Was wurde aus ... der Antiautoritären Erziehung?

wurde Antiautoritaeren Erziehung
wurde Antiautoritaeren Erziehung(c) BilderBox (Erwin Wodicka)
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In den 1970er Jahren war sie en Vogue, heute wird sie eher belächelt. Doch die Antiautoritäre Erziehung hat Spuren hinterlassen - auch jenseits von tobenden Kindern, Chaos und Laissez-faire.

Wer kennt sie nicht – die unvermindert weiter herumtobenden Kinder. Und das müssen natürlich auch nicht immer die eigenen sein. Es ist 16 Uhr. Weggehen wollte die Familie gegen drei. „Das kommt davon, das hast du von deiner antiautoritären Erziehung!“ Eine klassische Fehleinschätzung? – auf jeden Fall eine häufige.

Das Gute im Kind

Die Antiautoritäre Erziehung geht auf mehre Väter zurück. Am meisten beeinflussten sie wohl Alexander Sutherland Neil und Befreiungspädagogen wie Paulo Freire oder Ivan Illich. Neil ist einer breiteren Öffentlichkeit durch seine „Summerhill“-Schule bekannt. Nach erfolglosen Versuchen in Deutschland und dann in Österreich konnte er sie schlussendlich 1923 in England gründen. Die Schule war für ihn ideale Umsetzung seiner pädagogischen Ansätze.

Neils Hauptaussage war mehr oder weniger, dass Kinder von sich aus als „gut“ und lernwillig geboren werden. Das Gute im Kind würde im Laufe einer autoritären Erziehung mit für ihn antiquierten Erziehungszielen abgetötet. Beispiele sind Gehorsam, die Tauglichkeit zum Krieg sowie verschiedene „Männlichkeitsideale“.

Laissez-faire und Chaos?

Die Lernbereitschaft werde vor allem durch das geltende Schulsystem gelähmt, so Neils Ansicht. Das Kind lerne für die Schule statt für das Leben. Inmitten von Noten und der Angst vor Sanktionen verliere es die natürliche Lust am Lernen. Ein „freies“ Kind, das früher oder später seine Bestimmung zum Künstler, Arzt oder Sprachforscher entdeckt, „sauge“ das nötige Wissen dagegen ganz natürlich und von sich auf.

Diese Ansätze sind knapp hundert Jahre alt und verdeutlichen die Grundauffassung der etwa Mitte der 50er Jahre entstandenen Antiautoritären Erziehung. Der Begriff wiederum lässt Interpretationsspielraum zu. Allzu leicht wird die Antiautoritäre Erziehung mit der Laissez-faire-Pädagogik verwechselt und insofern mit Chaos assoziiert.

Gemeint war sie dagegen als Diskussionsgrundlage für eine demokratische Form der Erziehung und steht damit im Gegensatz zu einer autoritären Erziehung mit überholten Zielen. Rasch wurde aus der Antiautoritären Erziehung ein Kampfbegriff gegen die bürgerliche Autorität. Reaktion und Gegenreaktion blieben nicht aus.

Begriffsverwirrung

In den 80er Jahren hat man sich schließlich von dem Begriff der Antiautoritären Erziehung verabschiedet. Ihre Ziele – eine Erziehung zu selbstbewussten, kreativen, gemeinschafts- und konfliktfähigen Persönlichkeiten – sind heute aber eine Selbstverständlichkeit. Bloß der Begriff hat sich geändert: Statt antiautoritärer spricht man heute eher von „emanzipatorischer“ Erziehung.

Nun zurück zu den unermüdlich tobenden Kindern: Nein, es ist nicht demokratisch wenn Kinder zu aller Zeit das machen, was sie gerade wollen. Und Nein, das ist dann auch nicht Antiautoritäre Erziehung, das ist einfach nur schlechte.

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