Mit Federn, Haut und Haar: Freuden der Raucher

Wer raucht, zeigt mangelnde Intelligenz oder Verachtung für Gesundheit und Mitmenschen.

Raucher? Ach ja – das sind jene Zeitgenossen, die uns die Morgenstunden mit dissonantem Geröchel und Gehüstel versüßen, die ein Lungenemphysem für eine natürliche Alterserscheinung halten, die ihre Nähe zu anderen durch Mundgeruch auf die Probe stellen, der an einen Cocktail aus altem Blumenwasser und Tschicktegel gemahnt. Stolz auf ihre politische Korrektheit pofeln sie vielleicht nicht mehr überall hemmungslos drauf los, fragen im Büro und bei privaten Einladungen pro forma schon mal, bringen aber in Restaurants die Rauchertische selbst dann zum Qualmen, wenn daneben gerade gegessen wird.

Sie treiben Feinstaubwerte im Nahbereich in schwindelnde Höhen, schädigen Immunsystem und Krankenkasse, gefährden die Gesundheit anderer und fordern dafür auch noch unverfroren Toleranz ein. Abhängigkeit nennen sie rätselhafterweise Freiheit. Sucht sticht sogar die Bronchitis der Kinder. Immer noch labern Raucher, ihr Großvater hätte geraucht und wäre dabei 90 geworden, geben vor, wirklich zu glauben, Rauchen hätte nichts mit frühem Tod zu tun; das Leid, das sie damit bei ihrer Lieben auslösen, lässt sie offenbar kalt.

Hartgesottene Raucherinnen können es auch während der Schwangerschaft nicht lassen und handeln sich damit untergewichtige, bei der Geburt süchtige Kinder ein. Ein wenig Alkohol zum Nikotin – und schon starten ihre Kinder defizitbeladen von den hinteren Plätzen ins Leben. Fällt eigentlich unter vorsätzliche Körperverletzung. Rauchermachos wiederum erklären cool, sie würden dem Gesundheitssystem Milliarden ersparen, weil sie früh sterben. Inkonsequent wollen sie aber auf teure High-Tech-Medizin bei ihren diversen Krebserln und Infarkterln nicht verzichten, verlängern wehleidig die letzte Selbstmordphase, die nun mal zu einer Raucherkarriere gehört.

Und die rauchenden Kids? Bedauernswerte Lemminge, die glauben, sich ausgerechnet durch Rauchen als coole Individualisten zu outen. Sie belasten ihr Lebenskonto mit einem Kredit, der erst fällig wird, wenn sie es schon lange nicht mehr cool finden werden, am Tschick zu hängen. Und warum eigentlich sollten Arbeitgeber Raucher einstellen? Wer raucht, zeigt entweder mangelnde Intelligenz oder Verachtung für Gesundheit und Mitmenschen (oder beides). Der freie Wille unterliegt offenbar der Sucht, was zumeist bestritten wird, raucht man ja bekanntlich aus „Genuss“(!?).


Und die Politiker? Das sind jene (teils rauchend) nebelwerfenden Zeitgenossen, die immer noch von „Solidargemeinschaft“ faseln, auf „Freiwilligkeit“ setzen, nicht „diskriminieren“ wollen, letztlich aber auf die Tabaksteuer schielen.

Liebe Raucher, ohne Ihnen persönlich nahetreten zu wollen – solidarisch bin ich mit Ihnen ganz und gar nicht. Fänden Sie es nicht auch eine großartige Idee, endlich die Apartheid einzuführen (Raucher ins Burgenland, Restösterreich den Nichtrauchern)? Aber rauchen Sie ruhig weiter, es kommt ja eh der Komet! Außerdem ist Rauchen sozial, denn ein anderer wartet sicher schon auf Ihren Job. Und nur kein schlechtes Gewissen, unsere Gesundheitsministerin hat bekanntlich Verständnis für Sie!

Kurt Kotrschal ist Zoologe an der Uni Wien und Leiter der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle in Grünau.


kultur@diepresse.com("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2007)

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