Betongold mit Nebenwirkungen: der Bestand, die Scheibe mit dem Turm und die Zweischeibenlösung. Ansicht vom Belvedere.
Architektur

Heumarkt: Drei Aussichten auf das Welterbe

Das Ringen um das Heumarkt-Projekt geht in die nächste Runde. Die nächsten Monate werden zeigen, ob es der Stadt gelingt, einen Neustart zu wagen.

Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass auf dem Heumarkt-Areal im Jahr 2023 noch immer Stillstand herrschen wird? Schon 2012 war die Idee einer Hochhausbebauung an diesem Ort erstmals der Fachöffentlichkeit vorgestellt worden. Diese zeigte sich entsetzt über die vorgeschlagene Dichte; der Investor, Michael Tojner, gab sich konziliant und versprach, die Kosten eines kooperativen Expertenverfahrens unter der Leitung des TU-Professors Rudi Scheuvens zu übernehmen. Dessen Ergebnis waren rund 50 Bebauungsstudien, aus denen ein Beirat zwei Alternativen destillierte. Die erste sah die Sanierung und Aufstockung des Hotel Intercontinental aus den 1960er-Jahren vor. Den Hauptteil an teuer verkaufbaren Nutzflächen sollte ein schlanker, vor das Hotel platzierter Turm von 73 m Höhe liefern, annähernd das Maß des Ringturms am anderen Ende des 1. Bezirks. Die andere Alternative sah den Abriss des Hotels und eine Kombination einer Art Blockrandbebauung mit einem Turm vor.

Diese Vorgaben sollten als Grundlage für einen Architekturwettbewerb dienen. Was folgte, war ein Aufschrei in der nationalen und internationalen Fachwelt, auch vieler Teilnehmer am kooperativen Verfahren, die keinen Zusammenhang zwischen ihrer Arbeit und der Empfehlung des Beirats finden konnten. Kritisiert wurde vor allem eine Fehlkonstruktion des Verfahrens: nicht, welche Bebauung der Ort vertrage, sei zur Debatte gestanden, sondern wie sich die Rendite-Vorstellungen des Investors an diesem Ort umsetzen ließen. Die Kritiker forderten einen Neustart der Planung und eine Anpassung der Rendite-Erwartungen an das Potenzial des Orts. Angesichts der Tatsache, dass der Investor das Areal 2008 um kolportierte 4,2 Millionen Euro gekauft hatte, sei der Spielraum dafür mehr als ausreichend.

Eine scheinbar schwebende Platte für das Veranstaltungsgeschoß

Der Investor gab sich unbeeindruckt. In Abstimmung mit der Stadt lobte er einen Wettbewerb aus, den der brasilianische Architekt Isay Weinfeld 2014 für sich entscheiden konnte. Er bevorzugte die erste Variante, also Erhaltung des Hotels und Errichtung eines Turms mit 73 m, der genau auf der Blickachse vom Belvedere zu liegen kam. Die zwingend geforderte Eisfläche von rund 5000 m2 erreicht das Projekt durch eine Verdrehung um 90 Grad, wodurch ein Teil auf öffentlichem Grund zu liegen kommt und überdies eine Verlegung der Lothringerstraße nötig wird. Kompositorisch ergänzte Weinfeld Turm und Scheibe um eine verbindende, scheinbar schwebende Platte für das Veranstaltungsgeschoß. Das Projekt bestätigte die Befürchtungen der Kritiker: Das Volumen sprengte den Rahmen der historischen Stadt, sowohl in seiner Nachbarschaft als auch vom Belvedere aus betrachtet, wo der Turm mit seiner Rasterfassade dem Stephansdom Konkurrenz machen würde. 

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.