Kurioses von früher

Von Hörproblemen, Vergiftungen und Open-Air-Abstimmung - Papstwahl verlief oft weit weniger geregelt als geplant.

So einfach wie bei der Wahl im Jahr 236 war es nur selten. Als die frühen Christen damals einen neuen Papst bestimmten, setzte sich der Legende nach plötzlich eine Taube auf den Kopf eines Anwesenden. Alle waren sich einig: Deutlicher konnte sich der Heilige Geist nicht zeigen - und der Mann mit der Taube, den bis dahin niemand auf der Rechnung hatte, wurde umgehend zu Papst Fabian I. Die Regeln für die Papstwahl im ersten Jahrtausend waren recht flexibel. Das änderte sich erst im 13. Jahrhundert. Von nun an sollte das Konklave der Kardinäle in heiligem Ernst den Nachfolger Petri küren. Kurios aber ging es auch in den Jahrhunderten danach immer wieder zu.

Schon eines der ersten Konklaven, das von 1265 bis 1268 und damit länger als jedes andere dauerte, verlief turbulent. Anderthalb Jahre nach dem Tod von Papst Clemens IV. hatten die damals 17 Kardinäle, die in der italienischen Stadt Viterbo tagten, noch immer keinen Nachfolger gefunden. Der Bürgermeister setzte die Kardinäle deshalb erstmals auf Wasser und Brot. Als auch dies nichts half, ließ er schließlich das Dach abdecken. Erst in Wind und Wetter einigten sich die Kirchenfürsten und wählten beim bisher einzigen "Open-Air-Konklave" Gregor X. zum Papst. Kein Wunder, dass dieser es dann war, der 1274 die Papstwahl schriftlich regelte und das Konklave im heutigen Sinne schuf.

Doch auch diese Vorschriften wurden nicht immer ernst genommen. So ließen sich beim Konklave von 1276, wie nun von der Vorschrift verlangt, nur die italienischen Kardinäle auf Wasser und Brot setzen. Die Würdenträger aus Frankreich, damals in ewigem Streit mit den Italienern, ließen sich gleichzeitig die köstlichsten Gerichte der französischen Küche zubereiten. Heute gilt die Wasser-und-Brot-Regel nicht mehr. Die Kardinäle, die im Jahr 1903 zur Wahl von Pius X. zusammenkamen, hätten es sich aber am Ende wohl sogar gewünscht. Denn fast alle erlitten eine Lebensmittelvergiftung. Ein Kupferkessel, der seit langem nicht mehr benutzt worden war und offenbar Grünspan angesetzt hatte, hatte die Suppe verdorben. Als einer der wenigen blieb der Erzbischof von Wien, Kardinal Anton Gruscha, verschont, der sich sein Essen aus der Küche der Schweizergarde hatte kommen lassen. Künftig durfte das Essen nur noch in Steingut und Porzellan serviert werden.

Doch auch nach der erfolgreichen Wahl lief trotz aller Regeln und Rituale nicht immer alles glatt im Vatikan. Als Johannes XXIII. im Jahr 1958 gewählt wurde, war der joviale Weinbauernsohn aus Norditalien schlicht zu korpulent für das vorbereitete Papstgewand. Die Nähte der Tracht mussten am Rücken aufgetrennt werden, um den neuen Pontifex Maximus auf dem Petersdom-Balkon dem Volk zu präsentieren. Heute liegen deshalb drei Gewänder für einen dünnen, einen mittelschlanken und einen gewichtigen Papst für den Auftritt unmittelbar nach der Wahl bereit.

Keine Sorgen mehr zu machen brauchen sich die frisch gewählten Päpste auch über den Empfang durch die Menschenmassen in Rom. Zehntausende jubeln ihnen in der Regel einfach vorbehaltlos zu. Eine alte Sitte aus dem Spätmittelalter ist ausgestorben: Damals war es Brauch, dass die Römer den Palast des Gewählten und seine Konklavezelle plünderten und manchmal sogar komplett abrissen. Auch andere Kardinäle mussten sich damals in Acht nehmen. Die Römer verhörten sich schon mal gern und plünderten auch die Anwesen von Nicht-Gewählten.

Geplündert wird also nicht mehr, die Sache mit dem Verhören ist aber immer noch ein Problem. Als 1978 die Wahl von Karol Wojtyla zum Papst verkündet wurde, ließ der Geburtsname des wenig bekannten Polen viele Menschen ratlos. Kardinal Casariego, dem Erzbischof von Guatemala-Stadt, soll gefragt haben: "Aber wer ist denn dieser Kardinal Bottiglia?", weil Wojtyla sich ähnlich anhört wie das italienische Wort "bottiglia" für 'Flasche'. Im Italienischen hat das Wort aber nicht dieselbe abwertende Bedeutung. Und auch andere wussten mit dem Namen nicht viel anzufangen. Auf dem Petersplatz, so erinnern sich viele, waren die Menschen in den Sekunden zwischen Ausrufung und Auftritt von Johannes Paul II. der Meinung, die Kardinäle hätten nun erstmals einen Afrikaner gewählt. (Von Barry James und Klaus Geiger/AFP)

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