Integration

Immer mehr Flüchtlinge sind Analphabeten

Deutschkurs für Flüchtlinge
Deutschkurs für FlüchtlingePresse / Fabry
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Seit 2015 wuchs die Gruppe der Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten mit Alphabetisierungsbedarf kontinuierlich an.

Die Zahl der Flüchtlinge mit Alphabetisierungsbedarf ist seit 2015 kontinuierlich gestiegen. Stellte sich diese Notwendigkeit im Jahr 2015 bei lediglich jedem fünften der Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten, stieg ihr Anteil im vergangenen Jahr laut Zahlen des Integrationsfonds (ÖIF) auf rund 70 Prozent. Jedoch zeigt sich, dass die Erwerbstätigkeit offenbar unabhängig vom erreichten Sprachniveau verläuft.

Einer Arbeit nachzugehen, ist bereits mit niedrigem Sprachniveau möglich, erklärte Julia Rothbauer - Leiterin des Teams „Wissensmanagement und Internationales“ beim ÖIF. Eine repräsentative Befragung unter Flüchtlingen, die einen Deutschkurs besuchten, ergab, dass unabhängig vom erreichten Sprachniveau ungefähr ein Viertel der Personen bereits erwerbstätig gewesen ist. Zudem sei mit aufsteigendem Sprachniveau keineswegs ein Anstieg der Berufstätigkeit verbunden.

Weibliche Flüchtlinge selten berufstätig

Um Deutschkurse parallel zum Arbeiten zu ermöglichen, habe der ÖIF sein Angebot in Randzeiten ausgebaut. Auch biete man an etlichen Standorten Kinderbetreuung an, damit der Kurs auch von Frauen besucht werden kann, die über keine andere Betreuungsmöglichkeit verfügen. Insgesamt verlaufe die Beschäftigungsintegration unter weiblichen Flüchtlingen von einer geringeren Quote ausgehend langsamer als jene der Männer. Nach sechs Jahren ist bei den Frauen erst ein Anteil von 22 Prozent erreicht. Dem stehen 65,3 Prozent bei den Männern gegenüber.

Beim Alphabetisierungsbedarf müsse man zwischen primären Analphabeten, also Menschen, die auch in der Muttersprache wenig lesen und schreiben können, und Zweitschriftlernenden unterscheiden, erläuterte Rothbauer. Dabei handle es sich um Personen, die etwa das lateinische Schriftsystem erst erlernen müssen. Unter den 2022 anerkannten Flüchtlingen oder subsidiär Schutzberechtigten mit Alphabetisierungsbedarf waren 49 Prozent primäre Analphabeten und 51 Prozent Zweitschriftlernende.

Statistisch gesehen sind die Flüchtlinge mit Alphabetisierungsbedarf im Jahr 2022 am häufigsten männlich (84 Prozent) und aus Syrien (86 Prozent). Drei Viertel sind unter 35 Jahren. Häufig kommen Menschen, die kriegsbedingt nicht die Schule besuchen konnten oder ihre Bildungslaufbahn wegen der Flucht unterbrechen mussten, so Rothbauer.

Vergleicht man den Spracherwerb von Personen mit und ohne Alphabetisierungsbedarf, zeigt sich ein beträchtlicher Unterschied. 75 Prozent der Personen mit Zuerkennung von 2015 bis 2019, die an einem Alphabetisierungskurs teilnahmen, haben nach mindestens vier Jahren in Österreich nicht das A2-Niveau abgeschlossen. Bei den Kursteilnehmern ohne Alphabetisierungsbedarf aus den gleichen Jahren haben hingegen bereits 48 Prozent das B1-Niveau abgeschlossen, verfügen also über gute Deutschkenntnisse. (APA)

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