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Geschäftsführerhaftung: Das sollten Sie wissen

Universitätsprofessor Johannes Reich-Rohrwig ist Namenspartner der international  tätigen Anwaltssozietät CMS Reich-Rohrwig Hainz und im  Bereich Wirtschaftsrecht einer der führenden Rechtsanwälte in Österreich.
Universitätsprofessor Johannes Reich-Rohrwig ist Namenspartner der international tätigen Anwaltssozietät CMS Reich-Rohrwig Hainz und im Bereich Wirtschaftsrecht einer der führenden Rechtsanwälte in Österreich.Michael Sazel
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Im Gespräch. CMS-Namenspartner Universitätsprofessor Johannes Reich‑Rohrwig sowie Rechtsanwalt und Partner Arno Zimmermann geben einen Einblick in Aufgaben und Haftungsrisken von Geschäftsleitern.

Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder sind an vorderster Front, wenn es um die Leitung und das Management eines Unternehmens geht. Als wichtigste Akteure sorgen sie für die rechtliche und finanzielle Sicherheit des Unternehmens. Sie sind mit großer Verantwortung betraut – vor allem dann, wenn etwas schief geht. Besonders in Krisenzeiten wachsen die Herausforderungen für Geschäftsführer und ihr Haftungsrisiko steigt, sagt Johannes Reich-Rohrwig von der Rechtsanwaltssozietät CMS.

In Ihren ausführlichen Kommentierungen der Haftung von Geschäftsführern und von Vorstandsmitgliedern, die im Manz Verlag erschienen sind, gehen Sie gezielt auf die zentralen Aufgaben und Haftungsrisiken von Geschäftsführenden und Vorstandsmitgliedern ein. Wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen?

Johannes Reich‑Rohrwig: Geschäftsführer- und Vorstandstätigkeit können eine persönlich sehr befriedigende Tätigkeit sein: Man kann etwas bewegen, Erfolge erzielen, Geld verdienen. Beim Manager sind Können, Kreativität, Weitsicht und organisatorische Fähigkeiten gefragt. Allerdings sollten Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder auch die gesetzlichen Vorschriften – und von denen gibt es zahlreiche, um nicht zu sagen: unüberblickbar viele – kennen. Wer seiner Geschäftsleitungsaufgabe nicht gewachsen ist, kann sich nicht mit unzureichenden Fähigkeiten entschuldigen. Die Judikatur hat hier den Begriff der „Übernahmsfahrlässigkeit“ geprägt.

Was sind die wesentlichen Aufgaben von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern?

Schon bei der Unternehmensgründung – und auch später – besteht die Verpflichtung zur Planung des Unternehmens, etwa anhand eines Business Plans. Der Manager hat für die Erfüllung der betriebswirtschaftlichen Funktionen des Unternehmens, wie Finanz-, Produkt- und Vertriebsplanung, Einkauf, Produktion, Marketing und Verkauf, zu sorgen. Genauso wichtig ist aber auch die Analyse des Ist-Zustandes des Unternehmens und die ständige Verbesserung aller Bereiche, um im Wettbewerb bestehen zu können. Von der Geschäftsführung müssen die Impulse für die Automatisierung, Digitalisierung und die Anwendung neuer Technologien ausgehen.

Sollten Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder Juristen sein, um ihre Aufgaben richtig erfüllen zu können?

Nein, nicht unbedingt. Aber Geschäftsleiter sind in ihrer täglichen Arbeit häufig mit Rechtsfragen konfrontiert. Denken Sie daran, dass gerade die letzten zwei Jahre mit zum Teil explodierenden Rohstoff- und Energiepreisen, Inflation, Störung von Lieferketten vielfach dazu geführt haben, dass Unternehmen ihre Verträge nicht mehr einhalten oder nicht mehr kostendeckend wirtschaften können. Hier ist vielen Managern klar geworden, dass es besser gewesen wäre, von vornherein bei der Vertragsgestaltung kundigen Rechtsrat einzuholen. Oder zumindest im Anlassfall, bei Streitigkeiten mit Lieferanten oder Kunden, ist eine versierte Anwaltskanzlei einzuschalten. Zu den zahlreichen Rechtsfragen, mit denen Manager konfrontiert sind, zählen aber etwa auch das Wettbewerbs- und Kartellrecht, sowie die zahlreichen Verwaltungsvorschriften, ganz zu schweigen vom Steuer- und Sozialversicherungsrecht. In gewisser Weise bin ich geneigt zu sagen, man kann als Manager heutzutage nicht mehr alle für das Unternehmen anwendbaren Rechtsvorschriften kennen. Man muss Mitarbeiter und Berater beiziehen, auf die man sich verlassen kann, die man aber dennoch auch regelmäßig kontrollieren muss.

Haften Manager für unternehmerische Misserfolge?

Soweit Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder nicht klare gesetzliche Verpflichtungen verletzen, sondern „unternehmerische Entscheidungen“ treffen, haben sie einen Ermessensspielraum. Naturgemäß dürfen Geschäftsleiter nicht von vornherein ersichtlich unsinnige oder nachteilige Entscheidungen treffen, und im Falle von Interessenkollisionen haben sie – wenn sie das Geschäft oder die Maßnahme dennoch treffen wollen – die Zustimmung von Aufsichtsrat oder Gesellschaftern einzuholen. Aber andernfalls bietet die vor wenigen Jahren eingeführte Business Judgement Rule den Managern bei „unternehmerischen Entscheidungen“ einen sicheren Hafen für Entscheidungen, die Manager auf Basis angemessener Information treffen: Das heißt, dass dann der Umstand allein, dass sich Entscheidungen nachträglich als nachteilig oder schadensverursachend herausstellen – also wenn das Unternehmerrisiko schlagend wird –, nicht zwingend zur Haftung des Managers führt. Denn das Unternehmerrisiko trägt die GmbH oder Aktiengesellschaft. Den Manager trifft nur die Pflicht zur Einhaltung der situationsadäquaten, nach der Branche und der Größe des Unternehmens gebotenen Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters.

Welche Pflichten treffen den Manager in der finanziellen Krise des Unternehmens?

Die Überwachung des finanziellen Zustands des Unternehmens ist eine der Kernaufgaben der Geschäftsführer. Auch der ressortunzuständige Geschäftsführer bzw. Vorstandsmitglied hat seine Geschäftsführerkollegen diesbezüglich zu überwachen. Diese Pflicht besteht sowohl im Interesse des Unternehmens als auch der Gläubiger. Dementsprechend können die Unterlassung der Einberufung einer Generalversammlung, die Unterlassung der Verständigung des Aufsichtsrats, das Unterlassen sorgfältiger Sanierungsbemühungen und letztlich die Insolvenzverschleppung zur persönlichen Haftung des Managers führen. In der Krise des Unternehmens ist in Anbetracht der ausufernden Pflichten von Managern rechtskundiger Rat besonders zu empfehlen.

Unternehmensgründer: Unterschätzte Haftungsrisiken

Arno Zimmermann ist Partner bei CMS Reich-Rohrwig Hainz und in den Bereichen  Gesellschaftsrecht  sowie Prozessführung und Schiedsverfahren tätig.
Arno Zimmermann ist Partner bei CMS Reich-Rohrwig Hainz und in den Bereichen Gesellschaftsrecht sowie Prozessführung und Schiedsverfahren tätig.Caio Kauffmann

Die Start-up-Szene boomt derzeit auch in Österreich. Bei jungen Menschen sind die finanziellen Ressourcen aber oft begrenzt und das Gründungsteam spart dann oft bei nicht notwendigen Ausgaben wie etwa einer professionellen Rechtsberatung. Kann sich das später rächen?

Arno Zimmermann: Tatsächlich gehen in der Gründungseuphorie und der hoffentlich folgenden Wachstumsphase rechtliche Basics oft unter. Das knappe Kapital wird selten für Rechtsberatung verwendet. Oft sind da schriftliche Verträge Mangelware oder es stellt sich heraus, dass das Unternehmen wesentliche Genehmigungen nicht eingeholt hat.

Wo liegen die gefährlichsten Stolpersteine für junge, unerfahrene Unternehmensgründern?

Achtgeben sollte man jedenfalls beim Einstieg des ersten Investors. Verlangt dieser unüblich großen Anteile am Unternehmen oder nicht marktkonforme Sonderrechte, kann dies ein Start-up bei nachfolgenden Runden blockieren. Im Hinblick auf eine persönliche Haftung heikler sind allerdings Nachlässigkeiten beim Schutz von Immaterialgüterrechten.
Wenn ein Geschäftsleiter Entwicklungen der Gesellschaft teilt, ohne diese zu schützen oder die Anmeldung von Patenten nicht verfolgt, kann das wesentliche Unternehmensvermögen verloren sein. Sehr gefährlich kann auch das Datenschutzrecht werden, sei es, weil mit Daten nicht gesetzeskonform umgegangen wird oder – was auch schon vorkam – sich ganze Geschäftsmodelle als datenschutzrechtlich impraktikabel erweisen.

Können sich Geschäftsführende aufgrund ihrer Rechtsunkenntnis aus der Verantwortung ziehen?

Rechtlich spielen auch Jungunternehmer bei den „Großen“ mit und müssen sich Kenntnis über alle anwendbaren Vorschriften verschaffen. Allerdings gilt, dass dort, wo die Rechtslage unklar ist – man denke nur an neue Technologien wie Blockchain, AI und andere –, diejenigen nicht haften, die eine vertretbare, wenn auch letztlich unrichtige Rechtsansicht vertreten. Ob eine Rechtsansicht vertretbar ist, wird allerdings in der Regel nur ein Rechtskundiger beurteilen können.

Unter Umständen kommt es aufgrund von Unwissenheit auch zu einer verbotenen Einlagenrückgewähr. Worauf muss hier geachtet werden, damit dies nicht passieren kann?

Die Einlagenrückgewähr ist ein Dauerbrenner im österreichischen Gesellschaftsrecht und betrifft vollumfänglich auch Start-ups. Im Kern verbietet sie jede nicht fremdübliche Leistung zulasten der Gesellschaft an Gesellschafter oder Gesellschaftern nahestehende Personen. Die Thematik füllt Bibliotheken, als Faustregel gebe ich Mandanten mit „If you ask yourself whether it’s Einlagenrückgewähr, it probably is“.

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