Die Piratin

Andrea Grasserbauer ist die einzige Frau an der Spitze der hiesigen Piratenpartei.


Porträt des Tages
Andrea Grasserbauer hat viel zu tun. „Fast minütlich“, sagt die Bundesgeschäftsführerin der österreichischen Piratenpartei, langen derzeit Mitgliedsanträge ein. Bis Ende der Woche werde der Mitgliederstand auf 700 anwachsen. Berlin sei Dank. Der Wahlerfolg der deutschen Piraten rückt den 2006 gegründeten, unauffälligen heimischen Ableger der internationalen Bewegung ins Scheinwerferlicht. Und damit Grasserbauer, Internet-Nickname „mobilhexerl“, die als einzige der Führungsriege zur Zeit in Wien ist.

Der Vorstand weilt nämlich in Brüssel, um mit EU-Parlamentariern über die Vorbehalte gegenüber der Vorratsdatenspeicherung zu reden. Wobei „Führungsriege“ falsch ist: Die Partei ist basisdemokratisch, über jede Position wird online abgestimmt, es gibt keinen „Chef“. Auch Grasserbauers Posten existiert erst seit Juli. „Es war wichtig, dass es jemand mit Erfahrung macht“, spielt die Softwareentwicklerin und Mutter zweier erwachsener Söhne auf ihr Alter an. Mit 49 sei sie „eine der Ältesten“ in der Partei. Sie ist auch die einzige Frau in offizieller Position. „Unser Kernthema, IT, ist beim weiblichen Geschlecht nicht sehr beliebt“, erklärt sie. Auch deshalb will man das Themenspektrum ausweiten – neben dem Kampf gegen die Internet-Überwachung will man sich vor allem der Bildung widmen. Politisch heißt das Ziel: Einzug ins Parlament 2013. Es ist ein großes. 2010 scheiterte man bei der Wienwahl schon an den Unterstützungserklärungen; eine Kooperation mit den Grünen lehnten die Piraten, die „weder links noch rechts“ sein wollen, laut Grasserbauer damals ab. Trotz geringen Budgets (zwei Euro Mitgliedsbeitrag, Spenden) glaubt Grasserbauer an den Erfolg, auch weil man im ländlichen Raum mit dem Thema gegen strengen Patentschutz, etwa bei Saatgut, punkten wolle.

Dass man aktuell von der Politikverdrossenheit profitiert, streitet Grasserbauer gar nicht ab. Das Spaß- und Protestimage der Deutschen, die in Interviews gern derb formulieren, sieht sie jedoch ambivalent: „Wir wollten nie eine Spaßpartei sein, aber es hat sich gezeigt, dass man Spaß zulassen muss, wenn man Jugendliche ansprechen will.“ uw

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2011)

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