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Das MINT-Paradoxon muss gelöst werden

Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß sieht in Oberösterreich viele gute Ansätze, um die Anzahl der MINT-Fachkräfte zu erhöhen.
Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß sieht in Oberösterreich viele gute Ansätze, um die Anzahl der MINT-Fachkräfte zu erhöhen. (c) Fronius International GmbH
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Nachwuchs. Trotz toller Karrierechancen entscheiden sich zu wenige junge Menschen für eine MINT-Ausbildung. Vor allem Mädchen und Frauen wird sukzessive das Selbstvertrauen für MINT-Fächer genommen.

Engelbrechtsmüller-Strauß kennt das Erfolgsgeheimnis aus dem eigenen Betrieb: Fronius wächst vor allem durch Innovationen. „Forschung & Entwicklung müssen in Österreich unbedingt forciert werden.“ Die Unternehmerin lobt daher die Forschungsprämie. „Sie hat wirklich den Effekt, F&E in Österreich zu fördern.“ Gleichzeitig ortet Engelbrechtsmüller-Strauß eine Schwachstelle in unserem Land. „Der Industrie fehlen die Fachkräfte. Es gibt zu wenig Mitarbeiter, die sich für naturwissenschaftliche, technische Aufgaben interessieren. Wir müssen im Bildungssektor ansetzen, damit wir mehr Begeisterung für Technik schaffen.“ Auch hier spricht Engelbrechtsmüller-Strauß aus eigener Erfahrung. Fronius benötigt Talente in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik), um wettbewerbsfähig zu bleiben. Für die umweltbewusste Geschäftsführerin ist nicht nachvollziehbar, wieso so viele Menschen auf Klimaschutz-Demos gehen, gleichzeitig aber das Interesse an der Entwicklung von Innovationen fehlt, die zur erfolgreichen Energiewende beitragen. „Die Energiewende hängt auch ganz stark mit Digitalisierung zusammen. So braucht es etwa beim Energiemanagement IT- und Digitalisierungsspezialisten. Aber in diesem Bereich ist das Angebot deutlich niedriger als die Nachfrage.“

Die FTI-Strategie (Forschung, Technik, Innovation), die sich zum Ziel setzt, Österreich bis 2030 unter die Top-5-Innovationsstandorte in Europa zu bringen, sei durchaus eine gute Initiative, um Interesse bei den Jugendlichen zu wecken. „Entscheidend ist aber, dass die Strategie auch mit Maßnahmen untermauert wird, die man gleichzeitig monitort, um zu sehen, ob die Maßnahmen auch greifen“, betonte die Oberösterreicherin.

Frauenanteil erhöhen

Verwundert ist Engelbrechtsmüller-Strauß auch über die offenbare Tatsache, dass sich eine Hälfte der Bevölkerung bei MINT nicht angesprochen fühlt – der Anteil der Frauen in diesen Bereichen ist dramatisch niedrig. „Das ist mir vor allem deshalb unbegreiflich, weil es sich im MINT-Bereich um aussichtsreiche und überdurchschnittlich gut bezahlte Berufe handelt.“ Mitschuld an diesem Zustand trägt ein veraltetes Rollenbild, nach dem Mädchen nicht so gut für naturwissenschaftliche, technische Berufe geeignet wären wie Burschen. „In unserem aktuellen Bildungssystem wird Mädchen sukzessive das Selbstvertrauen genommen.“ Schlimmer noch: Das Bildungssystem vermag es sogar, Buben das Interesse an MINT-Fächern zu rauben. Dabei kämen die meisten Kinder mit sehr großer Neugier aus dem Kindergarten. Hier müsse man ansetzen, diese Begeisterung für Technik und Naturwissenschaft zu beflügeln. „Das kann mit mehr Praxis und anschaulichem Unterricht gelingen. Dazu müssen aber die alten Lehrbücher und Lehrpläne revolutioniert werden“, ist Engelbrechtsmüller-Strauß überzeugt. „Und es braucht mehr Interaktion mit Unternehmen, die das Interesse der Kinder und Jugendlichen wecken.“ Auch Social-Media-Plattformen haben das Potenzial, vermehrtes Interesse für MINT-Fächer zu entwickeln.

Große Hoffnungen setzt die Unternehmerin auf die heuer neu ins Leben gerufene MINTality-Stiftung zur Stärkung von Fachkräftepotenzial und Frauenkarrieren in technischen Berufen.

Standortaufwertung

Seit Langem fordert die IV OÖ eine Technische Universität für Linz. Nun wird dieser Wunsch Realität. Die Stahlstadt erhält eine TU für Digitalisierung und digitale Transformation. Errichtet wird sie in unmittelbarer Nachbarschaft zur Johannes Kepler Universität Linz (JKU). „Gerade Oberösterreich ist der Industriestandort Österreichs. Vor allem im technologischen Bereich ist die Dichte an innovativen Unternehmen sehr hoch. Wenn man aber vergleicht, welche Ausbildungen es im universitären Bereich im Umfeld gibt, dann muss man zugeben, dass hier bisher die Ausbildungsmöglichkeiten in Wien und Graz größer und stärker waren als in Linz.“ Betriebe in der Nähe eines solchen universitären Umfeldes haben klare Vorteile, was die Verfügbarkeit von Universitätsabsolventen betrifft. „Daher macht es absolut Sinn, dass sich in Oberösterreich auch so ein Hotspot entwickelt“, zeigt sich Engelbrechtsmüller-Strauß von der neuen TU Linz begeistert. „Damit wird Linz für Professoren und Studierende interessanter. Mit der Unterrichtssprache Englisch wird die TU Linz zudem ein Magnet für internationale Studierende, die dann durchaus bei heimischen Unternehmen anheuern könnten.“ Mit der Spezialisierung auf Digitalisierung hat die TU in Linz auch ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber bestehenden TUs in Wien und Graz. „Weil solche Fachkräfte am Arbeitsmarkt besonders intensiv gesucht werden. Wir brauchen diese Kompetenz nicht nur in der technischen Entwicklung, sondern auch Lösungen in der Anbindung von Hardware und Software“, so die Fronius-Chefin.

Neben Bildung braucht es aber auch attraktive Arbeitsplätze. „Wir befinden uns in einem starken Wandel. Es gibt mehr Jobs als verfügbare Arbeitskräfte am Arbeitsmarkt, daher muss jedes Unternehmen Überlegungen anstellen, wie man sich attraktiv positioniert“, meint Engelbrechtsmüller-Strauß. „Die Arbeitssuchenden sehen sich genau an, ob die Wertvorstellungen der Firma zu den eigenen passen.“

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