"Mieser Kandidat": Panik bei US-Republikanern

Republican presidential candidate and former Massachusetts Governor Romney takes stage to speak at Valley Forge Military Academy in Wayne
Republican presidential candidate and former Massachusetts Governor Romney takes stage to speak at Valley Forge Military Academy in WayneREUTERS
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Jüngste Umfragen sagen eine klare Niederlage Mitt Romneys voraus. Eigene Reihen bezeichnen den Herausforderer von US-Präsidenten Obama als "miesen Kandidaten".

Beim Blick auf die jüngsten Umfragen kommt den Wahlkampfstrategen von US-Präsidentenkandidat Mitt Romney das kalte Grausen. Schlechter könnte es für den Republikaner kaum laufen: In fast allen wahlentscheidenden Staaten liegt er so deutlich gegen den Amtsinhaber Barack Obama zurück, dass in seiner Partei regelrecht Panik ausgebrochen ist. Manche Konservative betrachten das Rennen als verloren und verlassen - wie es ein Kommentator im eher linkslastigen TV-Sender MSNBC ausdrückte - wie die Ratten das sinkende Schiff. Andere versuchen, den Kandidaten mit flammenden Appellen wachzurütteln. Manche sehen in Durchhalteparolen ihre letzte Chance.

Am klarsten drückte der bei den Ultra-Konservativen geschätzte Blogger Erick Erickson aus, was viele Republikaner denken: "Ich bin ziemlich sicher, dass Romneys Team weiß, dass es verliert. Und ich bin ziemlich sicher, dass sie nicht wissen, was sie dagegen tun können", schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter. Eigentlich müsste der Wahlkampf dieser Tage auf seinen Höhepunkt zusteuern - bis zum 6. November zählt jede Minute. Doch es wirkt, als habe Romney für die letzten Meter keinen Rückhalt aus den eigenen Reihen mehr. Wo man auch hinblickt - es hagelt Kritik.

"Er ist ein mieser Kandidat"

Romney mag für das Präsidentenamt noch so gut qualifiziert sein, er ist schlicht ein "mieser Kandidat", heißt es sogar aus seiner eigenen Wahlkampfmannschaft, wie "Politico" am Freitag berichtete. "Er ist kein toller Politiker", habe ein ranghoher Romney-Berater dem Magazin gestanden. Der Multimillionär verstehe die Wähler nicht, er denke nur in Zahlen und Daten, ihm mangele es an Schlagfertigkeit. Nur so ist wohl zu erklären, wie Romney es etwa fertig brachte, 47 Prozent der Bevölkerung als unregierbare Bittsteller abzutun. "Der Kandidat macht manchmal Fehler", sagte Romney dazu selbstkritisch.

"Manchmal Fehler" - das ist nach Ansicht enttäuschter Anhänger deutlich untertrieben. Er überlasse Obama kampflos das Feld, monieren sie. Die antiamerikanischen Proteste in der arabischen Welt etwa hätte er zur Kritik an der aus ihrer Sicht verkorksten US-Außenpolitik nutzen müssen. "Doch Romney hat die Chance total vertan", meinte am Freitag Charles Krauthammer, einer der konservativsten Zeitungskolumnisten in den USA. Das sei Romneys Hauptproblem: Statt Obama scharf anzugehen, spiele er auf Sicherheit. "Man fragt sich, wie weit Romney in Führung wäre, wenn er eine echte Wahlkampagne führen würde. Sein Widerwille, größere Geschütze aufzufahren, ist einfach erstaunlich."

Konservative, die ein gutes Haar an Romney finden können, werden zunehmend rar. Republikanische Kongressmitglieder befürchten, dass er ihre Chancen im gleichzeitig laufenden Kongresswahlkampf ruiniert und distanzieren sich von ihm. Wer eine eigene Präsidentenkandidatur in vier Jahren anstrebt, verschwindet von der Bildfläche oder präsentiert sich plötzlich als neutraler Beobachter.

Konservative Medien wenden sich ab

Regelrecht überraschend ist das verheerende Echo für Romney in den konservativen US-Medien. Statt Meinungsmache für das eigene Lager zu betreiben, scheinen sie bereits einen Abgesang anzustimmen. Er mache den Eindruck, als ob er keine Ahnung habe, "wie er die Interessen von irgendjemand anderem als den reichsten Amerikaner fördert", urteilte das Magazin "National Review". "The Weekly Standard" nannte Romney wegen seiner Kommentare über ärmere Amerikaner "dumm und arrogant". Und das "Wall Street Journal" wunderte sich, warum die Parteioberen dem Romney-Wahnsinn nicht rechtzeitig vor der Wahl Einhalt gebieten. Einige hätten wohl Angst, am Ende "selbst als Verlierer dazustehen".

Ausgerechnet die eher liberale Presse versucht dagegen, dem Romney-Lager noch Mut zu machen. "Die Dinge sehen gut aus für Präsident Obamas Wiederwahl, aber sie ist noch nicht in trockenen Tüchern", kommentierte die "New York Times". Romney könne sogar von all den düsteren Kommentaren über ihn profitieren, weil nun ein kleiner Hoffnungsschimmer für seine Kampagne genüge, die Berichterstattung um 180 Grad zu drehen. Denn die Erfahrung zeige: "Die Medien lieben ein Comeback".

(APA/dpa)

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