Die heilenden Klänge

Gesundheitsmusik. Was bei "Mozart & Science" über heilsame Töne zu hören war.

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ie Töne einer unbekannten Melodie im Ohr schläft Frau "Nr. 21" entspannt ein. Als Probandin einer Musikwirkungsstudie hört sie 72 Stunden lang eine spezielle Sound-Collage. "Naturgeräusche, Gesang und Instrumentalmusik, die speziell komponiert beziehungsweise zusammengestellt wurden", erklärt Vera Brandes, Musikforscherin an der Paracelsus Privatmedizinische Universität Salzburg, beim Symposium "Mozart & Science" in Baden bei Wien. "Wichtig ist, dass die Klangkulisse unbekannt ist und keine negativen Erinnerungen wecken kann."

An Parametern wie Hautwiderstand, Blutdruck oder Puls wird die Wirkung auf biologischer Ebene aufgezeichnet. Und es ist klar ersichtlich: Die Homöostase - die Balance zwischen Spannung und Entspannung - verbessert sich während des Musikhörens. Ein Zufall? Keineswegs, sind die Forscher überzeugt. Denn auch die Tonmischung ist nicht zufällig. Sie wurde nach chronobiologischen Erkenntnissen arrangiert, die in der Medizin auch für die zeitlich beste Medikamentengabe, etwa bei bestimmten Krebsformen, genutzt wird. Denn von der einzelnen Zelle bis zum gesamten Organismus läuft beim Menschen alles in biologischen Rhythmen - Schlafen und Wachen, Hormonausschüttung, Atem, Herzschlag.

Schwingen nun Musik und Körperfunktionen im richtigen Takt, kann es zu Synchronisationsprozessen kommen. Eingesetzt werden können diese Audioprogramme als "Krankenhaus-Radio" oder zur Unterstützung der Selbstheilungskräfte, bei depressiven Zuständen oder zur Schmerzlinderung. Chronobiologische Anwendung von Medikamenten und Musik zusammen könnte den Effekt stark steigern.

In der Praxis schon seit hunderten Jahren bewährt hat sich die Altorientalische Musiktherapie. Dabei werden komponierte Stücke mit rhythmisch improvisierten Passagen abgewechselt, verwendet werden für westliche Ohren ungewohnte Instrumente. In klinischen EEG-Studien (2006) am Neurologischen Rehabilitationszentrum Meidling an Patienten nach schwerstem Schädel-Hirn-Trauma zeigte sich, dass dieser rezeptive (man hört Musik) Ansatz eine entspannende Wirkung hat.

Beide vorher beschriebenen Methoden arbeiten mit für den Patienten unbekannten Tonfolgen. Ganz anders bei der Alzheimer- oder Parkinson-Forschung: Hier können bekannte Melodien Teile der Erinnerung zurückbringen.

Wann können solche Erfahrungen für alle nutzbar gemacht werden? "Niemand kann mehr darüber hinwegsehen, wie gut Musik tut. Gesundheitseinrichtungen, die Musiktherapie anbieten, sind zunehmend gefragt", so Univ.-Prof. Dr. Rolf Verres, Wissenschaftler am Klinikum in Heidelberg. Doch nur durch die Vernetzung von Künstlern, Ärzten und Wissenschaftlern können auch wissenschaftliche Ergebnisse erarbeitet und präsentiert werden, die schließlich zum medizinischen Einsatz kommen.

Wie Musik gesundheitsfördernd wirkt, lässt sich also erklären und nutzen. Warum das so ist, wird aber wohl immer ein Geheimnis bleiben. Der Neurologe Dr. Antonio Damasio prägte die Theorie, dass die starke Wirkung von Musik von einer körpereigenen Kontrollfunktion herrühre, die unbewusst verlaufe. So höre der Mensch nicht nur auf Laute von außen, sondern nehme die Geräusche des Körpers als Gefühlszustand wahr. Schlechte Laune könnte ein Hinweis sein, dass etwas "falsch" klingt. Im Gegensatz dazu als schön wahrgenommene Musik: Sie könnte dem Menschen suggerieren, dass er sich im Bestzustand befindet.

"Ich hoffe, dass Musik künftig nicht nur im Konzertsaal sondern auch im Krankenzimmer seinen festen Platz hat", so Kongress-Veranstalter Dr. Roland Haas.

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