Rot-Weiß-Rot-Card: „Zuzug ist Angstthema“

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Ab heute gilt Rot-Weiß-Rot-Card für Zuwanderer. In der Wirtschaftskammer schüttelt man darüber den Kopf. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), wirbt für Verschärfungen im Fremdenrecht.

Wien/Ett. Österreich sucht sich ab heute, Freitag, mit einem Punktesystem aus, welche Ausländer aus Nicht-EU-Staaten mittels Rot-Weiß-Rot-Card zuwandern. Während die Regierung, namentlich Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), zwar Verschärfungen im Fremdenrecht (Anwesenheitspflicht für Asylwerber, Deutsch vor Zuzug) ab 1. Juli in Inseraten bewirbt, ging das neue Punktemodell völlig unter.

In der Wirtschaftskammer schüttelt man darüber den Kopf. Die Regierung kämpft ohnehin mit dem Ruf, sie bringe nichts weiter. Dabei sei das Punktesystem „das Beste, was die Regierung in den vergangenen Monaten gemacht hat, aber sie kommuniziert es nicht“, bedauert der Leiter der Sozialpolitischen Abteilung in der Kammer, Martin Gleitsmann, im Gespräch mit der „Presse“. Sein Nachsatz: „Schade.“

Für ihn ist das Totschweigen unverständlich, weil er weiß, dass andere EU-Staaten Österreich um das Modell beneiden. Seine Begründung für diese Defensive der Regierung: „Es gibt noch immer einen sehr verkrampften Zugang zum Thema Migration, es ist ein Angstthema.“

Was gilt ab 1. Juli?

• Besonders Hochqualifizierte aus Nicht-EU-Staaten erhalten bei Österreichs Vertretungen im Ausland ein Visum und können ohne konkretes Jobangebot nach Österreich kommen, um binnen sechs Monaten einen adäquaten Job zu finden. Sie müssen mindestens 70 von 100 Punkten eines Kriterienkatalogs erfüllen. Dann gibt es die Rot-Weiß-Rot-Card.

• Schlüsselkräfte müssen eine fixe Jobzusage haben und 50 von 75 Punkten erreichen. Für diese Stelle darf es keine inländische Arbeitskraft geben.

• Für Mängelberufe gilt die Neuerung erst ab Mai 2012, bis dahin wird in Österreich eine Liste für solche Berufe erstellt.

Familienbeihilfe nur mehr bis 24

Dazu kommt, dass Uniabsolventen aus Nicht-EU-Staaten nach Studienabschluss sechs Monate zur Jobsuche bleiben dürfen. Gleitsmann: „Ein ganz wichtiger Punkt, dass wir Leute, die wir in Österreich qualifizieren, nicht nach Hause schicken.“
•Im Gegensatz dazu gilt die neue Anwesenheitspflicht für Asylwerber: Diese müssen für eine Abklärung bis zu sieben Tage in Erstaufnahmezentrum bleiben.
•Unabhängig davon tritt für Österreicher eine heftig umstrittene Maßnahme in Kraft: Die Familienbeihilfe wird – außer bei Ausnahmen – nun bis zum 24. statt bis zum 26. Lebensjahr bezahlt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2011)

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