Ein zweiter Versuch in Mauthausen

zweiter Versuch Mauthausen
zweiter Versuch Mauthausen(c) APA (HARALD SCHNEIDER)
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Können wir Heutigen uns die Todesangst in einem KZ vor Augen führen? Es muss versucht werden.

Wer sich in Berlin mit der Geschichte des Nationalsozialismus auseinandersetzen will, geht einfach in die neue Schau „Topografie des Terrors“, oder zum Holocaust-Denkmal oder in die Villa der berüchtigten „Wannsee-Konferenz“. Wer dies in Österreich will, muss bis Mauthausen fahren. In Wien: Fehlanzeige. „Den Bekenntnissen zur Mitverantwortung sind nie Taten gefolgt“, meint Heidemarie Uhl von der Akademie der Wissenschaften.

So sind also Generationen von Mittelschülern in den vergangenen Jahrzehnten durch den KZ-Komplex geschleust worden – im ehrlichen Bemühen, den Jugendlichen das unvorstellbare Grauen vor Augen zu führen, das einst hier ein tödliches Regiment führte.

Ob dies wirklich gelungen ist, mag jeder der inzwischen längst erwachsen Gewordenen selbst beantworten. Heute sind sie Mütter und Väter und sollten das dort Gesehene ihrem Nachwuchs vermitteln. Dass das geschieht – man darf es bezweifeln. Die Auseinandersetzung mit diesem äußerst unangenehmen Thema wird den Lehrern aufgebürdet, die heillos überfordert sind, wenn es um objektive zeitgeschichtliche Wissensvermittlung geht.

Mauthausen sollte, aber das dürfte ein frommer Wunsch bleiben, eher von den Eltern mit ihren Kindern besucht werden. Dann wäre es plötzlich kein fröhlicher Klassenausflug mit Gehopse über die Todesstiege und verlegenem Gekichere angesichts der Fotos der ausgemergelten nackten Männer. In diesem Fall könnte Nachdenklichkeit erzeugt werden. Die Generation der Überlebenden schwindet jetzt sehr rasch dahin. Nur noch ihre Stimmen bleiben konserviert und die wenigen Habseligkeiten, die hier zur Schau gestellt werden. Das historische Wissen, die persönliche Betroffenheit – das muss die nächste Generation weitergeben. Hoffen wir, dass es der neuen Ausstellung besser gelingen möge, als dies – trotz all des guten Willens – bisher der Fall war.

E-Mails: hans-werner.scheidl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2013)

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