Josef Pröll tritt zurück. Bei seinem Antritt als ÖVP-Chef galt der Niederösterreicher als Kanzler-Hoffnung. Nun ist der schwarze Traum geplatzt: Nach innerparteilichen Turbulenzen und einer Erkrankung beendet Pröll seine politische Karriere.
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Mit dem Fall Wilhelm Molterers war dann seine Chance für einen Sprung an die Parteispitze gekommen. Am Tag nach der Nationalratswahl 2008, bei der die ÖVP herbe Verluste einstecken musste, wurde Pröll zum neuen Parteichef gekürt.
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Die Welt des Sepp Pröll schien schwer in Ordnung. Von den Medien zum Schattenkanzler hoch stilisiert inszenierte sich der Finanzminister selbst mit einer Art Rede an die Nation, wo er mit dem Transferkonto ein Thema setzte, mit dem er wochenlang die Schlagzeilen mitdominierte. Stimmen aus der ÖVP, wonach man als Vizekanzler in einer Regierung zum Scheitern verurteilt sei, verstummten.
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Doch die Zeiten ändern sich. Die Wirtschaftskrise inklusive Bankenrettungspaket kratzte Pröll weniger an als das Comeback des Kanzlers. Mit dessen sozialer Gerechtigkeitskampagne geriet Pröll in die Defensive. Der Finanzminister stand plötzlich nur noch als Verkünder düsterer Sparpakete da, der Kanzler ging bei allem in Deckung, was irgendwie unangenehm klang. Hinzu kam ein schlechtes Wahljahr 2010 - die Steiermark wurde nicht zurückerobert, in Wien ging es so tief wie nie und auch das Burgenland lieferte keinen rauschenden Erfolg.
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Erschwerend für Pröll: er hatte parteiintern einen mächtigen Zweifler dazubekommen. Onkel Erwin war sauer, dass der Neffe seine mögliche Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl unterlaufen hatte. Seither gilt das Verhältnis als gespannt. Und auch inhaltlich hatte der einst liberale Reformer Pröll seine Nöte, die Partei etwa im Bildungsbereich in modernere Zeiten zu holen. Das Bild in der Öffentlichkeit blieb: wenn was geht, dann geht es nur mit, aber nie gegen die schwarze Lehrergewerkschaft.
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Schwer tat sich Pröll auch mit der Personalauswahl. Sowohl sein Generalsekretär Fritz Kaltenegger als auch Klubobmann Karlheinz Kopf gelten in der Partei mittlerweile als Schwachstellen. Nicht gerade bewährt hat es sich auch, mit Bawag-Richterin Claudia Bandion-Ortner eine politische Quereinsteigerin ins Justizressort zu holen. Und schließlich war die EU-Spitzenkandidatur Ernst Strassers, der mit seinem jüngsten Lobbyisten-Skandal die ÖVP so richtig in die Krise gestürzt hat, einsam auf Prölls Mist gewachsen.
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Was neben dem gesundheitlichen Aspekt - immerhin hatte der scheidende VP-Chef schon früher mit einer Thrombose zu kämpfen - Prölls Lust auf eine weitere Polit-Karriere gedämpft haben dürfte, ist eben der aktuelle Zustand der Partei. In den Umfragen war man zuletzt nach dem Strasser-Skandal fast überall auf Platz drei hinter die Freiheitlichen abgerutscht. Ein Neustart, auch personell, scheint notwendig, und solch ein zeitintensives Unterfangen wäre für einen gesundheitlich angeschlagenen Obmann sicher nicht die beste Medizin.
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Die einstige Kanzler-Hoffnung der ÖVP geht
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