Crucchi Gang

Deutscher Pop mit Italo-Fassade

Auch Antje Schomaker versucht sich auf Italienisch: Aus ihrem Lied „Verschwendete Zeit“ wird dabei „Tempo Sprecato“. 
Auch Antje Schomaker versucht sich auf Italienisch: Aus ihrem Lied „Verschwendete Zeit“ wird dabei „Tempo Sprecato“. Universal
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Die Crucchi Gang wirbt mit dem Album „Fellini“ wieder charmant um Sprezzatura: Wie erfolgreich bemüht sich der nördliche Pop um italienische Lebensart?

Wäre es nicht so absurd, könnte man es anmaßend nennen. Da formt sich eine deutsche Kombo, die mit wechselnden Vokalisten deutschen Independent-Pop italianisiert und ihn, wenn möglich, sogar exportieren will. Die Idee zur Crucchi Gang kam einem leicht illuminierten Trio an einem Ort, den man nur mit viel Fantasie als nördlichsten Zipfel des Stiefels bezeichnen könnte, am Prenzlauer Berg.

Musikmanagerin Charlotte Goltermann, Element-of-Crime-Sänger Sven Regener und Francesco Wilking, Frontmann von Die Höchste Eisenbahn, stellten sich in einem Akt magischen Denkens vor, dass jedes deutsche Lied einen italienischen Zwilling haben könnte. Das erste Album erschien 2020 und stellte einer verblüfften Öffentlichkeit bekannte Lieder in südlicher Anmutung vor. Aus „Alles ist grau“ von Isolation Berlin wurde das entscheidend leichter zu verdauende „Tutto Grigio“. Verspielte Posaunenklänge und ein zart wimmernder Synthesizer schufen die Grundlage dafür, dass sich die ursprünglich wütende Anklage in ein die Welt bejahendes Lied verwandelte.

Gut, die Lakonik von Element of Crime war schon vor dem Projekt Crucchi Gang amtlich. Aber wie behutsam Regeners Stimme das alte Lied „Weißes Papier“ im üppigen Streicherarrangement neu erfand, hatte schon viel Sprezzatura, wie die Italiener ihre essenzielle Lässigkeit nennen.

Wichtiger als das Wichtige: das Schöne

Dabei wird nicht nur das Wichtige dem Schönen untergeordnet, sondern eine Leichtigkeit vorgespielt, die auch in Italien nur auf Basis harter Arbeit möglich ist. Der Schmäh der Mühelosigkeit wird nun auch in deutschen Landen ausprobiert. Gerade erst hat der Hamburger Elektronikchansonnier Erobique mit klanglich üppigen Szenarien wie „Italotape“ und „Aquamarina“ versucht, seinem deutschen Innenleben eine träumerische Italo-Fassade zu geben. Auch die Münchner Instrumentalband Quadro Nuevo hat 2020 mit „Mare“ ein Werk vorgelegt, das die Leichtigkeit des Südens mit zirpenden Mandolinen und einer beschwipsten Melodica auf kuriose Art nachstellt. Und Wilking schaffte es jetzt mit dem zweiten Crucchi-Gang-Album „Fellini“ tatsächlich, den Zaubertrick des Debüts mit weniger prominenten Mitstreitern zu wiederholen.

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