Sind wir jetzt alle da?

K
ennen Sie das? Wo man hingeht, sind sie schon da: alle nämlich. Sie sitzen vor den WM-Schir men am Donaukanal, auf den Enzis im Museumsquartier, besetzen die Plätze im Freiluft-Kino oder, Cafe Latte trinkend, die im Lieblings-Café.

Falls Ihnen jetzt "Klischee!" im Mund herum rollt, dann nur heraus damit: Das ist es ja. Das Traurige. Vermutlich liegt es - wie derzeit eh alles - an der Fußball-WM, dass es mir so auffällt, wie viele eigentlich dasselbe machen und das am liebsten gemeinsam. Was an sich kein Problem wäre, denn wer je auf einem Konzert/Match/Event war, weiß: Stimmung braucht Gesellschaft und Teil von etwas zu sein, das kann schon was. Trotzdem ist dieses "Ich bin alle und alle ich"-Gefühl auf Dauer unheimlich, weil es erstens zarte Sinnkrisen verursacht ("Wenn ich schon da bin, wozu bin ich dann da?") und zweitens nicht das Beste im Menschen zum Vorschein bringt: Das ist nämlich mein Platz, den die dort besetzen, meine Sicht, die die versperren!

Soetwas geniert. Andererseits weiß ich, dass andere ähnliche Anwandlungen haben. Weshalb die und ich heute nicht zur letzten Panini-Pickerltauschbörse ins MQ oder ins Fluc ausrücken, sondern uns still daheim beschäftigen. Freund J. wird US-Straßenkarten lesen, Freundin S. ihre Katze Flaschenverschlüsse apportieren lassen und ich werde meine kuriosen Haushalts-Kataloge ("Tolle Trockenhaube! Super Pfannenwunder!") aus den Achtzigern durchblättern. Lachen Sie nicht: Individualität ist ein ernstes Geschäft.

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