Wahljahr 2013: Die Neuen und die Alten

Österreichs Parteienlandschaft ist in Bewegung, aufgemischt durch Frank Stronach und die Piraten. Neue Koalitionen zeichnen sich ab.

Mit Frank Stronach und den Piraten werden bei den Nationalratswahlen im nächsten Jahr zumindest zwei neue Parteien bundesweit antreten. Stronach dürfte dabei mit seinem autokratischen Politikverständnis, seinem etwas einfachen Slogan („Wahrheit, Fairness, Transparenz“) und seiner Forderung, in Europa zu nationalen Währungen zurückzukehren („Der Schilling muss wieder her“) einem Teil von an sich wirtschaftsliberal eingestellten Wählern problematisch erscheinen. Was einen Spielraum für ein bis zwei weitere Gruppierungen eröffnet.

Auf der anderen Seite des politischen Spektrums ist es vergleichsweise enger: Der Linksruck der Grünen in den vergangenen Jahren und die einschlägige Profilschärfung der SPÖ („die Reichen zur Kassa bitten“) lässt nur wenig Entfaltungsmöglichkeiten für eine neue Linkspartei.

Für wen stellen die neuen Parteien die größte Herausforderung dar? Die Piraten sind für einen Teil der grünen und grünaffinen Wähler, aber auch für allgemein parteienverdrossene Wähler attraktiv, die ohne die Troubles des Kärntner Filialbetriebs der Blauen sonst wohl die FPÖ wählen würden. SPÖ und ÖVP haben hier vergleichsweise wenig(er) zu befürchten.

Wo Stronach „fischen“ will

Stronach zielt primär auf die FPÖ/BZÖ-Wählerschaft (Parteienverdruss, Anti-Euro, Anti-EU) und die der ÖVP; andere wirtschaftsliberale Gruppen primär auf die ÖVP. In Summe könnte das durchaus den politischen Tod für das BZÖ bedeuten, die schwächelnde ÖVP wertvolle Prozentpunkte kosten und den Höhenflug der FPÖ vom Vorjahr einbremsen.

Erhalten die neuen Parteien einen gewissen Zulauf (sagen wir einmal einen kumulierten Stimmenanteil von zehn bis 15Prozent), ohne in den Nationalrat einzuziehen und werden die Grünen stärker, könnte es für die die SPÖ-ÖVP-Koalition knapp werden (trotz „billigerer Mandate“). Dann wird man nach einer Ausweitung der Koalition suchen. Die Grünen bieten sich an und die SPÖ im Verein mit manchen Medien werden alles daransetzten, die Volkspartei in eine rot-schwarz-grüne Koalition „hineinzuprügeln“. Mit dem Nebeneffekt, dass es in der Regierung dann zwei (SPÖ, Grüne) zu eins (ÖVP) steht.

Rückkehr des Parlamentarismus?

ÖVP-FPÖ geht sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr aus, ganz abgesehen von allen anderen damit verbundenen Problemen. SPÖ-Grün könnte sich hingegen erstmals sehr wohl ausgehen und nicht nur die Grünen („das rot-grüne Projekt“ mit Probelauf in Wien), sondern auch Teile der SPÖ-Spitze äußern dafür auch unverhohlene Sympathien. Dementsprechend werden SPÖ und Grüne ein großes Ziel haben und es im Wahlkampf entsprechend betreiben: die ÖVP so stark zu schwächen wie nur möglich, bis sie entweder kein koalitionsrelevanter Faktor mehr ist oder klein beigibt.

Kommen mehr als eine der neuen Parteien in den Nationalrat, so dürfte eine SPÖ-ÖVP-Mehrheit entweder vorbei oder so stark geschwächt und instabil sein, dass man ohnehin nach einem Dritten suchen wird (müssen). Nur dass dann die ÖVP eine Option jenseits von Rot-Schwarz-Grün hätte. Ob das eine realistische Option ist, wenn der potenzielle Dritte Stronach heißt, ist allerdings sehr fraglich, müsste Frank doch wesentliche Abstriche von seinem Politikverständnis und seinen Inhalten machen, was so gar nicht zu seiner bisherigen „One-Man-Show“ passt.

Vielleicht erleben wir aber auch eine Renaissance des Parlamentarismus – etwa in Form einer Minderheitsregierung, die sich wechselnde Mehrheiten im Parlament sucht. Garniert mit einem stärker personenbezogenen Wahlrecht könnte das interessant werden. Ob es in Zeiten wie diesen guttut, ist freilich eine andere Frage.


Peter A.Ulram ist Geschäftsführer von Ecoquest, einem neuen Institut für Markt- und Meinungsforschung, Analyse und Beratung.


E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2012)

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