Global Peace Index

Das blutigste Kriegsjahr seit 1994

Friedhof in Äthiopien
Friedhof in ÄthiopienAFP/SOPHIE MONGALVY
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Die Zahl der Kriegstoten befindet sich auf einem Höchststand: 238.000 Menschen sind 2022 bei Kämpfen ums Leben gekommen. Fast die Hälfte davon starb in Äthiopien.

London/Wien. Wie viele Menschen beim Völkermord in Ruanda 1994 ums Leben gekommen sind, ist bis heute nicht bekannt – die meisten Schätzungen liegen zwischen 800.000 und einer Million. Seither sind in einem Jahr nie wieder so viele Personen weltweit in Konflikten ums Leben gekommen wie damals. Doch das vergangene Jahr reiht sich nach Angaben des Thinktanks Institute for Economics and Peace (IEP) in der Statistik der Kriegstoten direkt hinter dem Genozid-Jahr 1994 ein, wie aus dem Global Peace Index des IEP hervorgeht, der am Mittwoch in London präsentiert wurde.

Dem Index zufolge starben 2022 bei Kampfhandlungen 238.000 Menschen weltweit. Zu einem ähnlichen Ergebnis waren Anfang Juni Forscher des Uppsala Conflict Data Programs gekommen. Das ist mit 96 Prozent Plus fast eine Verdoppelung der Kriegstoten im Vergleich zum Vorjahr.

Allein im ethnisch untermalten Konflikt in der nordäthiopischen Region Tigray, wo Rebellen gegen die von Milizen und eritreischen Soldaten unterstützte Regierungsarmee kämpften, ließen nach Schätzungen etwa 100.000 Menschen bei Kampfhandlungen ihr Leben – der mit Abstand tödlichste Krieg im vergangenen Jahr.

UNO stoppte Hilfspakete

Mindestens doppelt so viele sollen in Tigray dem Bericht zufolge durch Krankheit und Unterernährung gestorben sein. Seit November ist der Krieg mit einem Abkommen offiziell beendet worden, aber der Frieden ist brüchig, die humanitäre Situation vor Ort bleibt katastrophal – und erst vor wenigen Wochen hat das UN-Welternährungsprogramm (WFP) die Lebensmittelhilfe ausgesetzt, weil Hilfsgüter unterschlagen worden sein sollen.

Auf Platz Zwei der tödlichsten Konflikte 2022: Der Kampf um die Ukraine. Das IEP beziffert die Zahl der Toten infolge des russischen Angriffskrieges seit dem 24. Februar 2022 auf mindestens 82.000. Etwa ein Drittel der ukrainischen Bevölkerung habe zudem ihr Zuhause verloren und sei vor den Kämpfen geflohen – innerhalb des Landes oder ins Ausland.

Mehr internationale Konflikte

Insgesamt sei die Gewalt im vergangenen Jahr in 79 Ländern gestiegen, neben Äthiopien und der Ukraine etwa in Burma, Israel und Südafrika, schreiben die Experten des IEP in ihrem Bericht. Damit habe die Welt mit Blick auf Frieden zum neunten Mal in Folge Rückschritte gemacht. Zudem würden bewaffnete Konflikte zunehmend international ausgetragen: 91 Länder seien 2022 in grenzüberschreitende Konflikte verwickelt gewesen, im Vergleich zu 58 in 2008.

Gleichzeitig listet der Index auch die friedlichsten Länder der Welt auf. Ganz oben: Island, Dänemark, Irland und Neuseeland. Österreich folgt hinter diesen auf Platz Fünf, Deutschland liegt auf Rang 15. Schlusslicht der 163-Staaten-Tabelle: Afghanistan. (


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