Gestologie-Experte Willfred Hartig zeigt, welche häufigen Haltungsfehler und Gesten man vermeiden sollte: Wippen auf den Fersen oder Fußballen ist beispielsweise ein Stress-Signal. Auch Abheben mit einem Bein, als ob man Seitenwind bekäme, sollte unterbunden werden. Es ist ein Schutz-Reflex und als Fluchtbewegung zu deuten.
Beide Beine sollten am Boden bleiben, Spiel- und Standbein sollten nicht zu erkennen sein. Hebt man ein Bein oder klammert man sich verkrampft am Pult fest, so ist das als Zeichen von Unruhe und Instabilität zu deuten. Auch das Überkreuzen der Beine (bedeutet Unsicherheit und Ängstlichkeit), ein Bein über das andere zu schlagen oder sich mit den Zehenspitzen abzustützen (beides Zeichen von Unbeholfenheit) ist zu vermeiden.
Verkrampftsein und Kontaktschwierigkeiten drückt die sogenannte "Torwartpose" aus. Beide Hände fest verkrampft als Genitalschutz zu positionieren ist repressiv-autoritäres Gehabe und bringt Aggressionsstau mit sich. Auch das Verschrenken der Hände am Rücken sollte vermieden werden: Es zeigt, dass der Redner verkrampft und gehemmt ist und bedeutet Passivität und Zurückhaltung.
Die richtige Haltung: Das Körpergewicht auf beide Beine gleichmäßig aufteilen, die Füße hüftbreit postiert und die Knie druchgedrückt ist die ideale Grundhaltung am Pult. Vier bis fünf Minuten sollte man in dieser Position stehen, danach kann man einen Schritt auf das Publikum zugehen oder rückwärts machen. Ständiges Hin- und Hergehen wirkt jedoch instabil.
Sich über die Stirn und Augen wischen ist ebenso Zeichen eines Spannungsstaus wie mit den Händen durch die Haare fahren. Beides sind Stress-Signale und Schutzreflexe.
Sich mit der Hand über den Mund zu wischen ist eine Rückzieher-Geste, eine Geste des Ungeschehen-Machens und der Zurücknahme und sollte daher vermieden werden. Auch die Nase sollte unberührt bleiben: Mit der Hand über den Nasenrücken wischen oder die Nase zu reiben signalisiert Unstimmigkeit und unterschwellige Ablehnung.
Herumwedeln mit abgenommener Brille sollte unterlassen werden. Es zählt zu den Fluchtbewegungen und Schutzreflexen und ist ein Stresssignal. Das bewusste Ab- und Aufsetzen der Brille kann hingegen ein Hinweis auf eine bedeutungsvolle Aussage sein.
Keinesfalls sollte der Kopf zu hoch getragen werden. Man verliert so den Kontakt zum Publikum und erweckt den Anschein der Hochnäsigkeit und Arroganz. Auch das Neigen des Kopfes nach links oder rechts ist zu unterlassen. Dabei wird die Zielgruppe verfehlt, und zudem der Anschein von Unsicherheit und Unentschlossenheit erweckt.
So schaut die wirksamste Kopfhaltung aus, um den Blickstrahl und damit die Botschaft beim Zuschauer ankommen zu lassen: Den Kopf gerade halten, das Genick leicht vorbeugen (nur im Stand, Publikum sitzt) und dem Publikum zuneigen.
Viele Fehler passieren auch bei der Handhaltung: Die Finger beider Hände miteinander verzahnen oder verkrampfen ist ein Stress-Signal und führt zu einem Spannungsstau. Zudem wird dabei die Gestik blockiert.
Beide Arme vor der Brust verschränken, also in die Barriere-Pose zu gehen, sollte vermieden werden: Es ist eine Abwehrhaltung oder signalisiert Schüchternheit und Unsicherheit. Mit dieser Geste signalisiert man nonverbale Verneinung.
Wer beide Hände in den Hosen vergräbt, will Sicherheit vortäuschen oder demonstriert Desinteresse. Auch das in die Hüfte-Stemmen beider Hände sollte man unterlassen, es ist als Imponier-Gehabe einzuordnen und wird als Drohgebärde verstanden.
Das Zurechtziehen des Gürtels (mit einer Hand) beziehungsweise die Hand an den Gürtel zu legen kann - sinnvoll eingesetzt - ein sehr positiv wirksames Signal sein. Es ist eine Bereitschaftsgeste, sie signalisiert: Alles unter Kontrolle, bereit zur Aktion. Beide Daumen hinter den Gürtel zu stemmen sollte hingegen unterlassen werden. Diese Balzgeste ist ein sexuelles Körpersignal und eine verdeckte Aufforderungsgeste.
Dsa Zurechtrücken der Krawatte ist ebenfalls eine Geste mit zum Teil hohem Aufmerksamkeitswert. Es ist ein Hinweis an das Publikum, dass ein eine bedeutsame Aussage folgt. Bewusstes Ab- und Aufsetzen der Brille ist eine Variante dieser Geste.
Willfred P. E. Hartig ist seit 1968 als Redelehrer, Vortragender, Verhandlungstrainer, Medienberater, Fachbuch-Autor und Privatgelehrter tätig. Seine 60-jährige Lehr-Erfahrung - davon 40 als freiberuflicher Dozent - macht ihn zu einem der erfahrensten Rhetorik-Trainer im deutschen Sprachraum. Umfangreiche Tipps fürs Gestikulieren finden Sie seinem 2010 im Eigenverlag erschienenen Buch "Moderne Gestologie".
Worauf man beim Gestikulieren achten soll
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