Zitate
Eine Beziehung mit Hindernissen
ÖVP-Chefin Mikl-Leitner und FPÖ-Obmann Landbauer hegen wenig verbale Sympathie füreinander, regieren wollen aber beide.

In Niederösterreich naht eine schwarz-blaue Zusammenarbeit – begleitet von Protesten, offenen Briefen, in denen gegen die Kombination von ÖVP und FPÖ gewettert wird, und einer Portion Verwunderung. Denn: In den Jahren und Tagen vor der Wahl war die Beziehung zwischen Johanna Mikl-Leitner und Udo Landbauer allem voran durch Unfreundlichkeiten geprägt. Ein Rück- und Überblick.
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Während sich die 59-jährige Landeshauptfrau Mikl-Leitner bereits seit dem Jahrtausendwechsel auf dem spitzenpolitischen Parkett bewegt, enterte der heute 36-jährige Landbauer dieses im Vorfeld der Landtagswahl 2018. Rasch wurde die Landeshauptfrau vom damaligen blauen Spitzenkandidaten als Reibebaum auserkoren. Mikl-Leitner sei eine "Moslem-Mama", die den "Auftrag zur Islamisierung unserer Kleinsten" gebe, war eines der ersten Zitate Landbauers in Richtung der Amtsinhaberin.
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Rund um die in der Woche vor der Landtagswahl 2018 aufgepoppte sogenannte NS-Liederbuchaffäre in der Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt - Landbauer wurde später als Zeuge einvernommen, ein Ermittlungsverfahren im August 2018 wurde eingestellt - geriet dann der Freiheitliche ins Visier von Mikl-Leitner. "Wer den Ruf Niederösterreichs schädigt, kann kein Partner sein", schloss sie damals eine Zusammenarbeit dezidiert aus. Verlangt wurden zudem "eine klare Distanzierung und volle Aufklärung".
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Genau diese Causa sollte das nunmehr mögliche Regierer-Gespann im Vorfeld der Landtagswahl am 29. Jänner 2023 erneut einholen. Ende 2022 waren Vorwürfe gegen ORF-NÖ-Landesdirektor Robert Ziegler aus dessen Zeit als Chefredakteur bekannt geworden. Dieser soll sich immer wieder massiv für TV-Präsenz von Mikl-Leitner eingesetzt haben, was er bestreitet. So war Mikl-Leitner etwa am Vorabend der Landtagswahl in der ORF-Sendung „Niederösterreich heute“ zu sehen und erklärte dort, dass es mit Landbauer „keine Basis für eine Zusammenarbeit“ gebe. 2023 damit konfrontiert, bestritt Mikl-Leitner eine Beratung seitens Ziegler.
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Die Landeschefin habe "das Vertrauen jeder einzelnen Wählerin und jedes einzelnen Wählers eiskalt missbraucht", sagte der Obmann der Landes-FPÖ in einer Pressekonferenz: "Wer einen solchen Charakter hat, der hat nichts an der Spitze eines Landes verloren." Und: "Der tiefe schwarze Staat zieht sich von der Gemeinde über das Land bis tief hinein in die Regierungsbüros", meinte er weiters. Mikl-Leitner sei "die Drahtzieherin dieses System".
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Generell waren vor allem die Wochen vor der diesjährigen Landtagswahl von Angriffen Landbauers auf die Landeshauptfrau geprägt. Mikl-Leitner wurde als "Mutter der Impfpflicht" bezeichnet, ihr Konterfei war - negativ konnotiert - auf Wahlplakaten der Freiheitlichen zu sehen. In Richtung der Landeshauptfrau adressiert wurde das Attribut "sozialpolitischer Eiskasten", auch "Mikl-Leitner muss weg" war von Landbauer zu hören.
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Noch bei der Wahlkampf-Schlussveranstaltung in St. Pölten konstatierte Landbauer, dass die Landeschefin "die Wähler für dumm" verkaufe. Am 29. Jänner war dann - nach einem FPÖ-Rekordergebnis im Bundesland - das "System Mikl-Leitner" gebrochen - und Landbauers "zweitschönster Tag im Leben nach der Geburt meiner Tochter". (Bild: Landbauer am Wahlsonntag mit FPÖ-Bundesparteichef Herbert Kickl)
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Immer wieder schlossen die Freiheitlichen bisher aus, Mikl-Leitner bei der konstituierenden Landtagswahl am 23. März zur Landeshauptfrau zu wählen. So sagte Landbauer etwa im „Presse“-Interview vor der Landtagswahl: „Da die Politik von Johanna Mikl-Leitner die definitiv falsche und schlechteste ist“, habe er kein Interesse an einer Zusammenarbeit. Auf die Nachfrage, ob er also eine schwarz-blaue Koalition ausschließe, antwortete er: „Mit Johanna Mikl-Leitner wird das so nicht funktionieren.“
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Quasi abgerungen wurde Landbauer ein positives Statement über die Landeshauptfrau am 25. Jänner im Rahmen der Schlusskategorie "Sag etwas Nettes" der Elefantenrunde von Puls 24 und Krone TV. Der niederösterreichische FPÖ-Chef attestierte Mikl-Leitner - leicht gequält - eine "lange politische" Karriere und entsprechendes Durchhaltevermögen.
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Nach der Wahl blieben die Fronten verhärtet - zunächst. Als die ÖVP den Stopp der Gespräche mit der SPÖ verkündete und die FPÖ zu Verhandlungen einlud, forderte Landbauer von Mikl-Leitner ein Bekenntnis ein: Durch den "Corona-Wahnsinn" seien Milliarden vernichtet und viel Porzellan zerschlagen worden, kritisierte der Blaue. "Die ÖVP muss vom Corona-Saulus zum Corona-Paulus werden", forderte Landbauer "schonungslose Aufarbeitung", Rückzahlung von Corona-Strafen und ein "Ende der Diskriminierung von Ungeimpften in allen Bereichen".
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Mikl-Leitner kam der Forderung tags darauf tatsächlich nach: "Ich lasse uns nicht nachsagen, wir würden uns wegen einer einfachen Entschuldigung dafür, dass wir als Verantwortungsträger dem ärztlichen Rat gefolgt sind, eine Zusammenarbeit fürs Land verunmöglichen", sagte die Landeshauptfrau. Zugleich verlangte sie aber auch von Landbauer Bewegung: Um gemeinsam regieren zu können, müssten Kompromisse "von beiden Seiten" gemacht werden. Eine Versöhnung klingt vermutlich anders, ist für ein Zweckbündnis aber womöglich nicht nötig.
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