Kleinkorruption mit Naturalien

Dietmar Griesers Streifzüge durch die österreichische Landschaft.

Es ist die Sprache, die auch nach 40Büchern besticht. Sie ist unverwechselbar, elegant und kommt doch daher wie im Plauderton. Dietmar Grieser ist in den 56 Jahren, die der gebürtige Hannoveraner nun in Österreich lebt, viel herumgekommen – im Urlaub, zu Recherchen, als Vortragsreisender. Und er wird von seinen Fans gern eingeladen – „Landpartie“ nennt er daher sein jüngstes Kind. Nein, er will kein Zweithaus auf dem Semmering, keinen Bootssteg am Attersee, kein Bauernhaus am Neusiedler See. Er ist ein Wiener durch und durch, er liebt diese Stadt und seine Leute.

Kein begeisterter Wanderer

Aber die Abstecher geben erst die Würze. Und einladen lasst er sich gern, wie bestätigt werden kann. Er ist auch kein Wandergesell, so gern er auch durch Wiens Gassen streift. Beim jüngsten Besuch brachten wir ihn gerade zehn Meter bis zur Liege unter dem Apfelbaum. In Salzburg rettete ein kunstsinniger Kellner des Cafés Bazar die Fertigstellung eines Gemäldes des Freundes Franz Hrastnik, während der Autor zeitlebens einen großen Bogen um Zell am See macht. Warum, das erklärt eine heiter-wehmütige Anekdote. Gut gelaunt berichtet er von den schönsten, berührendsten und vergnüglichsten Erlebnissen in seiner Wahlheimat: von Begegnungen mit Dichtern, Malern und Theaterleuten, von seinen Streifzügen durch die Tierwelt am Neusiedler See.

Der Knödeltrick

In Oberösterreich gelang es ihm nur mit einem recht miesen Trick, an die gerühmte Knödelplatte des Wirtes heranzukommen. Denn leiblichen Genüssen ist er absolut nicht abhold. Auch Bestechung, quasi Kleinkorruption, gab es in seiner Frühzeit als einziger Redakteur einer Frauenzeitschrift: Die ständigen freien Mitarbeiter stellten sich mit Beeren, Schwammerln, Marillenknödeln etc. ein, der Redakteur musste nur noch die Wochentage koordinieren. Schade, dass dieser menschenfreundliche Brauch gänzlich erloschen ist.

Ein fast ausgestorbenes Genre der Erzählkunst, umso wertvoller ist es. Manche mögen das irgendwie altmodisch finden. Dass aber bisher fast alle Bücher Bestseller geworden sind, kann kein Zufall sein.

Dietmar Grieser,

Landpartie,

Amalthea, 240 Seiten, 22,95 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2013)

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