Heeresdebatte: "Nicht als Wahlzuckerl verwenden"

Guenter Hoefler Nicht Wahlzuckerl
Guenter Hoefler Nicht Wahlzuckerl(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Streitkräftekommandant Günter Höfler warnt davor, das österreichische Bundesheer zu "missbrauchen", und fordert von der Politik eine seriöse Aufklärungskampagne vor der Volksbefragung.

Die Presse: Welche Aufgaben muss denn das österreichische Bundesheer im 21. Jahrhundert erfüllen?

Günter Höfler: Hier kann man sich die europäische Sicherheitsstrategie anschauen. Da gibt es Bedrohungsszenarien – von der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen über die Auswirkungen regionaler Konflikte. Wichtig ist auch die Cyber Security. Die Aufgabe im eigenen Land ist also immer noch die Landesverteidigung, die aber im 21.Jahrhundert als Aufrechterhaltung der Souveränität verstanden wird, damit der Staat als Gesamtes sicherheitsmäßig funktionieren kann. Im internationalen Bereich ist es der Beitrag zum nationalen Krisenmanagement.

Erfüllt das Heer die Aufgaben derzeit?

Zweifellos.

Norbert Darabos findet, dass diese Aufgaben besser von einem Berufsheer erfüllt werden. Generalstabschef Entacher widerspricht. Wo stehen Sie?

Ich möchte nicht die Seite ansprechen. Tatsache ist: Egal, wie die Volksbefragung ausgeht, wir müssen die Entscheidung umsetzen. Mein Zugang ist folgender: Die Sicherheitspolitik braucht einen hohen Stellenwert, auch in Österreich. Dafür braucht man einen nationalen Konsens. Diesen Konsens herbeizuführen ist Aufgabe der Politik. Ich glaube, es nur auf die Frage „Wehrpflicht oder Berufsheer?“ zu reduzieren ist zu wenig und erschwert der Bevölkerung eine seriöse Beantwortung der Frage. Man muss klar darstellen: Was sind die Aufgaben des Bundesheeres heute wirklich, mit welchem System kann man die Aufgaben am besten erfüllen und welche Bedingungen braucht es dafür? Das gehört im Vorfeld beantwortet.

Das heißt aber, die Politik hat das bisher Ihrer Meinung nach verabsäumt.

Ja, das ist sicherlich verabsäumt worden und sollte in den nächsten Monaten aufgearbeitet werden.

Bis Jänner sollte man also eine Aufklärungskampagne starten.

Absolut, eine seriöse Aufklärungskampagne, damit man als Bürger eine seriöse Entscheidung treffen kann. Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Gesellschaft und auf zukünftige Generationen.

Es wirkt so, als würden sie die Parteien eher als Wahlzuckerl missbrauchen.

Das hat es auch in der Vergangenheit schon gegeben. Die Sicherheitspolitik ist etwas zu Wichtiges, um sie in der Tagespolitik oder als Wahlzuckerl vor Wahlen zu verwenden. Die Leute brauchen Informationen, um Entscheidungen zu treffen. Denn sonst sind es Bauchentscheidungen. Die sollte man der Sicherheitspolitik nicht antun.

Wäre ein Berufsheer mit dem derzeitigen Budget von zwei Milliarden Euro umsetzbar?

Bei zwei Milliarden Euro muss man sich anschauen: Wie viele Berufssoldaten kriege ich, und was können sie umsetzen? Da kommt man wieder auf die Anfangsfrage zurück: Was sind die Aufgaben für das Heer? Und welche Aufgaben können mit welchem System am besten umgesetzt werden? Das gilt es vorher seriös darzustellen.

Glauben Sie, wird es genug Freiwillige geben, die sich dafür melden?

Das ist schwer zu beantworten. Wir haben in den letzten Jahren 2000 Zeitsoldaten, die länger dienen. Wenn man entsprechend zahlt, wird man vielleicht mehr haben. Diese Zahlen sind auch konjunkturabhängig: Ist die Konjunktur gut, hat man weniger Nachfrage. Die Frage müsste man wirklich einmal empirisch erheben.

Wenn man mit Soldaten spricht, hört man vor allem von einem großen Problem des Heeres: die extrem schlechte Werbung. Soldaten würden nur durch den Grundwehrdienst rekrutiert. Stimmt das?

Ich glaube, dass vor allem in der Bewerbung sicher noch viel zu machen ist. Auch ich stelle immer wieder fest, wenn man die Bevölkerung aufklärt, was das Bundesheer tatsächlich leistet, sind die meisten verwundert. Allerdings kann man sich ja auch im Internet über das Heer informieren.

Trotz all des politischen Hickhacks: Im Jänner wird es die Befragung geben. Sind Sie glücklich darüber?

Ja, weil hier Bewegung in die Sicherheitspolitik gekommen ist. Man kann nicht nichts tun und so weitermachen.

Auf einen Blick

Günter Höfler (59) ist seit 2006 Kommandant des Streitkräfteführungskommandos. Ab Jänner 2013 wechselt er nach Brüssel, wo er die österreichische Militärvertretung leiten wird. Damit wird er oberster Militärberater Österreichs und die heimischen Interessen gegenüber EU und Nato vertreten. Wer sein Nachfolger wird, ist allerdings noch nicht bekannt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2012)

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