Kulturmanagement. Anna Badora, die Intendantin des Schauspielhauses in der steirischen Landeshauptstadt, hat große Namen an das Haus gebunden und viel für die Jugend getan.
Anna Badora nahm am Nationalfeiertag mit Rührung die Auszeichnung zur Kulturmanagerin des Jahres 2011 entgegen. Das hat auch mit ihrer persönlichen Beziehung zu diesem Land zu tun, mit einer besonders gelungenen. „Ich habe im Internet die bisherigen Preisträger recherchiert und muss sagen: Ich fühle mich durch den Preis sehr geehrt“, sagte die Intendantin, „Österreicher des Jahres, das klingt gut, besonders für eine gebürtige Polin, die viele Jahre als Regisseurin und Intendantin in Deutschland gearbeitet hat, jetzt als Schauspielhaus-Intendantin in dem von Wien fast unendlich weit entfernten Graz lebt und einen österreichischen Pass besitzt.“ Das sei eine „typisch österreichische Biografie, was wohl einen Teil des Charmes dieses Landes ausmacht. Insofern ist der Nationalfeiertag für diese festliche Veranstaltung treffend gewählt. Großen Dank an all jene, die das ermöglicht haben.“
Die Preisverleihung sei für sie aufregender gewesen als eine Premiere, gestand die ausgebildete Regisseurin, die als erste Frau dieses Fach am Max Reinhardt Seminar in Wien (mit Auszeichnung) absolvierte und sogleich beste Lehrmeister fand. Bereits während ihres Studiums kam sie zu Giorgio Strehler am Piccolo Teatro in Mailand, dann war sie Assistentin bei Peter Zadek und Klaus Michael Grüber in Berlin.
Besonderes Engagement für die Jugend
1951 in Częstochowa geboren, hat Badora in Krakau an der Staatlichen Hochschule für darstellende Künste Schauspiel studiert. Von 1991 bis 1996 war Badora Direktorin des Staatstheaters Mainz, danach Generalintendantin des Düsseldorfer Schauspielhauses. Seit 2006 wirkt sie in Graz, eben erst hat sie dort ihren Vertrag um drei Jahre bis 2017 verlängert: „Ich habe mich für Österreich und Graz entschieden.“
In der Begründung für die Nominierung in der „Presse“ war angeführt worden, dass es Badora gelungen sei, namhafte Regisseure und Autoren an ihr Haus zu binden, etwa Götz Spielmann, Franz Wittenbrink, Peter Konwitschny, Viktor Bodó, Patrick Schlösser oder Theu Boermans. Zudem habe sie sich besonders erfolgreich dafür engagiert, mit speziellen Projekten auch junge Leute verstärkt fürs Theater zu interessieren (etwa durch das Projekt „Schauspiel aktiv!“).
Aus Graz hat es in letzter Zeit einen regelrechten Export von Schauspielern gegeben, nach Wien und München zum Beispiel. Der Erfolg auf der Bühne hat sich auch in den Zuschauerzahlen und beim selbst erwirtschafteten Geld niedergeschlagen. Die Auslastung liegt konstant bei deutlich mehr als 80Prozent. Es gab eine Einladung zum Berliner Theatertreffen, man erhielt die Goldene Maske aus Moskau. Auch bei den Nominierungen zum Nestroy-Preis hat sich Graz inzwischen als Dauergast etabliert. Im kommenden November etwa rittert das Schauspielhaus mit „Der Meister und Margarita“ (nach Bulgakow, inszeniert von Bodó) um die beste Bundesländer-Produktion. Aufsehen erregen auch Grazer Uraufführungen wie zum Beispiel jüngst jene von Daniel Kehlmanns „Geister in Princeton“.
„Wir haben uns vorgenommen, bestimmte Grenzen eines mittleren Hauses zu sprengen“, sagte Badora am Rande der Gala im Gespräch mit der „Presse“. Der Preis beziehe sich für sie „auf mein Team, das ich toll finde. Wir alle arbeiten wirklich viel. Ich bin sehr glücklich, dass der Ausnahmezustand, der zum Alltag geworden ist, anhält. Unsere Techniker zum Beispiel, um nur eine Gruppe zu nennen, sind engagiert, wie ich das von keinem anderen Theater kenne. Und ich war auf vielen Bühnen tätig. Die Auszeichnung gilt also für das ganze Haus.“ Das Motto des Theaters unter der Leitung Anna Badoras: „Nach den Sternen greifen.“
„Es ist schön, wenn die Familie wächst“
Mit ihrem Team an Dramaturgen, auf das sie auch besonders stolz ist, hat Badora eben erst in intensiven Klausuren die künftige Strategie erarbeitet: „Wir wollen nicht zu breit werden, wir wollen vor allem österreichische Autoren pflegen.“ Die Intendantin hat inzwischen auch gelernt, wie sie mit Abwerbungen von Schauspielern an größere Bühnen umgeht: „Ich empfinde es als eine Ehre, dass unsere Leute so gefragt sind.“ Andrea Wenzl zum Beispiel, die 2002 bis 2010 in Graz fest engagiert war und nun über das Wiener Volkstheater ans Residenztheater in München gewechselt ist. Sie habe ihr sogar zum Wechsel geraten, sagt Badora, die ihrem jungen Star eine große Karriere prognostiziert. Abgänge müsse man eben klug ersetzen: „Wir haben überall unsere Leute, die uns die passenden Schauspieler vermitteln. Das ist der Vorteil des Austausches. Es ist schön, wenn die Familie wächst.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2011)