ESM: Wer haftet für die direkten Bankenhilfen?

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haftet fuer direkten Bankenhilfen(c) EPA (ANDY RAIN)
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Bislang werden Hilfen nur an Regierungen ausbezahlt, der Euro-Rettungsschirm soll seine Mittel nun direkt an Banken verleihen dürfen. Ob damit auch das Risiko vergemeinschaftet wird, ist aber noch unklar.

Wien. Beim jüngsten Krisengipfel in Brüssel herrschte noch selten gesehene Einigkeit: Ende Juni hatten dort die Regierungschefs beschlossen, dass der permanente Euro-Rettungsschirm ESM seine Mittel bald auch direkt an notleidende Banken verleihen darf. Nun hakt es aber an nicht ganz unwesentlichen Details. Klaus Regling, der designierte Chef des ESM, ist der Ansicht, das jeweilige Land sei „raus aus der Haftung“, wenn sich eine Bank Hilfskredite besorge. Das sagte er der „Welt am Sonntag“. Sprich: Das Risiko für Hilfen, die zum Beispiel an eine spanische Bank ausbezahlt werden, würde dann nicht mehr Madrid, sondern würden alle Euroländer gemeinsam tragen.

Damit stellt sich Regling ausdrücklich gegen den deutschen Finanzminister, Wolfgang Schäuble. Dieser hat vor Kurzem erklärt, er erwarte, dass auch weiterhin die Heimatländer der Banken hafteten. Seiner Sichtweise hatten zuvor schon Währungskommissar Olli Rehn sowie Jean-Claude Juncker, Chef der Euro-Gruppe, widersprochen. Auch ihnen zufolge sollten die betroffenen Staaten nicht mehr für Kredite vom ESM an ihre Banken geradestehen müssen.

Hohe Zinsen dank Haftungen

Bislang werden Hilfen der Euroländer nur an Regierungen ausbezahlt. Zuletzt wurden Spanien 30 Milliarden Euro zugesagt, die aber direkt an kriselnde Kreditinstitute weitergegeben werden. Eine weitere Rate von 45 Mrd. Euro soll laut einem Dokument der EFSF, des Vorläufers des ESM, im November fließen. Falls die Banken das Geld nicht zurückzahlen können, steht Spanien, zumindest nach der jetzigen Regelung, für die Summe gerade.

Die südeuropäischen Staaten machen Druck, dieses Verfahren zu ändern, denn die Haftungen belasten die gestressten Haushalte zusätzlich. Das wiederum führt dazu, dass sich ein Land auf dem Kapitalmarkt nur zu höheren Zinsen verschulden kann. Direkte Bankenhilfen mit gemeinsamer Haftung durch alle Träger des ESM – Österreichs Anteil beträgt 2,8 Prozent – könnten diesen Druck mindern, argumentieren die Befürworter.

Deutschland ist beunruhigt

Für Österreich würde sich die Summe, mit der die Steuerzahler im Fall des Falles für andere Euroländer geradestehen, dadurch nicht vergrößern. An Haftungen stellt Wien 19,5 Milliarden Euro, 2,2 Mrd. Euro müssen direkt hinterlegt werden. Allerdings würde mit gemeinschaftlicher Haftung die Wahrscheinlichkeit steigen, dass es zu Zahlungen kommt, die man nicht mehr wiedersieht.

In Deutschland, dem mit einem Anteil von 27,1Prozent größten Geldgeber des ESM, zeigen sich die Regierungsparteien daher besorgt. Der bayerische Wirtschaftsminister, Martin Zeil von der liberalen FDP, hat sich klar gegen direkte Hilfen für Banken ohne Haftung des jeweiligen Staates ausgesprochen. Auch der bayerische Landesvater, Horst Seehofer (CSU), hat sich kritisch geäußert.

Voraussetzung dafür, dass es überhaupt zu Hilfen aus dem Rettungsschirm für notleidende Geldhäuser kommt, ist eine gemeinsame Bankenaufsicht der Euroländer. Diese soll laut Gipfelbeschlüssen bei der Europäischen Zentralbank angesiedelt sein. Doch auch hier spießt es sich an den Details. Ein Konfliktpunkt ist die Frage, ob die neue Aufsicht nur für die größten europäischen Institute oder auch für kleinere Banken zuständig sein soll. Deutschland ist dafür, dass sich die Behörde auf die 25 größten, grenzüberschreitend tätigen Häuser konzentriert. Nur so lasse sich die Überwachung kraftvoll und effizient betreiben, wird im Finanzministerium betont.

Binnenmarktkommissar MichelBarnier findet hingegen, die Aufsicht solle „wesentliche Teile“ des Bankensektors abdecken. Daneben dürfe sie sich nicht auf die Eurozone beschränken, sondern solle nach Möglichkeit für alle 27 EU-Staaten zuständig sein. Im September will die Kommission bereits einen konkreten Vorschlag für das komplexe Vorhaben vorlegen. Schäuble hat jedoch davor gewarnt, mit einer zu schnellen Umsetzung zu rechnen. Juncker-Vorschlag, S. 4

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2012)

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