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Branchengespräch

Nachhaltigkeit als New Normal

Unter der Leitung von Jakob Zirm, stv. Ressortleiter Wirtschaft, wurde angeregt diskutiert.
Unter der Leitung von Jakob Zirm, stv. Ressortleiter Wirtschaft, wurde angeregt diskutiert. (c) Günther Peroutka
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Trend. Um dem Ziel des Klimaschutzes und der CO2-Senkung näher zu kommen, müssen die Regularien schrittweise umgesetzt werden, damit sich Nachhaltigkeit künftig als das New Normal etablieren kann.

Sowohl beim Neubau als auch bei Bestandsmodernisierungen wird es künftig immer wichtiger, die ESG-Standards zu erfüllen. Die Umsetzung der Anforderungen anhand der sechs definierten Kriterien gilt als eine der größten Herausforderungen der europäischen Immobilienbranche der kommenden Jahre. Mittlerweile gibt es Full-Service-Agenturen, die den Nachhaltigkeitsnachweis übernehmen. Trotz diverser Zertifikate und Gütesiegel gibt es aber noch keinen verbindlichen Standard, wie das nachhaltige Gebäude auszusehen hätte.

„Wir haben 2021 das erste Wohngebäude Österreichs durch die ÖGNI nach den EU-Taxonomie-Kriterien zertifizieren lassen“, erzählte Czapek. Für ihn sei es das einzige System, das allen Aspekten des nachhaltigen Bauens eine gleich große Bedeutung zumisst. Zudem werde es laufend an aktuelle Standards und neueste Erkenntnisse angepasst. „Wir versuchen die Anforderungen mit unserem Team so weit wie möglich im Vorfeld zu prüfen“, berichtete Speiser, „und lassen unsere Objekte dann ebenfalls durch die ÖGNI zertifizieren.“

Nach der im April vorgelegten Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU müssen ab 2024 auch kleinere kapitalmarktorientierte Unternehmen entsprechende Kennziffern vorlegen. „Daher sind wir gerade am Evaluieren, nach welcher Zertifizierung wir in zwei Jahren unsere Gebäude prüfen lassen“, so Bauernfeind.

Adaptierung des Bestandes

„Die Schwierigkeit bei der Zertifizierung nach der EU-Taxonomie ist vor allem, den Bestand zu adaptieren“, gab Bauernfeind zu bedenken. „Gerade die Umstellung der Heizsysteme kann zu hohen Kosten führen.“ Betrachtet man jedoch den gesamten Zyklus eines Hauses, ist für den Eigentümer oder Nutzer die Investition dennoch sinnvoll. „Wie gesagt, die Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien ist in den letzten Jahren gestiegen“, sagte Speiser. „Interessierte sind bereit, mehr zu zahlen, wenn sie darauf vertrauen können, dass es sich auch tatsächlich um ein energieeffizientes und nachhaltiges Gebäude handelt.“ Das Argument überzeugte Bauernfeind nicht ganz. „Ist es nicht vielmehr so, dass die Menschen bereit sind, mehr zu bezahlen, weil sie davon ausgehen, sich laufende Kosten zu ersparen?“, hinterfragte sie.

Hier gelte es aber zu unterscheiden, warf Czapek ein. „Bei einem neuen Gebäude habe ich primär weniger Aufwand, es zu beheizen. Aufgrund der steigenden Energiepreise sind die Kosten zurzeit dennoch hoch. Einen Vergleich aufzustellen, erweist sich daher als sehr schwierig, da die weitere Preisentwicklung schwer einschätzbar ist.“

Speiser bemerkte: „Sind aktuelle Energiesysteme wie Wärmepumpen und PV-Anlagen bereits im Gebäude integriert, lassen sich schon jetzt die laufenden Energiekosten erheblich senken.“ Czapek erwiderte: „Es könnte aber in fünf Jahren wieder effizientere Systeme geben. Das erschwert es, die Nachhaltigkeit eines Gebäudes über den gesamten Lebenszyklus zu definieren.“ „Aufgrund der steigenden Kosten wird jede Investition, die man tätigt, natürlich sehr knapp kalkuliert“, sagte Bauernfeind. Speiser ergänzte: „Man muss bereits in der Akquisition umfangreich und gewissenhaft auf Nachhaltigkeitsanforderungen achten. In der Projektentwicklung stellen wir uns bei Winegg mit dem gesamten Know-How dieser spannenden Herausforderung, um nachhaltigen Lebensraum zu entwickeln.“ Die Finanzierung von nachhaltigen energieeffizienten Immobilien ist mittlerweile zum wesentlichen Kostenpunkt geworden.

Bisher war die Finanzierung von niedrigen Leitzinsen geprägt. Aktuell müssen die höheren Investitionskosten berücksichtigt werden. Durch die langen Genehmigungsprozesse werden diese beim jetzigen Zinsniveau recht kostspielig. „Wir wünschen uns daher von den Behörden, Baugenehmigungen schneller zu bewilligen“, bekräftigte Speiser.
Wie breit das Thema Nachhaltigkeit heute gedacht wird, zeigt sich letztlich nicht nur in den Maßnahmen zur Erfüllung der gesetzlichen Nachhaltigkeitskriterien, sondern auch in den Erwartungen der Investoren und Kunden an die ESG-Kriterien der Unternehmen selbst. Vertreten diese ihre Werte, profitieren sie davon ebenso wie ihre Anleger. „Wir leben Nachhaltigkeit so weit wie möglich auch in unserem Unternehmen und erwarten verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen auch von unseren Mitarbeitern“, so Bauernfeind.

Teil der Unternehmenskultur

„Unsere Nachhaltigkeitsstrategie ist auf der Homepage nachlesbar, da wir auch gesetzlich dazu verpflichtet sind“, berichtete Peter Czapek. „Zusätzlich haben meine Mitarbeiter Zielvereinbarungen. Damit ist Nachhaltigkeit Teil unserer Unternehmenskultur.“ Auch bei Winegg gibt es diese Regulatoren, denn Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Aspekt unserer Firmenphilosophie und Grundwerte.

Was ist die Taxonomie-Verordnung?

Als Teil des EU-Green-Deals ist die Taxonomie-Verordnung ein Klassifizierungssystem mit sechs Umweltzielen, das bereits 2020 in Kraft getreten ist. Die Verordnung enthält Bedingungen, wann eine Wirtschafts-tätigkeit als ökologisch nachhaltig betrachtet wird und wann nicht. Die Verordnung soll auch Bürgern und Kleinanlegern zur Orientierung dienen, ob Unternehmen sich ehrlich um nachhaltiges Wirtschaften bemühen oder Greenwashing betreiben. Dazu wurden sechs Umweltziele definiert, an denen sich die Bewertung für die EU-Taxonomie orientiert:

  1. Klimaschutz
  2. Anpassung an den Klimawandel
  3. Nachhaltige Nutzung von Wasser- und Meeresressourcen
  4. Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft
  5. Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung
  6. Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität

Die jeweiligen Kriterien für jedes dieser Umweltziele wurden in gesonderten Verordnungen definiert.

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