Haslauer: "Kassasturz könnte neue Belastungen bringen"

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Die Problematik seien die schwierigeren Finanzprodukte. Die Jamaika-Koalition werde halten, sagt Salzburgs nächster Landeshauptmann im Interview.

Die Presse: Am Mittwoch stellen Sie als Landeshauptmann und Ihre sechs Landesräte sich einem Hearing im Landtag. Was ist Ihr Worst-Case-Szenario? Die Opposition ist mit SPÖ und FPÖ ja vermutlich so hart wie nie.

Wilfried Haslauer:
Ich sehe gar kein Worst-Case-Szenario, sondern die Abgeordneten sollen sich ein Bild von den Persönlichkeiten machen. Die sechs Landesräte sind ja alle zum ersten Mal in einer Regierung. Eine starke Opposition ist gut für die Demokratie, und sie wird die Regierung zusammenschweißen.


Einzelne Mitglieder oder auch das ganze Team können durch welche Mehrheit auch immer nicht abgewählt werden. Damit ist das Hearing zahnlos.

Wir sehen dieses freiwillige Hearing als Testlauf für künftige Gesetzgebungsperioden. Dann ist auch anderes denkbar.


Als Erstes haben Sie für die neue Regierung einen großen Kassasturz nach der Finanzaffäre angekündigt. Wie schnell wird das jetzt gehen?

Schnell. Mitte des Sommers wollen wir einen guten Überblick haben.


Welches Ergebnis erwarten Sie? Die SPÖ hat am Freitag in ihrem letzten Finanzbericht einen Restschuldenstand von 329 Millionen Euro angeführt. Sie zweifeln diese Summe an.


Ja. Da sind einerseits Papiere, andererseits Verbindlichkeiten drinnen, die jeweils einen Kurswert haben. Und nach welchen Maßstäben bewertet man das? Das werden wir uns anschauen. Die eigentliche Problematik sind aber die schwierigeren Finanzprodukte, mit schlechtem Kurswert. Das wird den Schuldenstand am Ende bestimmen.


Der könnte also noch viel höher sein als derzeit vermutet – so, wie es der Kärntner Regierung passiert ist?


Ich hoffe nicht, aber es könnte sein.


Unabhängig vom Schuldenstand: Welche Projekte wird diese Regierung auf jeden Fall verwirklichen, wofür gibt es fix Geld? Sie selbst sind unter anderem für Wirtschaft, Tourismus und Gemeinden zuständig, auch für die Bildung.


Wir haben im Regierungsübereinkommen festgehalten, dass alles, was wir umsetzen, unter der Voraussetzung der Finanzierbarkeit erfolgt. Einig sind wir uns über Prioritäten von der unterirdischen Verlängerung der Lokalbahn über die Finanzierung der Meisterprüfung bis zur Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energie.


Die Gesamtschule bis 14 soll in einem Modellversuch in Hallein erprobt werden. Mit welchem mittelfristigen Ziel?

In den Bildungsbereich muss ich mich erst voll einarbeiten, die Bildung ist für mich aber Zukunftsinvestition, und der Neuen Mittelschule stehe ich positiv gegenüber.

Gehen Sie an das Projekt Gesamtschule daher so euphorisch heran wie der Tiroler ÖVP-Landeshauptmann Platter an die Modellregion im Zillertal, die er mit den Grünen verwirklicht?


Ich sehe das etwas anders. Mein Punkt ist schon die Differenzierung. Ich sage: Neue Mittelschule – ja. Aber Gymnasien wie etwa Europagymnasien mit fünf Fremdsprachen brauchen eine Langform, das geht nur in acht und nicht in vier Schuljahren. Da bin ich eher auf Bundeslinie (der ÖVP, Anm.).


Die Grünen-Ressorts – Familie, Generationen, Integration oder Kultur – gelten als sogenannte Wohlfühlressorts, sie sind also nicht gerade gewichtig, was kritisiert wird. Andererseits bieten diese Ressorts erfahrungsgemäß eher als die nunmehrigen „harten“ ÖVP-Ressorts die Chance, sich in der Öffentlichkeit beliebt zu machen . . .

Dass das kritisiert wird, zeigt uns, dass wir es richtig gemacht haben mit unserem Mix. Und „weiche“ Ressorts, die von gesellschaftlicher Bedeutung sind, sind mindestens so wichtig wie die eher technischen Bereiche. Alle von uns haben enorme Profilierungschancen, wenn wir unsere Arbeit gut machen.


SPÖ-Landeschef Steidl hat schon gesagt, dass mit dieser Ressortaufteilung, die zugunsten der ÖVP gehe, kein Neustart möglich sei. Auch die FPÖ spricht von einer Regierung, die „in Wahrheit schwarz-grün-schwarz“ sei. Die Erwartungen seien gering.

Das ist die Opposition, die das aus ihrem Selbstverständnis heraus fast negativ beurteilen muss. Reden wir in ein paar Jahren weiter, dann sehen wir, ob die Ressortaufteilung die richtige war.


Der Makel bleibt, dass Sie, der künftige Landeshauptmann, als bisheriger Stellvertreter um die Details der Finanzaffäre hätten wissen müssen – oder sogar davon wussten. Oder?

Diese Debatte ist doch Geschichte und auch inhaltlich in jeder Weise unrichtig. Ich werde diese Regierung mit aller Kraft, Fleiß und Ernsthaftigkeit führen. Und wir haben vereinbart, dass die Dinge vollinhaltlich weiter aufgeklärt werden. Wir stehen auch einer Weiterführung des Untersuchungsausschusses positiv gegenüber.


Stronach-Landesrat Mayr ist ein Wendehals, könnte man sagen: Bis Februar war er noch ÖVP-Bürgermeister. Was hat Sie überzeugt, dass ihm zu trauen ist? Mit einer Koalition mit dem Team Stronach an Bord leisten Sie auch Pionierarbeit.

Ich bin sicher, dass er das gut machen wird. Ich kenne ihn lange, er war ein tüchtiger Bürgermeister (von Goldegg, Anm.).

In anderen Ländern, etwa Niederösterreich, regiert Parteichef Frank Stronach gern selbst hinein. Bereitet Ihnen das Unbehagen? Sie stehen ja kritisch zum Team Stronach im Bund.

In Salzburg haben die Damen und Herren durchaus selbstständig agiert, ich habe nie den Eindruck bekommen, dass sie Vorgaben aus Wien bekommen. Lassen Sie uns einmal arbeiten. Es ist ein Experiment und ein spannendes Modell.


Gehen Sie davon aus, dass es die vollen fünf Jahre bestehen bleiben wird? Die ÖVP selbst steht mit 29 Prozent ja so schwach da wie noch nie in Salzburg.


Ich gehe schon davon aus, dass es halten wird.


Soll Ihre Jamaika-Koalition Vorbild für den Bund sein?


Von Koalitionsspekulationen vor einer Wahl halte ich relativ wenig. Danach muss man schauen, wer mit wem kann. Und bestehen politische Verträglichkeiten, muss man den Sack zumachen.


Wird das Ziel Ihres politischen Lebens oder wenigstens ein Etappenziel mit der Amtsübernahme am Mittwoch erreicht sein?

Dann geht es erst richtig los.

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