Gastkommentar

Reden wir über Geld

Arbeitsmarkt. Die neue EU-Richtlinie zur Lohntransparenz verlangt von Arbeitgebern, „Gender Pay Gaps“ effektiv zu verhindern.

EU-weit liegt das Lohngefälle zwischen den Geschlechtern im Durchschnitt bei 13 Prozent. In Österreich ist der „Gender Pay Gap“ noch höher, Frauen verdienen im Schnitt um 19 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen.

Seit 6. Juni 2023 ist die EU-Richtlinie zur Lohntransparenz in Kraft. Das klare Ziel der Richtlinie: die Bekämpfung von Lohndiskriminierung und der Abbau des geschlechtsspezifischen Lohngefälles. Die EU-Mitgliedstaaten haben nun 36 Monate Zeit für die Umsetzung in nationales Recht.

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Was bedeutet dieser Schritt für Arbeitgeber im öffentlichen und im privatwirtschaftlichen Bereich? Die Auswirkungen sind vielfältig und sehen bei Nichteinhaltung beispielsweise Sanktionen, Nichtberücksichtigung bei öffentlichen Ausschreibungen und Schadenersatz für Beschäftigte vor.

Fest steht aber: Arbeitgeber, die um das Ausmaß des geschlechterspezifischen Lohngefälles wissen und bereits jetzt Maßnahmen zur Behebung des Gender Pay Gap setzen, sind doppelt im Vorteil: Sie haben nicht nur einen Vorsprung bei der Umsetzung der Verpflichtungen der neuen EU-Richtlinie, sondern sie werden auch als attraktiverer Arbeitgeber wahrgenommen.

Mit diesen Auswirkungen können Arbeitgeber rechnen:

Entgelttransparenz vor der Beschäftigung, das heißt: Arbeitgeber müssen Arbeitssuchende über das Einstiegsgehalt oder die Entgeltspanne der ausgeschriebenen Position informieren. Beides muss auf objektiven und geschlechtsneutralen Kriterien beruhen. Und Arbeitgeber dürfen Bewerberinnen und Bewerber nicht mehr nach dem aktuellen Gehalt/Lohn bzw. ihrer Entgeltentwicklung in früheren Dienstverhältnissen fragen.

Auskunftsrecht im aufrechten Dienstverhältnis: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben das Recht auf Auskunft über die durchschnittlichen Entgelthöhen für die Gruppe von Arbeitnehmenden, die gleiche oder gleichwertige Arbeit wie sie verrichten. Diese muss nach Geschlechtern aufgeschlüsselt sein. Arbeitgeber müssen Kriterien offenlegen, die zur Bestimmung des Entgelts und der Laufbahnentwicklung herangezogen werden. Die Kriterien müssen objektiv und geschlechtsneutral sein. Und Arbeitgeber müssen alle Arbeitnehmerinnen jährlich über ihr Recht auf Auskunft informieren.

Berichtspflicht der Organisation: Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit mehr als 250 Beschäftigten müssen jährlich Bericht über das Ausmaß des geschlechtsspezifischen Lohngefälles geben. Für kleinere Organisationen (ab 150 Beschäftigten) gilt die Berichts­pflicht alle drei Jahre. Bei Feststellung eines Lohngefälles von mehr als fünf Prozent, das nicht durch objektive, geschlechtsneutrale Kriterien begründet werden kann, müssen die Organisationen Maßnahmen ergreifen. Dies passiert in Form einer gemeinsamen Entgeltbewertung in Zusammenarbeit mit Arbeitnehmervertretungen.

Bei Verstößen von Arbeitgebern sieht die neue EU-Richtlinie unter anderem Schadenersatz für Arbeitnehmer vor. Dazu gehört die vollständige Nachzahlung entgangener Entgelte und damit verbundener Boni und Sachleistungen. Die Beweislast bei Verstößen gegen die vorgeschriebene Lohntransparenz liegt bei den Arbeitgebern. Die mit der Richtlinie vorgegebenen Pflichten für Arbeitgeber sind außerdem als Teil der geltenden umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Verpflichtungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge einzuhalten.

Arbeitgeber werden sich daher nicht nur die Frage stellen müssen, ob ein Gender Pay Gap vorliegt, sondern inwiefern Maßnahmen gesetzt werden, um diesen zu verhindern.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

„Presse“, Print-Ausgabe (20.7.2023)

Die Autorin

Maria Magdalena Ebner ist bei KPMG als Managerin im Bereich HR Advisory tätig und betreut Organisationen bei vielfältigen Fragestellungen im Personalmanagement.

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