Treffpunkte: Reif für die Brainstorming-Insel

Gemeinschaftsräume dienen nicht nur als Platz für die Kaffeepause, sondern auch als Ort des beruflichen Austausches. Spielerisch gestalteten Aktivitätsecken sollen einen Kontrapunkt zum Arbeitsalltag setzen.

Vorbei sind die Zeiten überdimensionaler Büroräume, Arbeitsplätze werden immer kompakter beziehungsweise beengter. Dafür lassen aber moderne Raumkonzepte – ebensolche Managementkulturen vorausgesetzt – Sphären entstehen, die das Arbeitsumfeld ergänzen und Kreativität sowie Kontakte zwischen Mitarbeitern fördern sollen.

„Zusatzflächen, wie es Gemeinschaftsräume sind, fallen aus dem klassischen Raumprogramm von Unternehmen. Und doch offenbart sich dort – wie auch in den Fluren – die Firmenkultur“, sagt Architekt Erich Bernard, einer der Gründer von BWM Architekten und Partner. 2008 entwarf das Büro ein Branding-Konzept für die Gemeinschaftsräumlichkeiten von Kapsch TrafficCom und setzte dabei auf eine Komplementärwelt in den sogenannten „Off“-Bereichen. „Wir erweiterten in dem verzweigten und weitläufigen Gebäude die Gänge und schufen dadurch Treffpunkte“, erläutert er. Hinzu kam ein großer Raum mit verschiedenen Sessel-Tisch-Kombinationen, einem langen thekenartigen Stehtisch und einer Lounge. Hier sollen Mitarbeiter zusammenkommen, die einander sonst kaum treffen würden.

Die spielerisch gestalteten Aktivitätsecken sollen einen Kontrapunkt zum Arbeitsalltag setzen und das Thema Technik zumindest vorübergehend „aus den Köpfen der Leute herausholen“. Zusätzlich entstand ein eigener Brainstorming-Raum ganz ohne technische Hilfsmittel. Eine riesige Tafel ermöglicht es, Gedanken zu sammeln und niederzuschreiben.

„Garden“-Raum und Brainforest

Mitten in der Neugestaltung befindet sich derzeit das Büro von Microsoft Österreich. „In unseren alten Räumlichkeiten mit Großraumbüros gab es zu wenig Platz für Meetings. Jetzt bekommen wir eine bessere Aufteilung, die den Bedürfnissen entspricht“, sagt Alexandra Moser, Leiterin des Bereichs Information Worker. Vier Themen ziehen sich durch die Raumgestaltung: Meet, Think, Call, Work. „Treffen finden beispielsweise im ,Garden‘-Raum statt. Er ist asiatisch inspiriert mit Bambuspflanzen und -boden. Die klare Struktur ist zum Beispiel ideal für Budgetgespräche“, erläutert Moser. Für die Ideensuche ist ein Raum namens „Brainforest“ konzipiert, mit Couches und üppigen Pflanzen. Zusätzlich gibt es im Erdgeschoß eine große Cafeteria, in der Mitarbeiter, Kunden und Partner plaudern können. „Unser Konzept soll die totale Flexibilität durch Technologie spiegeln, denn heute findet Arbeit zunehmend zeit- und ortsunabhängig statt“, erläutert Moser. Modernes Arbeiten sei auch das Ergebnis eines neuen, auf Vertrauen fußenden Managementstils. „Unserer Meinung nach sind noch viele Unternehmen dem Denken verhaftet, dass Menschen nur dann arbeiten, wenn sie auch am Schreibtisch sitzen. Es bedarf Aufgeklärtheit, Realitätssinn und Progressivität, um zu erkennen, dass auch jemand, der auf einem Sofa sitzt, Mehrwert für das Unternehmen schafft.“ Dieses Zitat stammt vom Designer Tom Lloyd, dessen Designbüro PearsonLloyd für Bene Büromöbel die Linie „Parcs“ entworfen hat. Bene nützte einen Umzug, um sich neu zu orientieren. Unter anderem entstand die Idee eines Raumlabors, in dem man die eigenen Produktlinien testen und zeitgenössische Bürowelten durchspielen kann. „Treffpunkte sind ganz wichtig für die Zusammenarbeit und das Vernetzen, damit man nicht nur die ganze Zeit vor dem PC hängt“, sagt Corporate-Communications-Manager Désirée Schellerer. Weil die Arbeitsplätze kleiner und entsprechend verdichtet seien, animierten die belebenden Gemeinschaftsflächen dazu, den eigenen Schreibtisch öfter zu verlassen.

Es geht auch ohne Pflanzen

Da ist beispielsweise ein kleiner begrünter Innenhof, in dem man die Mittagspause mit einer Besprechung kombinieren kann. Für Geschäftsmeetings gibt es eigene Räumlichkeiten, die offen gestaltet sind und den Blick aufs Geschehen zulassen. Im ersten Obergeschoß, wo Verkaufsteams arbeiten, sorgen Besprechungs- und Brainstorming-Inseln für das „Socializing“. Hier findet man auch Objekte der „Parcs“-Linie: etwa Wing-Chairs und -Sofas, die moderne Variante der Ohrensessel für einen oder mehrere Mitarbeiter.Oder „Toguna“, einen kreisrunden, akustisch abgeschirmten, halb offenen Raum für Brainstormings oder kurze Meetings. Eine Cafeteria lädt auch hier zur Durchmischung der verschiedenen Abteilungen ein – oder zum entspannten Blick durch die große Fensterfront. Pflanzen sind in diesem Konzept nicht vorgesehen, auch wenn Schellerer einräumt, dass „manche Menschen etwas brauchen, worum sie sich kümmern können“. Inwieweit Büros begrünt werden, sei letztlich ebenfalls eine Frage der Unternehmenskultur.

Georg Grün, Geschäftsführer von Grün Raum Plan, möchte Pflanzen am Arbeitsplatz nicht missen. „Sie können Konturen brechen. Und sie beruhigen das Auge.“ Für Astra Zeneca hat er einen Gemeinschaftsbereich in Form einer Cafeteria gestaltet. Der Anlass: „Früher wurde in den Büros geraucht. Das musste man auslagern.“ Jetzt laden Stehpulte und Tische im Raum und auf einer Terrasse – mit separaten Bereichen für Nichtraucher und Raucher – zum Verweilen ein. Damit man sich dort auch wirklich wohlfühlt, hat Grün noch einen Tipp parat: „Die Mitarbeiter sollten nicht mit dem Rücken zu Gängen oder Türöffnungen sitzen oder stehen.“

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.gruenraumplan.at, www.bene.com,

www.bwm.at, www.dasneuearbeiten.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2011)

Mehr erfahren

Reise durch Arbeitswelten

Neue Konzepte für den Büroalltag


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.