Sparpaketvotum entscheidet Schicksal Griechenlands

(c) AP (Dimitri Messinis)
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Am Mittwoch stimmt das Parlament über die umstrittenen Maßnahmen ab. Die Mehrheit der Regierung ist hauchdünn, weil die Linken sich gegen Reformen stellen. Zudem legt ein 48-stündiger Generalstreik das Land lahm.

Wien/Athen/Aga/Ag. Griechenland steht (wieder einmal) eine turbulente Entscheidungswoche bevor: Morgen, Mittwoch, wird im Parlament über das neue, 13,5 Milliarden Euro schwere Sparpaket abgestimmt, das Voraussetzung für die nächste Hilfstranche der internationalen Geldgeber aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) ist.

Sollte keine Mehrheit für das von der Regierung ausverhandelte Paket zustande kommen, droht der Staatsbankrott. Die Zeit drängt: Schon Ende nächster Woche braucht Griechenland theoretisch frisches Geld. Allerdings erwartet Athen die Auszahlung der Tranche in Höhe von 31,5 Milliarden Euro nicht vor Ende des Monats, wie „Die Presse“ aus griechischen Regierungskreisen erfuhr. Bei einem Treffen der Finanzminister der Eurozone am kommenden Montag soll jedenfalls eine Entscheidung über die Freigabe gefällt werden.

Die Abstimmung im Parlament ist ein Test für den Zusammenhalt der Koalition von Regierungschef Antonis Samaras. Zwar verfügt die Koalition mit 175 von 300 Abgeordneten über eine komfortable Mehrheit – verzichten muss der Premier aber auf die 16 Abgeordneten der kleinen linksdemokratischen Partei Dimar, die sich gegen die Arbeitsmarktreformen stellt.

In der Bevölkerung sind die angekündigten Maßnahmen – darunter fallen unter anderem Einschnitte bei Gehältern und Pensionen, ein Stellenabbau im öffentlichen Dienst und eine Deregulierung des Arbeitsmarkts – ohnehin unbeliebt: Bereits gestern sorgten Streiks gegen das Sparprogramm für erhebliche Behinderungen. Radio und Fernsehen sendeten keine Nachrichten, weil Journalisten ihre Arbeit niedergelegt hatten; in Athen fuhren weder U-Bahnen, Straßenbahnen noch Taxis, Krankenhäuser behandelten nur Notfälle.

Auch Abstimmung über Budget

Heute, Dienstag, wird das öffentliche Leben durch einen 48-stündigen Generalstreik praktisch zum Erliegen kommen. Dann streiken auch Bankangestellte, Staatsbedienstete und Seeleute. Ihren Höhepunkt sollen die Proteste Mittwochabend vor dem Athener Parlament erreichen, wenn die Abstimmung über das Sparpaket stattfindet.

Doch das Votum über die umstrittenen Sparmaßnahmen ist nicht die einzige Hürde, die die Regierung in dieser Woche nehmen muss: Am Sonntagabend stimmt das Parlament über den Etatentwurf für 2013 ab, der Bestandteil des Sparpakets ist. Im Finanzausschuss votierten lediglich die Vertreter der konservativen Nea Dimokratia (ND) und der sozialistischen Pasok dafür. Die Demokratische Linke will erst im Plenum Stellung beziehen.

In der sich zuspitzenden Lage will Griechenland nun ebenso wie Krisenstaat Portugal Rat bei der Weltbank einholen. Allerdings seien die Gespräche erst in einem Anfangsstadium, betonte Weltbank-Präsident Jim Yong Kim.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2012)

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