehr gute Ergebnisse erzielen, da die während der Coronakrise getroffenen effizienzsteigernden Maßnahmen gegriffen haben und der Aufschwung des Jahres 2021 effizient genutzt wurde. 2022 beginnt mit einem starken Dämpfer – nicht nur die galoppierenden Preise und die damit verbundene hohe Inflation trüben die Aussichten. Es ist vor allem die erneute Unmöglichkeit einer seriösen Planung für das laufende Jahr, die vielen Unternehmern und Unternehmerinnen in Familienbetrieben Sorge bereitet.

Während der Coronakrise konnten Familienunternehmen ihre Vorteile ausspielen. Die in der Regel gute Kapitalausstattung und die regionale Verankerung haben viele Firmen verhältnismäßig unbeschadet durch die Krise kommen lassen. Auch die staatlichen Unterstützungspakete konnten von Betrieben in Familienhand gut genutzt werden, ob Kurzarbeitsunterstützung oder branchenbezogen auch andere Instrumente, wie z. B. Verlust- bzw. Umsatzersatz oder Fixkostenzuschuss. Auch bei der Investitionsprämie haben Familienbetriebe enorm profitiert und insbesondere Investitionsvorhaben mit höheren Förderungen für Digitalisierungs- und Ökologisierungsmaßnahmen beantragt.

Gerade bei der Abwicklung der Investitionsprämie macht sich vielfach Ernüchterung breit. Die engen Zeitfenster für die Umsetzung von Investitionsmaßnahmen sind angesichts gestörter Lieferketten häufig nicht einhaltbar. Die starke Steigerung von Erzeuger- und Baupreisen haben viele Betriebe dazu gebracht, ihre geplanten Investitionsvorhaben aufzuschieben oder gar abzusagen – auch trotz Verlust der Investitionsprämie. Hier ist die Politik gefordert: Pragmatische Lösungen könnten schnell und unbürokratisch Abhilfe schaffen. Eine Verlängerung des Umsetzungszeitraums für Investitionsprojekte unter 20 Millionen Euro über den 28. Februar 2023 hinaus wäre ein erster wichtiger Schritt. Ebenso wäre es eine Beruhigung für viele Unternehmen, wenn klargestellt würde, dass auch der Wechsel von Lieferanten in Zeiten nicht funktionierender Lieferketten nicht zum Entfall der Investitionsprämie führt.

Der Politik kommt auch bei den kommenden Lohn- und Gehaltsverhandlungen eine entscheidende Rolle zu. Die kalte Progression im österreichischen Steuersystem lässt Erhöhungen schnell verpuffen und führt nicht zur gewünschten Kaufkrafterhaltung. Es braucht endlich eine Valorisierung der zumindest unteren Steuerstufen und auch aller steuerlichen Absetz- und Freibeträge. Eine steuerliche Umschichtung, beispielsweise der hohen Umsatzsteuereinnahmen aus Energieträgern, würde nicht nur eine merkliche Entlastung für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit sich bringen und so zur Stabilisierung der Wirtschaft beitragen – sie wäre auch ein wichtiges Signal der Solidarität und sozialen Gerechtigkeit.

Zur Person

Berndt Zinnöcker ist Partner und Geschäftsführer bei BDO. Er begleitet seit vielen Jahren Familienunternehmen, vor allem in den Bereichen Steuern und Nachfolgeplanung.


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.