Gastkommentar

Der Wald und seine positive Wirkung auf das Klima

Replik. Die Arbeit der Waldbesitzer in Österreich ist eine Klimaschutz-Dienstleistung an der Gesellschaft, die honoriert werden sollte.

Mit der Forstwirtschaft kann es so nicht weitergehen“, meinte der Verhaltensbiologe Kurt Kotrschal kürzlich in der „Presse“. Während er massive Kahlschläge und ein Fördersystem ortet, das die vermeintlich Kurzsichtigen belohne, stellt sich in Wahrheit eine ganz andere Situation dar. Tatsache ist, dass die österreichische Waldwirtschaft so multifunktional, modern und nachhaltig wirtschaftet, wie kaum eine andere weltweit. Große Sorge bereitet uns jedoch die eng mit der Klimaverschlechterung verbundene, zunehmend auseinanderklaffende Preis-Kosten-Schere für unsere Betriebe, die viele zum Aufgeben verleitet. Um die Betriebe zu motivieren, die für alle Bürger wichtigen Waldwirkungen aufrechtzuerhalten und die Wälder aktiv klimafit zu machen, braucht es dringend eine Weiterführung des bewährten Waldfonds. Es geht um unsere natürliche Klimaanlage, es geht um unsere eigene Sicherheit und um mehr Holz für die Bioökonomie.

Generell wächst in Österreich jährlich mehr Holz zu, als Luxemburg als Gesamtvorrat zur Verfügung hat. Seit den 1960er-Jahren ist dieser Holzvorrat um 50 Prozent bzw. 393 Millionen Vorratsfestmeter angestiegen. Allein mit dieser Erhöhung könnte für fast jeden Österreicher ein Einfamilienhaus aus Holz gebaut werden. Und wir sollten dieses Potenzial verstärkt nutzen, um auch im Energiebereich unabhängiger von Putin und Co. zu werden. Wer meint, dass der Zuwachs allein nichts aussagt, dem sei entgegengehalten, dass auch der für viele Tier-, Pflanzen- und Pilzarten wichtige Totholzvorrat um das Dreifache gestiegen ist. Das Wichtigste für die Biodiversität ist aber mit Sicherheit, den Klimawandel einzubremsen, und dabei sind unsere Wälder Quellen eines nachwachsenden, klimafreundlichen Rohstoffs, nämlich von Holz.

Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, Obmann des Waldverbands Vorarlberg und aktiver Forstwirt.
Martin Höbarth, Geschäftsführer des Waldverbands Österreich und Abteilungsleiter für Forst- und Holzwirtschaft, Energie der LK Österreich und Kleinwaldbesitzer.

Die Waldbesitzer in Österreich und Europa haben in den vergangenen Jahrzehnten durch die nachhaltige Bewirtschaftung ihrer Wälder massiv dazu beigetragen, den Klimawandel abzuschwächen. Ihre Wälder haben gewaltige Mengen an CO2 aufgenommen und gebunden. Die Waldbäuerinnen und -bauern sind damit massiv in Vorlage getreten. Es handelt sich um eine Klimaschutz-Dienstleistung an der Gesellschaft, die eigentlich honoriert werden sollte. Jetzt beginnt durch den ungehemmten Verbrauch von Erdöl, Erdgas und Kohle das System allmählich zu kippen. Dafür jene zu verurteilen, die sich bislang um die Wälder gekümmert haben, ist eine Täter-Opfer-Umkehr, von der wir im Sinne aller warnen wollen!

Klimafitte Mischwälder

Zur Baumartenzusammensetzung bzw. der Kritik am „Brotbaum Fichte“ ist außerdem mehrerlei zu sagen: Einerseits dominiert diese Baumart in manchen Regionen von Natur aus, der Fachbegriff für eine solche Waldgesellschaft nennt sich subalpiner Fichtenwald. Andererseits muss festgehalten werden, dass nach dem Zweiten Weltkrieg Holznot herrschte. Der gesellschaftliche Auftrag war, möglichst rasch Bauholz zu kultivieren, daher die zu dieser Zeit verständliche verstärkte Anpflanzung der rasch wachsenden und für viele Zwecke verwendbaren Fichte, die nun massiv zurückgeht. Aufgrund der Folgewirkungen des Klimawandels sterben aber auch alte, natürliche Fichtenwälder ab – siehe Osttirol in den vergangenen Tagen, aber auch einzelne Fichten in Mischwäldern. Seit 50 Jahren wird wieder verstärkt Laubholz angebaut, wie auch die Daten der Waldinventur belegen. Demnach sind seit 1992 die Nadelholzreinbestände, wozu nicht nur Fichten gezählt werden, von 65 Prozent auf 56 Prozent reduziert worden. Der Fichtenanteil ist von 56 auf 48 Prozent zurückgegangen.

Die Wissenschaft sagt, dass der Wald in einigen Jahrzehnten völlig anders aussehen wird als heute. Fantasten, die fordern, die Wälder sich selbst zu überlassen, negieren die Tatsache, dass die Geschwindigkeit des Klimawandels viel zu rasch abläuft und die Wälder sich selbst nicht genauso schnell anpassen können. Daher setzt die moderne Waldwirtschaft auf das Konzept der unterstützenden Migration von trockenresistenteren Baumarten aus Südosteuropa nach Mitteleuropa.

In Österreich wurden 2022 19,4 Millionen Erntefestmeter Holz geerntet. Nur auf fünf Prozent der beernteten Fläche wurde das Kahlschlagverfahren angewendet. Alle Eingriffe ab 500 m2 gelten als Kahlschlag. Das ist jene Fläche, die lediglich vier ausgewachsene Buchen benötigen. Waldverjüngung geschieht heute überwiegend durch Naturverjüngung, wobei klimaresistentere Baumarten stehen gelassen und die anderen weggeschnitten werden. Diese Waldpflege ist aufwendig, zahlt sich aber für die Gesellschaft durch widerstandsfähige Bestände aus. Zusätzlich werden Kahlflächen, die etwa durch Stürme oder flächendeckenden Borkenkäferbefall entstehen, mit mehreren Baumarten aufgeforstet. Gefördert wird ausschließlich die Begründung von Mischwäldern, der Anteil fremdländischer Baumarten darf höchstens 25 Prozent betragen.

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Wichtig ist, die Waldbesitzer zu motivieren, ihre Wälder klimafit zu machen bzw. aufzuforsten. Wir dürfen die Waldbaubetriebe nicht im Regen stehen und auf den enorm hohen Kosten sitzen lassen. Ja, „mit der Forstwirtschaft kann es so nicht weitergehen“, um auf den Anfang zurückzukommen, wenn auch in völlig anderer Hinsicht. Die höchstens geringen Gewinne allein reichen mit Sicherheit nicht aus, um den unverzichtbaren Waldumbau zu finanzieren. Daher sollten die verschiedenen Maßnahmen des Waldfonds im Sinne der gesamten Gesellschaft unbedingt und dringend fortgeführt werden.

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