Am Herd

Niemand klaut mein altes Rad

Butterfly-Lenker sind das Fahrrad-Äquivalent fürs Arschgeweih. Sie waren damals ziemlich teuer. Und heute will sie keiner mehr geschenkt.

Manchmal wünschte ich fast, irgendwer klaute mein Rad. Dann, wenn neben mir so ein klatschmohnrotes oder hallenbadblaues Retro-Bike mit schmalen Reifen und elegantem Ledersattel parkt. Wie hübsch, denke ich mir! Wie fröhlich! Und dann beuge ich mich über mein zwanzig Jahre altes KTM, weiß mit grauer Schrift, das vorn einen schwarzen Korb für die Handtasche hat und hinten einen schwarzen Korb für die Einkäufe und sperre es mit dem alten Bügelschloss ab, das jeder Dieb in fünf Sekunden knacken könnte.

Ich weiß: Wenn ich wiederkomme, wird das Rad immer noch dastehen. Samt Körben. Samt dem Butterfly-Lenker, der Anfang der Nullerjahre für zwei, drei Jahre in Mode war. Butterfly-Lenker sind das Fahrrad-Äquivalent fürs Arschgeweih: Sie waren damals teuer. Und heute will sie keiner mehr geschenkt.

Ich könnte mir natürlich ein neues Rad kaufen, ohne dass das alte gestohlen wird. Es gibt immerhin Menschen, die zwei Räder besitzen. Aber ich habe nicht gern viele Dinge, sie brauchen Platz und Aufmerksamkeit, sie können kaputt- oder verloren gehen, dann müssen sie repariert oder gesucht werden, und wenn man umzieht, muss man sie mit umziehen. Deshalb habe ich eine Handtasche und einen Rucksack und eine Uhr, die im Übrigen auch nur herumliegt, und wenn ich gewusst hätte, wie viele Bananenkisten man braucht, um ein einziges Bücherregal auszuräumen, hätte ich auch nur ein Buch. Ich glaube, ich behalte die Bücher nur, weil sie so schön bunt sind.

Wandfarbe auf den Reifen

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