Vienna Gold Summit

Warum Gold gerade in Krisenzeiten glänzt

Gerhard Starsich, Generaldirektor Münze Österreich AG, berichtet seit Ausbruch der Corona-Krise von bis heute anhaltenden Rekordumsätzen im Unternehmen.
Gerhard Starsich, Generaldirektor Münze Österreich AG, berichtet seit Ausbruch der Corona-Krise von bis heute anhaltenden Rekordumsätzen im Unternehmen.Münze Österreich
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„Goldrausch“. Steigende Preise und eine stark wachsende Nachfrage kennzeichnen den Goldmarkt seit vielen Jahren. Ein Blick auf das weltweite Marktgeschehen und die Entwicklung in naher Zukunft.

Es war im August 2020, als der Goldpreis erstmalig in seiner Geschichte über die Marke von 2000 US-Dollar kletterte. Als Treiber für die Entwicklung stark ansteigender Goldpreise, die bereits Anfang der 2000er-Jahre ihren Ausgang nahm, galt vor zwei Jahren vor allem die Corona-Krise. Der Grund: Wenn an den Aktienbörsen die Kurse fallen, rücken greifbare Sachwerte in den Vordergrund. Das Interesse an Edelmetallen als Anlageform, insbesondere Gold, ist bis heute nicht abgeflaut. Im Gegenteil.

Ökonomische Faustregel

Den Zusammenhang zwischen Krisenzeiten und Goldpreis bzw. -nachfrage errechneten und dokumentierten 2020 Analysten des US-Bankhauses Goldman Sachs. Laut den FinanzexpertInnen korrelierte Gold in den vorangegangenen fünf Jahren mit den Aktienmärkten in den USA, Deutschland, Japan und in den großen Emerging Markets jeweils deutlich negativ.

Zu tun hat dies mit den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in ökonomisch schwierigen Phasen, wie James Steele, seit 16 Jahren leitender Edelmetallanalyst der britischen Großbank HSBC, erläutert: „Steigt die Verschuldung von Privatpersonen, Unternehmen, aber vor allem von Staaten, werden die Finanzmärkte normalerweise unruhig. Wenn Regierungen mehr Geld ausgeben als sie es sich leisten können, steigt die Staatsverschuldung. Und was wir seit COVID und auch schon während der globalen Finanzkrise gesehen haben, war ein gleichzeitiger Rückgang der realen Zinssätze bei einer Erhöhung der Staatsausgaben.“ Bei negativen bzw. fallenden Realzinsen – also wenn die Inflationsrate höher als der Zinssatz der Veranlagung ist – und ansteigenden Verschuldungsraten kommt laut Steele eine ökonomische Faustregel zu tragen: „Diese beiden Umstände wirken sich fast immer sehr positiv für die Entwicklung der Nachfrage nach Gold und des Goldpreises aus.“

Geopolitische Faktoren

Folgt man den Ausführungen von Steele, der bei HSBC verantwortlich für die Erstellung mikro- und makroökonomischer Berichte über die Gold-, Silber-, Platin- und Spielmärkte zeichnet, hat auch die aktuelle geopolitische Krise spürbare Einflüsse auf den Goldmarkt. „Die meisten Gold-Rallyes wurden von einem starken Anstieg der Energiepreise begleitet. Und derzeit, da Öl zum ersten Mal seit vielen Jahren weit über 100 Dollar pro Barrel liegt, verzeichnen wir einen deutlichen Anstieg nicht nur beim Öl, sondern auch bei anderen Rohstoffen.“ Russland sei der weltweit größte Exporteur von Weizen, und die Ukraine der zweitgrößte Weizenexporteur der Welt. Steigende Lebensmittel- und Energiepreise würden Schwierigkeiten auf geopolitischer Ebene kreieren, die wiederum den Goldpreis nach oben treiben.

Will man den Goldmarkt und seine Entwicklung seriös beurteilen, müssen laut Steele demnach makroökonomische Faktoren ebenso ins Kalkül gezogen werden wie Risiken auf geopolitischer Ebene. Zu beleuchten sind Fragen wie: Wie entwickeln sich aufgrund von Pandemie oder Krieg Rohstoffpreise und wie reagiert man in der Weltgemeinde darauf? Wird die Geldpolitik gelockert und die Geldmenge ausgeweitet oder wird sie gestrafft? Steigen oder fallen Zinssätze? Bei alldem gilt: Niedrigere Zinssätze, die höhere Inflation, das größere geopolitische Risiko und die schwächeren Aktienmärkte sind tendenziell Treiber des Goldpreises. Zudem muss laut Steele ein Blick auf die Mikroebene geworfen werden. Wie hoch ist die physische Nachfrage nach Gold und Silber? Wie hoch ist die Nachfrage nach Schmuck? Wie viel kommt aus den Minen? „Erst wenn man all diese Fakten zusammenfügen kann, bekommt man eine Idee für die Richtung, die der Goldmarkt künftig einschlagen wird.“

Zinsen versus Inflation

Was die Entwicklung von Goldpreis und Nachfrage in der nahen Zukunft betrifft, wagen Fachleute derzeit noch keine exakten Prognosen. Beim World Gold Council geht man 2022 aufgrund der Rahmenbedingungen grundsätzlich von einer ähnlich positiven Dynamik für die Goldnachfrage wie im vorigen Jahr aus. Als einzige mögliche Einschränkung wird die Tendenz zu steigenden Zinsen gehandelt. So schildern die Analysten der Branchenorganisation in ihrem Jahresausblick die Situation insgesamt als ambivalent: Die hohe Inflation treibt Nachfrage und Preis, während steigende Zinsen anderen Anlagen wie Staatsanleihen im Vergleich zum zinslosen Gold wieder interessanter machen. Zugleich würde die Zinswende den Dollar verteuern, was dem in Dollar gehandelten Gold in anderen Währungsräumen etwas an Attraktivität nehmen könnte.

Auch HSBC-Chefanalyst sieht eine komplexe Gemengelage: „Die Ära des billigen Geldes und der Staatsausgaben ist vorbei. Die amerikanische Federal Reserve hat bereits begonnen, die Zinsen zu erhöhen. Das könnte einen großen Gegenwind für steigende Gold- und Silberpreise darstellen, denn wir sind der Ansicht, dass die Fed die Zinssätze in diesem und im nächsten Jahr weiter anheben wird.“

Hoch nachgefragte Anlageform

Fakt ist zugleich: Die Nachfrage nach Gold ist aktuell ungebrochen stark. 2021 betrug sie rund 4021 Tonnen, was einen Anstieg gegenüber 2020 von sieben Prozent bedeutete. Die vom World Gold Council erhobenen Zahlen aus dem Bericht „Gold Demand Trends Full Year 2021“ gelten als Beleg für die Stärke des Edelmetalls als Inflationsschutz und Wertspeicher in den Augen vieler Investoren. Wachsendes Interesse am Kauf von Gold bewiesen in den letzten beiden Jahren zum einen die Zentralbanken, die gemäß dem Bericht ihre Zukäufe im Vergleich zu 2020 um 82 Prozent gesteigert haben, überwiegend zur Diversifizierung ihrer Währungsreserven.

Eine bedeutende Rolle kommt auch den Privatanlegern zu. Davon kann man etwa bei der Münze Österreich Zeugnis ablegen. Bereits im März 2020, also am ersten Höhepunkt der Corona-Krise, bedeutete der Verkauf von 335.000 Unzen Gold (entspricht einer Masse von rund 10,4 Tonnen) eine Verzehnfachung des üblichen Verkaufsvolumens und ein Rekordergebnis in der Geschichte des Unternehmens. Und die Nachfrage nach physischem Gold in Münzen- oder Barrenform will auch 2022 nicht nachlassen, im Gegenteil. „Seit Monaten produzieren wir im Dreischichtbetrieb, und alles, was wir produzieren, wird sofort verkauft“, sagt Generaldirektor Gerhard Starsich. Im ersten Halbjahr des laufenden Jahres habe es bei der abgesetzten Goldmenge eine Steigerung um 25 Prozent gegeben. Beim Umsatz fiel das Ergebnis aufgrund der Preissteigerungen noch besser aus.

Laut Starsich könnte die Münze Österreich aktuell fünfmal so viel verkaufen. Die hohe private Nachfrage erklärt man sich nicht zuletzt mit den Vorteilen im Vergleich zu anderen Alnlageformen. Nicht jeder Privatier könne sich Immobilien leisten und viele schrecken vor dem Risikogeschäft mit Aktien zurück. Gold, so Starsich, biete den historisch belegten Vorteil der Wertstabilität und jenen der Liquidität, da es jederzeit zurück in Geld getauscht werden kann. Gold sei zudem ideal für Kleinanleger. Wer etwa für seine Pension vorsorgen oder für sein Enkelkind regelmäßig etwas auf die Seite legen will, kann regelmäßig eine Goldmünze ankaufen, ohne zu tief ins eigene Portemonnaie greifen zu müssen.

HÖRTIPP:PODCAST

Zum Nachhören aus der Münze Österreich Podcastserie „Anleger Spezial“: Interview mit James Steele, leitender Edelmetallanalyst der britischen Großbank HSBC.

gerstl-marie.podigee.io/3-anlegerspezial-james-steel

MÜNZE ÖSTERREICH AG

Die Münze Österreich AG, deren Aufgabe in der Verarbeitung von Edelmetallen und der Herstellung von Münzen liegt, ist seit 1988 ein 100-prozentiges Tochterunternehmen der Oesterreichischen Nationalbank und blickt auf eine über 825-­jährige Geschichte zurück. Sowohl Produktion als auch Verwaltung sind im Herzen von Wien am Heumarkt untergebracht. Rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind derzeit für die Münze Österreich AG tätig und ­produzieren rund 325 Millionen Münzen pro Jahr. Als Global Player gehört das Unternehmen zur Weltelite der Münzprägestätten.

www.muenzeoesterreich.at

INFORMATION

Der Vienna Gold Summit ist eine Veranstaltung von „Die Presse“ und Münze Österreich AG.


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